Idee
In meinem Wanderprojekt
SJW Spanische Jakobswege, das ich im August 2019 in meinen Projekten vorstellte, spielt
auch der Jakobsweg Camino de Levante eine Rolle. Dieser Jakobsweg
ist einer der weniger bekannten Jakobswege. In vielen Veröffentlichungen
zu spanischen Jakobswegen wird er oft nicht erwähnt. Statistische Daten,
wie die Anzahl der Wanderer, die diesen Jakobsweg in Angriff nehmen, sind
schwer zu finden. Ich glaube gelesen zu haben, dass 200-300 Wanderer
diesen Jakobsweg jedes Jahr gehen. Auf dem bekanntesten Jakobsweg, dem
Camino Frances, sind jedes Jahr ca. 200000 Wanderer unterwegs. Das
ist ein gewaltiger Unterschied. Genau dieser Unterschied hat den Jakobsweg
für mich so interessant gemacht.
Planung
Auch diesmal sah ich mich nach einem geeigneten Wanderführer um. Mit der OUTDOOR-Reihe des Conrad-Stein-Verlags machte ich auf einigen Langstreckenwanderungen gute Erfahrungen. Der Verlag bietet auch für den Jakobsweg Camino de Levante einen Wanderführer an (Spanien: Jakobsweg Camino de Levante, Von Valencia nach Zamora, Band 271, Autorin: Ulrike Bruckmeier, 1.Auflage 2010). Ein Wanderführer, der bereits 9 Jahre auf dem Buckel hat, da wird nicht mehr alles aktuell sein. Trotzdem legte ich mir den Wanderführer zu.
Den Wanderführer nutze ich vor allem für einen Grobüberblick über die Tagesetappen. Weitere Informationen, wie Tracks und Unterkünfte in den einzelnen Ortschaften, waren nicht leicht zu finden. Dazu musste ich das Internet intensiv durchforsten. Mit einiger Mühe fand ich dann alles, wonach ich suchte. Die Tracks aus dem Internet waren von sehr schlechter Qualität. Offenbar stammen diese Tracks von Aufzeichnungen, die dann ohne Nachbearbeitung ins Internet gestellt wurden. Mit Hilfe der Tracks aus dem Internet erarbeitete ich dann manuell 52 Tagesetappen (mit Camino Finisterre). Zusätzlich suchte ich für 8 Tagesetappen nach Wegevarianten. Diese Wegevarianten entnahm ich entweder aus dem Wanderführer oder plante sie selbst. Selbst geplante Wegevarianten verwende ich nur, wenn die geplanten Tagesetappen zu überlangen Tagesetappen mit mehr als 40 km geführt hätten. Für solche Tagesetappen suchte ich dann nach einer Alternativroute, die ich dann auch meistens fand.
Diesmal ließ ich meine Tagesetappen immer an einer Unterkunft (Wegpunkt) beginnen und enden. Zusätzlich fügte ich weitere Unterkünfte entlang der Tagesetappen als Wegpunkte hinzu. Dadurch konnte ich mir die Länge der Tagesetappen tagesaktuell einteilen und sogar von meinen geplanten Tagesetappen abweichen. Das hat mir einen sehr großen Handlungsspielraum verschafft, speziell bei der Suche nach Unterkünften. Zusätzlich konnte ich durch die gute Verteilung der Unterkünfte entlang fast aller Tagesetappen sehr gut auf wetterbedingte Besonderheiten (Regen, Schneefall und Kälte) reagieren.
Ruhetage plante ich nicht speziell nach einer bestimmten Anzahl von Wandertagen oder in einem bestimmten Ort. Das wollte ich situationsbedingt und auch wetterbedingt entscheiden.
Die Planung der Tagesetappen hat eine Gesamtlänge von 1301 km (mit Camino Finisterre) ergeben. Damit hat sich in der Planungsphase sofort ein Problem aufgetan. Auf meiner letzten Langstreckenwanderung (Deutscher Küstenweg, entlang an der Ost- und Nordsee über 1189 km) tauschte ich nach ca. 700 km meine halbhohen ALTRA-Trailrunner gegen neue Schuhe aus. Die neuen Schuhe ließ ich per Post vorausschicken. Diesmal wollte ich das ebenfalls so machen. Dafür hatte ich mir die Stadt Zamora ausgesucht. Die Stadt Zamora ist das Ende des Jakobsweg Camino de Levante und liegt ca. 800 km vom Startort, der Stadt Valencia, entfernt. Das schien mir eine vertretbare Strecke für meine Schuhe zu sein. Solange mussten die Schuhe durchhalten. Dann nahm ich Kontakt mit der Pilgerherberge in Zamora auf und wollte mich erkundigen, ob ich meine Schuhe in die Pilgerherberge vorausschicken kann. Aber ich erhielt keine richtige Antwort. Dann erinnerte ich mich daran, dass ich im Jahr 2018 auf dem Jakobsweg Via de la Plata schon einmal in der Pilgerherberge in Zamora übernachtete. Dort traf ich eine kanadische Wanderfreundin, die da für einige Wochen als „Hospitalero“ (Herbergsbetreuerin) gearbeitet hat und von der ich noch die Kontaktdaten hatte. Nach einem intensiven Mail-Verkehr hat sie mir eine zuverlässige private Adresse mitgeteilt, wo ich meine neuen Schuhe hinschicken könnte. Das Problem war, dass diese Adresse ca. 950 km vom Startort Valencia entfernt war. Meine Schuhe mussten also nicht nur 700 km halten, sondern sogar knapp 1000 km. Nach kurzer Überlegung bin ich das Risiko eingegangen und bereitete ein Paket mit den neuen Schuhen und der Adresse in Spanien vor. Meine Frau musste dann nur noch das Paket zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Post bringen. Den Zeitpunkt wollte ich ihr dann per Telefon mitteilen. Der Zeitpunkt sollte nicht zu früh und nicht zu spät sein. Ich war gespannt, wie das ausgehen würde. Bei dieser Aktion durfte nichts schief gehen. Meine speziellen Schuhe sind für mich unverzichtbar. In spanischen Sportgeschäften kann ich diese Schuhe nicht käuflich erwerben, da bin ich mir ziemlich sicher.
Insgesamt hat die Planung 52 Tagesetappen (mit Camino Finisterre) ganz unterschiedlicher Länge (15 - 40 km) ergeben. Dabei war mir schon bei der Planung klar, dass ich da einige Tagesetappen zu einer Tagesetappe zusammenfassen konnte. Das wollte ich aber tagesaktuell entscheiden und von den unterschiedlichsten Faktoren (Wetter, Fitnesszustand, Lust und Laune usw) abhängig machen. Die eine oder andere kurze Tagesetappe wollte ich auch als Nero-Day nutzen, wo ich schon kurz vor Mittag mein Tagesziel erreichen wollte. Die verbleibende Zeit solcher Nero-Days konnte ich dann für die Regeneration nutzen. Das sollte mir einige Zero-Days (Ruhetage) ersparen.
Damit war auch der grobe zeitliche Rahmen meiner Wandertour vorbestimmt.
So war der Zeitplan:
-Anreise mit Bus und Bahn am 7.Oktober zum Flughafen Berlin-Schönefeld,
-Übernachtung in der Nähe des Flughafens,
-Direktflug am 8.Oktober gegen 6 Uhr nach Valencia,
-Übernachtung in der Jugendherberge in Valencia,
-Start der Wandertour am 9.Oktober,
-Ende November wollte ich mit der Wandertour fertig sein.
Den Rückflug von Santiago de Compostela wollte ich erst wenige Tage vor dem Endziel buchen, also Anfang Dezember. Bei der groben Zeitplanung hatte ich auch immer im Blickpunkt, dass sich durch die Zusammenlegung von Tagesetappen das Ende der Wandertour um einige Tage nach vorne verschieben könnte.
Vorbereitung
Mit der Vorbereitung auf meine Langstreckenwanderung über den Jakobsweg Camino de Levante hielt ich es so, wie es sich schon vor meiner Langstreckenwanderung auf dem Deutschen Küstenweg, entlang der Ost- und Nordsee über 1200 km, bewährt hat. Vier Wochen vor Beginn der Wandertour begann ich mit intensiven Training. Dabei bin ich ausschließlich auf Kurzstrecken (5-12 km) im Umkreis meines Wohnortes unterwegs gewesen. Immer ohne Gepäck und mit höchstem Tempo, um eine ordentliche Belastung zu simulieren. Ich wollte möglichst fit an den Start meiner Wandertour gehen. Die Eingewöhnungsphase von 6-8 Tagen nach dem Start, die ich bei meinen anderen Langstreckenwanderungen immer brauchte, wollte ich vor den Start der Wandertour verlegen. Das ist mir auch diesmal sehr gut gelungen.
Meine Ausrüstung ist schon seit einiger Zeit relativ konstant und für die drei Jahreszeiten Frühjahr, Sommer und Herbst ausgelegt. Kleidungsmäßig rüstete ich trotzdem etwas auf, weil ich im Oktober/November 2018 auf dem Jakobsweg Via de la Plata Temperaturen um den Gefrierpunkt hatte. Darauf wollte ich vorbereitet sein und packte zusätzlich einige Kleidungsstücke ein. Diese „Aufrüstung“ sollte sich als Glücksgriff erweisen.
Anreise
Die Anreise mit Bus und Bahn am 7.Oktober zum Flughafen Berlin-Schönefeld verlief problemlos. Ich hatte auch keinen Zeitdruck, weil ich erst am nächsten Morgen per Direktflug nach Valencia fliegen wollte. Da ich schon um 4 Uhr am Flughafen sein musste, der Flieger ging gegen 6 Uhr, wollte ich in der Nähe des Flughafens übernachten. Zuerst liebäugelte ich mit einer Übernachtung im Zelt in der Nähe des Flughafens. Aber über GoogleMaps fand ich keine geeignete Übernachtungsstelle (Sichtschutz, nicht zu weit vom Flughafen entfernt) für mein Zelt. Dann verwarf ich diesen Gedanken aber und bemühte mich um eine Pension. Das hat wunderbar geklappt. Früh hatte ich nur einen Fußweg von ca. 10 Minuten zum Flughafen. Der Direktflug am 8.Oktober nach Valencia verlief ohne Probleme. Zeitdruck hatte ich auch hier nicht, weil ich in Valencia in einer Jugendherberge übernachten wollte. Den nutzte ich für eine ausgiebige Besichtigung der Stadt Valencia. Dabei suchte ich den Startpunkt des Jakobsweges Camino de Levante und die ersten Wegmarkierungen. Lange konnte ich nicht richtig finden, wo der Jakobsweg beginnt und mit den Wegmarkierungen hatte ich auch Schwierigkeiten. Dann fand ich endlich die ersten Wegmarkierungen, eingelassen in die Fußwege und nicht leicht zu finden, wenn der Blick nur nach oben gerichtet ist, auf der Suche nach Schildern und nach Markierungen an Häusern.
Strecke/Wanderung
Der Jakobsweg Camino de Levante ist ein selten begangener Jakobsweg in Spanien. Deshalb hatte ich mich darauf eingestellt, dass die Wegmarkierungen nicht so gut sein würden, wie auf den bekannteren Jakobswegen.
Von den anderen Jakobswegen, die ich bereits gegangen bin, kenne ich
diese Art der Beschilderung nicht. Für mich ist das vorbildlich gelöst.
Im
Großraum Valencia konkurriert der Camino de Levante oft mit
örtlichen Jakobswegen (zB dem eher unbekannten Camino del Cid).
Teilweise sind Streckenverläufe identisch, dann trennen sich die Wege
wieder. Bei den Markierungen dominieren dann die Markierungen für die
örtlichen Jakobswege. Man darf sich da nicht durcheinanderbringen lassen.
In solchen nicht eindeutigen Wegeverläufen verließ ich mich ausschließlich
auf mein Navi.
Diese Aussage trifft auch auf den
Camino de Sureste zu, der immer wieder den
Camino de Levante kreuzt oder identische Wegstrecken mit ihm hat.
Man muss da höllisch aufpassen, damit man nicht plötzlich in eine ganz
andere Richtung läuft.
Bei der Planung dieser Wandertour legte
ich wegen der vermuteten schlechten Markierungen besonderes Augenmerk auf
meine Tagesetappen. Alle Tagesetappen ließ ich an einer Herberge beginnen
und enden. Das hat mir bei der Herbergssuche oft geholfen, nicht immer,
aber ich hatte erstmal einen Anlaufpunkt. Wegen der Schlüsselsuche für die
Herbergen legte ich mir für viele Orte zusätzliche Wegpunkte für
Touristeninformationen, Verwaltungsämter und Polizeistationen an. Diese
Informationen besorgte ich mir aus dem Internet und glich sie mit
GoogleMaps ab. Das war ein zeitaufwändiger Prozess für jede Tagesetappe,
aber der Aufwand hat sich gelohnt.
Trotzdem gab es bei der
Herbergssuche auch immer wieder Probleme, die ich in den Unterpunkten
(siehe weiter unten) Übernachtungen und Menschen näher
beschrieben habe.
Bei der Planung bin ich manchmal bewusst von
den markierten Wanderwegen abgewichen. Das machte ich, weil ich zu große
Umwege vermeiden wollte. Geplant wurde diese Wandertour im Winter 2018,
begangen wurde sie im Oktober/November 2019. Das ist fast ein Jahr
Differenz. Diese Zeitdifferenz hat während der Wandertour ein „kleines“
Problem zum Vorschein gebracht, was ich bei der Planung nicht genau
durchdacht hatte. Immer, wenn ich auf solchen geplanten „Abweichungen“ des
tatsächlichen Wanderweges unterwegs war, wurde ich von Einheimischen
darauf hingewiesen, dass ich nicht mehr auf dem markierten Wanderweg
laufe. Das war freundlich gemeint, hat mich aber am Anfang etwas
irritiert. Wenn ich dann mein Navi befragte, konnte ich sehen, dass ich
durchaus auf meiner geplanten Wanderroute war. Nach fast einem Jahr
wusste ich aber nicht mehr genau, ob das Absicht war oder nicht.
Zusätzlich fehlten auf solchen Abweichungsabschnitten die gelben Pfeile
und ich musste öfters das Navi benutzen als sonst.
Um dieses
kleine Problem der Verunsicherung zu vermeiden, werde ich in Zukunft an
den Stellen, wo ich geplant von den markierten Wanderwegen abweiche,
zusätzliche Wegpunkte, sogenannte Abweichungspunkte, anlegen. Das
reicht mir als zusätzliche Information für geplante Abweichungen von den
markierten Wanderwegen.
Auf der 5.Tagesetappe von
La Font de la Figuera nach Almansa stellte ich mir sozusagen
selbst „ein Bein“. Bei der Planung der Tagesetappen will ich manchmal
schlauer sein als die Routenplanungssoftware BaseCamp. Die Software
hatte mir auf dieser Tagesetappe im Bereich einer Autobahn einen
Wegeverlauf vorgeschlagen. Bei genauerer Betrachtung fand ich für diesen
Bereich eine viel kürzere Variante über die Autobahn. Diese führte über
eine Brücke. Kurzerhand änderte ich die Tagesetappe manuell und führte den
Weg über die „vermeintliche“ Brücke.
Als ich dann bei der
Wandertour an den entscheidenden Punkt gekommen bin, wo sich die
Software-Variante und meine Variante trennten, musste ich kurz anhalten
und überlegen. Die Markierungen verwiesen eindeutig auf die
Software-Variante. Stur, wie ich bin, verfolgte ich aber meine eigene
Variante über die Brücke. Das war ja so geplant. In der Ferne war eine
Brücke zu sehen, also vorwärts zur Brücke. Nach ca. 2 km war ich an der
Brücke angelangt, die aber nur zur Hälfte über die Autobahn führte. Der
Rest war noch nicht gebaut und das war aus der Ferne nicht eindeutig zu
erkennen. 2 km zurücklaufen und damit 4 km wegen Sturheit zusätzlich
laufen?
Erstmal wollte ich mich nicht geschlagen geben.
Dann sah ich die mannshohe Unterführung ca. 50 Meter neben der
Brücke. Diese Unterführungen dienen der Ableitung von Oberflächenwasser
von der Autobahn. Wenn auf dieser Seite der Autobahn ein Zugang existiert,
dann muss auch auf der anderen Seite der Autobahn ein Zugang sein. Dann
bin ich in die Unterführung gestiegen und unter die Autobahn gegangen.
Schon auf halber Strecke konnte ich erkennen, dass der Zugang auf der
anderen Seite anders war. Er war nicht so flach und leicht zugänglich, wie
auf der Seite wo ich eingestiegen war. Als ich das andere Ende des Tunnels
erreicht hatte, stand ich in einem Betonschacht. Der war an 3 Seiten ca.
2,5 Meter hoch, an der vierten Seite "lediglich" ca. 2,20 Meter hoch.
Diese 4.Seite war offensichtlich der Zulauf für das Wasser. Der Kasten
hatte eine quadratische Grundfläche von ca. 1,5 Metern. Aus diesem
Betonschacht würde ich niemals rauskommen, das war mir sofort klar. An den
glatten Betonwänden würde ich ohne irgendwelche Hilfsmittel nicht
hochkommen, weil ich auch nicht die kleinste Unebenheit an den Betonwänden
erkennen konnte.
Dann sah ich meinen Ausweg, der mir im ersten
Ärger wegen meiner Sturheit entgangen war.
An der nicht so
hohen Betonwand stand schräg angelehnt ein Brett, ca. 1 Meter hoch, 10 cm
breit und vielleicht 15 mm dick. Das Brett war schon leicht angebrochen.
Wenn das Brett durch das Wasser in den Schacht gekommen wäre, würde es auf
dem Boden des Schachtes liegen und nicht schräg an der Betonwand stehen.
Hier ist schon vor mir ein „superschlauer“ Wanderer auf die Idee gekommen
die Tagesetappe abzukürzen. Wie ich, ist er in dem Betonschacht gelandet
und hat nach einem Ausweg gesucht. Dann muss ihm das auf dem Boden
liegende Brett aufgefallen sein.
Ich hatte folgende Idee.
Meinen
Rucksack musste ich vorher aus dem Betonschacht werfen. Dann wollte ich
mich mit einem kurzen Anlauf mit der rechten Fußspitze auf das schräg
angelehnte Brett stellen, so dass ich mich mit den Unterarmen auf der
Oberkante des Betonschachtes abstützen konnte. Wenn die Unterarme irgendwo
aufliegen, kann man sich sehr leicht hochziehen und dem Betonschacht
entkommen. Weil das Brett schon angebrochen war, hatte ich nur einen
Versuch. In Gedanken spielte ich den Bewegungsablauf mehrmals durch.
Dann ging es los. Kurz Schwung geholt, soweit es der Platz in
dem Betonschacht zugelassen hat, die rechte Fußspitze auf das Brett
gesetzt, die Unterarme auf die Oberkante des Betonschachtes gelegt und
Sekunden später war ich aus dem Betonschacht raus. Vollkommen dreckig
wegen des vielen Staubs, aber ich war raus.
Nach einer kurzen
Säuberung konnte ich meinen Weg wie geplant fortsetzen.
Auf
der 15.Tagesetappe von Tembleque nach Mora hatte ich zwei
Wegevarianten ausgearbeitet. Tagesaktuell entschied ich mich dann für die
Variante, wo auf halber Strecke eine kleine Ortschaft war, die ich gegen
die Mittagszeit erreichen würde. In dieser Ortschaft vermutete ich eine
Bar und der Kaffeeduft stieg mir beim Start schon in die Nase.
In der Nacht hatte es heftig geregnet. Für Schotterpisten und
Straßen ist das in der Regel kein Problem. Die schlucken den Regen. Aber
an diesem Tag war ich ausgerechnet auf einem richtigen Feldweg unterwegs.
Der war abgrundtief schlammig. Nach 2 km gab ich entnervt auf, weil meine
Sachen vollkommen verschlammt waren. Einen Ausweg konnte ich nicht finden,
so dass ich die 2 km zurücklaufen musste. Ich hatte ja noch die
2.Variante. Kurze Zeit später hat sich herausgestellt, dass auch die
2.Variante eine „Schlammvariante“ werden würde. Ein Blick auf das Navi hat
gezeigt, dass die 2.Variante immer entlang einer Straße bis nach Mora
führt. Dann bin ich über ein abgeerntetes Getreidefeld zur Straße
gelaufen. Dort reinigte ich mich in einer Pfütze am Straßenrand grob von
den Schlammresten. Die Tagesetappe war dann ein Gewaltmarsch über 28 km
bei leichtem Regen immer am Straßenrand entlang. In Spanien sind die
Seitenstreifen an den Straßen meistens viel breiter als zB in Deutschland.
Deshalb konnte ich dort bequem und schnell auf der linken Seite gehen,
ohne besonders auf den Verkehr achten zu müssen.
Meinen ersten und einzigen Ruhetag legte ich nach 16 anstrengenden
Wandertagen ein. Für den Ruhetag hatte ich mir die Stadt
Toledo ausgesucht. Die Stadt Toledo war mal einige Jahre der Sitz
der spanischen Könige und ist heute noch berühmt wegen seiner
Schwertschmiedekunst. Gefühlt 50 Geschäfte sah ich, die Schwerter aller
Zeitepochen verkaufen. Jeder zweite Laden war eine "Schwerter-Laden".
Natürlich sah ich mir einen Schwerter-Laden näher an. Dabei nahm ich die
unterschiedlichen Schwerter (Wikinger-Schwert, Kreuzritter-Schwert,
Sarazenen-Schwert, Samurai-Schwert usw) in die Hand und "probiert" sie
aus. Der Ladenbesitzer hat mir zu jedem Schwert interessante Informationen
über die Herstellung, die Zeitepoche und die Verwendung
geliefert.
Überrascht war ich über das Gewicht der Schwerter. Im Fernsehen sieht das
immer so leicht aus. Aber alle ausprobierten Schwerter hatten ein
unglaubliches Gewicht. Wie man mit diesen Schwertern stundenlang kämpfen
konnte, bleibt mir nach diesem Besuch im Schwerter-Laden ein Rätsel.
Meinen uneingeschränkten Respekt besitzen die Schwertkämpfer der
unterschiedlichen Zeitepochen nach diesem Besuch im Schwerter-Laden auf
jeden Fall.
Wandertechnisch sind die spanischen Jakobswege, speziell der
Camino de Levante, keine besonders große Herausforderung. Spezielle
Umstände (wie Wegeverhältnisse, Wetterunbilden) machen manche Tagesetappen
trotzdem zu einem unvergesslichen Abenteuererlebnis.
Wetter
Im Zeitraum Oktober/November kann man alle
Wetterbedingungen antreffen. Darauf muss man sich kleidungsmäßig unbedingt
einstellen.
Meine Kleiderordnung nach dem Zwiebelprinzip hat
sich wieder ausgezeichnet bewährt. Mittlerweile entwickelte ich ein Gespür
dafür, wann ich Kleidungsschichten aus- und anziehen kann. Oberste
Prämisse bei der „Umziehorgie“ auf manchen Tagesetappen war das Ziel nicht
zu frieren und nicht zu schwitzen. Das ist eine Gratwanderung. Pullover
an, Pullover aus, Regenjacke (=Windjacke) an, Regenjacke aus, Zipperbeine
an, Zipperbeine ab. Oft tat ich das auf offener Strecke. Die Wechselsachen
trage ich deshalb immer außen am Rucksack. Das hat mir einen schnellen
Zugriff erlaubt, wenn sich die Witterungsbedingungen plötzlich
änderten.
Auf den Tagesetappen von Arevalo nach
Zamora hat es an 4 aufeinanderfolgenden Tagen einen heftigen und
stürmischen Gegenwind aus nordwestlicher Richtung gegeben. Das ist
ungefähr die Hauptrichtung in der ich mich bewegte. Also kam der Wind in
der meisten Zeit seitlich von links oder von vorn. Manchmal war der Wind
so stark, dass ich mich nur mit weit nach vorn gebeugtem Oberkörper
vorwärts bewegen konnte. Weitere Begleiterscheinungen dieser Windtage war
ein leicht bewölkter Himmel, Sonnenschein und Temperaturen von 10°C bis
15°C. Unter normalen Bedingungen ist das ideales Wanderwetter. Aber in
Kombination mit den stürmischen Winden waren das hammerharte
Tagesetappen.
Geht es noch schlimmer? Ja, es geht noch
schlimmer.
Fast in jedem noch so kleinen Ort gibt es eine oder
sogar mehrere Bars. Diese Bars sind entlang der Jakobswege auf die
Pilger eingestellt und sind tagsüber meistens durchgehend geöffnet. Diese
Bars waren einer meiner Anlaufpunkte für die Versorgung mit Lebensmitteln.
In diesen Bars läuft ständig ein Fernsehgerät, bei größeren Bars sogar
mehrere Fernsehgeräte gleichzeitig. Weil ich die spanische Sprache nicht
beherrsche, waren die laufenden Fernsehgeräte für mich weniger
interessant. Eine Ausnahme gab es jedoch. Das waren die Wetterberichte.
Anhand der bildlichen Darstellung auf den Wetterkarten konnte ich erahnen,
was mich langfristig in den nächsten Wochen wettermäßig erwarten sollte.
Soweit war alles ok. Ab der 30.Tagesetappe zeichnete sich in Galizien im
Nordwesten von Spanien ein gravierender Wetterumschwung ab. Zu diesem
Zeitpunkt war ich noch ca. 1 Woche von diesem Gebiet entfernt. Ursache
dieser tiefgreifenden Wetteränderung war ein Tiefdruckkeil, der sich von
Skandinavien bis nach Südeuropa (Norditalien, Südfrankreich und
Nordspanien) vorgeschoben hatte. Dieser spezielle weit nach Süden
reichende skandinavische Tiefdruckkeil hat in der Vergangenheit schon für
große Unwetter (Überschwemmungen) in den betroffen Gebieten Südeuropas
gesorgt. Ich hatte gehofft, dass das eine Woche später schon wieder anders
aussieht.
Aber da hatte ich mich gewaltig geirrt.
Auf der 37.Tagesetappe, von Trabadelo nach
Hospital da Condega, führte mich mein Weg über den
O Cebreiro, einen Berg, der ca. 1300 Meter hoch ist. Das ist
eigentlich kein Problem. Zum Problem wurde diese Tagesetappe, weil der
anfängliche starke Regen im Tal in ein heftiges Schneetreiben beim
Aufstieg auf den O Cebreiro übergegangen ist. 20 cm Neuschnee, leichte
Minusgrade und das kombiniert mit einem so starken Sturm, dass der Schnee
waagerecht durch die Gegend gepeitscht wurde.
In der Herberge
in Trabadelo traf ich eine kleine Wandergruppe, bestehend aus zwei
deutschen Wanderern und einer kroatischen Wanderin. Den Aufstieg auf den O
Cebreiro nahmen wir gemeinsam in Angriff. Bei sich abzeichnenden
komplizierten Bedingungen, hervorgerufen durch die Wegstrecke oder
Wetterbedingungen, finden sich die Wanderer gern in Gruppen zusammen. Die
Gruppendynamik erleichtert bei solchen Bedingungen die Bewältigung
komplizierter Wegstrecken. Dieses Phänomen konnte ich in der Vergangenheit
schon mehrfach beobachten.
Vollkommen durchnässt, frierend und
erschöpft kämpften wir uns zur Herberge im Zielort durch. Vor der Herberge
mussten wir noch eine Wegstrecke von ca. 50 Metern durch 50 cm hohe
Schneewehen bewältigen, die durch den starken Wind und den Schnee
entstanden waren.
In der Herberge gab es eine Heizung, wo wir
unsere Sachen trocknen konnten. Eine heiße Dusche hat dann die
Lebensgeister wieder erweckt.
Auch am Folgetag, der 38.Tagesetappe, gab es wegen des Schnees große
Probleme. Einen Großteil dieser Tagesetappe mussten wir auf der Straße
bewältigen, weil der Jakobsweg total zugeweht war. Erst zur Mittagszeit
konnten wir wieder auf dem Jakobsweg entlanggehen.
Ausrüstung
Auf einer Langstreckenwanderung werden alle
Ausrüstungsgegenstände automatisch einem Härtetest unterzogen. Das liegt
vor allem auch an der Dauer einer Langstreckenwanderung. In einer
Nachbetrachtung entscheide ich dann, ob abgenutzte und verbrauchte
Ausrüstungsgegenstände durch neue ersetzt werden. Oft ersetze ich
Ausrüstungsgegenstände, wo ich mit bestimmten Details nicht zufrieden war,
durch vollkommen andere Ausrüstungsgegenstände.
Meine
ALTRA-Schuhe (576 g) bestanden auch diesmal den Härtetest auf den
Schotterwegen der spanischen Jakobswege mit Bravour. Nach ca. 1000 km
ersetzte ich die abgelaufenen Schuhe durch neue Schuhe, die meine Frau an
eine bestimmte Adresse auf dem Camino Frances vorausgeschickt hat. Die
Schuhe waren schon stark abgelaufen und hätten sicherlich noch die
restlichen 200 km bis Santiago de Compostela durchgehalten, aber für den
Aufstieg zum O Cebreiro mit ca. 20 cm Neuschnee wollte ich Schuhe mit
einem vernünftigen Profil verwenden. Deshalb sind die alten Schuhe mit
einem Seufzer und Dankesworten in die Tonne gewandert.
Mit
„Zero Drop“ (Ferse und Ballen haben den gleichen Abstand zum Boden, d.h.
die Schuhe sind dem Barfußgehen nachempfunden) hatte ich von Anfang an
keine Probleme. Auch das „schwammige“ Laufverhalten, hervorgerufen durch
die weiche Dämpfung, was von manchen Benutzern kritisiert wurde, empfand
ich eher als positive Eigenschaft der Schuhe.
Außerdem spricht
das Gewicht der Schuhe auch eindeutig für den Ultraleicht-Gedanken.
Für
mich gibt es im Moment keine besseren Schuhe für
Langstreckenwanderungen
Acht Wochen vor dem Beginn meiner
Wandertour erhielt ich noch meinen neuen Rucksack zpacks Nero (303
g in der Auslieferungsversion). Von dem Rucksack entfernte ich erstmal das
Rückenpolster, die Verschnürung für das Rückenpolster und alle anderen
Schnüre, so dass ich auf ein Ausgangsgewicht von 275 g gekommen bin. Das
ist nicht schlecht für einen Rucksack. Mit einer
Regenhülle (zpacks, Cuben, 44 g), zwei
Hüftgurttaschen (zpacks, 42 g), zwei
Netztaschen (zpacks, 28 g), einer
Schultergurttasche (zpacks, 14 g), einer
Trekkingstockhalterung (zpacks, 12 g) und zusätzlichen
Schnüren und Lochösen (12 g) passte ich den Rucksack meinen
Bedürfnissen an. Das ergab ein Gewicht von 427 g.
Warum habe
ich den Rucksack so stark „umgerüstet“?
Wenn ich einen
„normalen“ Wandertag erlebe, will ich meinen Rucksack möglichst nur
zweimal öffnen. Das ist am Morgen, wenn ich meinen Rucksack packe. Und das
ist am Abend, wenn ich an meinem Tagesziel angekommen bin. Das bedeutet
andererseits, dass alle wesentlichen Dinge, die ich tagsüber benötigen
könnte, außen am Rucksack verstaut sein müssen.
Die zwei
Wasserflaschen stecken in den Seitentaschen. Nahrung, die ich tagsüber
benötige, steckt in den beiden Netztaschen über den Seitentaschen.
Zelt/Tarp, Heringe und Isomatte sind außen quer in einem Cuben-Beutel
angebracht. Alle Regensachen sind ebenfalls außen quer über dem anderen
Cuben-Beutel in einem separaten Cuben-Beutel verstaut. In der großen
Rückentasche des Rucksacks steckt der Rest (Regenhülle für den Rucksack,
Wechselsachen (für Wetterumschwung, zB Pullover usw), Wanderführer (wenn
vorhanden), Wasserfilter, Notsender, Toilettenpapier). Oben auf dem
Rucksack ist das Solarpanel mit einer elastischen Kordel befestigt. Die
entfalteten Trekkingstöcke, wenn sie nicht benutzt werden, hängen unter
dem linken Arm in einer speziellen Trekkingstockhalterung.
Wenn
ich meinen Rucksack so packe, muss ich den Rucksack tagsüber äußerst
selten öffnen. Wichtige Dinge sind sofort griffbereit. Der Aufbau des
Zeltes/Tarps im Regen ist auch kein Problem, weil der Rucksack in der
Regenhülle bleiben kann und nicht geöffnet werden muss. Lediglich den
Cuben-Beutel mit dem Zelt/Tarp muss ich unter der Regenhülle
hervorholen.
Im Auslieferungszustand besitzt der
zpacks Nero zu wenig Außentaschen. Was ich als noch gravierender
empfand, sind die wenigen Befestigungslaschen, wo man zusätzlich etwas
anbringen kann (zB Netztaschen). Diese kleinen Laschen rüstete ich
ebenfalls nach, damit ich an der Seite über den Seitentaschen meine zwei
Netztaschen anbinden konnte.
Ich kann nicht verstehen, warum
die Hersteller von Rucksäcken solche Laschen, die in ihrer Gesamtheit nur
wenige Gramm wiegen, nicht von Anfang an vorsehen. Fehlende Laschen setzen
der Erweiterbarkeit von Rucksäcken sehr enge Grenzen.
Beim
Rucksack zpacks Arc Haul ist das mit den Laschen übrigens
vorbildlich gelöst. Dort gibt es viele zusätzliche Laschen, wo etwas
angebunden werden kann.
Auf Langstreckenwanderungen werde ich
daher in Zukunft wieder auf meinen Rucksack
zpacks Arc Haul zurückgreifen. Dadurch erhöht sich zwar mein
Basisgewicht um ca. 300 g, aber das ist es mir wert.
Wie
immer plane ich bei meinen Wandertouren die
Übernachtungen im Zelt/Tarp. Aber die preiswerten Herbergen an den
spanischen Jakobswegen sind einfach zu verlockend. Im Zeitraum
Oktober/November sind, außer im Großraum Valencia, schon mal in der Nacht
Temperaturen um den Gefrierpunkt anzutreffen. Obwohl mir das vom Jahr
2018, wo ich zum gleichen Zeitpunkt in Spanien unterwegs war, bekannt war,
hat mich dass doch wieder überrascht. Meine Ausrüstung ist für solche
Temperaturen einfach noch nicht optimal ausgelegt. Da gibt es eindeutig
noch Nachholbedarf. Nachdem ich feststellte, dass die Dichte der Herbergen
auf dem einsamen Camino de Levante nicht so schlecht ist, schickte ich
nach dem 8.Wandertag in Albacete mein Zelt mit der Post nach Hause.
Als Notunterkunft behielt ich meine Isomatte und meinen Biwaksack. Den
Quilt behielt ich ebenfalls, weil ich den in manchen Herbergen, wo es
keine Decken gab, benutzen musste.
Gab es Decken in den
Herbergen, was meistens der Fall war, schlief ich in einem leichten
Hüttenschlafsack (142 g). Dadurch musste ich nicht meinen Quilt aus
dem Rucksack auspacken, der wegen dem großen Packmaß immer im Rucksack
ganz unten liegt. Die Breite des Hüttenschlafsacks von 80 cm ist für mich
als Seitenschläfer (angewinkelte Beine) nicht ausreichend. Deshalb denke
ich darüber nach mir einen eigenen Hüttenschlafsack aus Seide zu nähen.
Die angestrebte Breite ist 100 cm.
Meine nächste Wanderung auf
einem Jakobsweg werde ich wieder für den Zeitraum Februar/März oder
Oktober/November planen. Für mich ist das einfach ein ideales Zeitfenster.
Damit ich in Zukunft bei Übernachtungen im Zelt/Tarp besser auf
Temperaturen um den Gefrierpunkt vorbereitet bin, taste ich mich im
Augenblick an das Winter-Camping heran. Mein Ziel ist es meine Ausrüstung
(Zelt/Tarp, Isomatte, Quilt ua) so zu optimieren, dass ich ohne
Komfortverlust im Zelt/Tarp in den genannten Zeiträumen übernachten
kann.
Meine Regenjacke von zpacks (Vertice Rain Jacket, 196 g) scheint nicht mehr richtig wasserdicht zu sein. Den Verdacht
hatte ich schon auf meiner
Küstenwanderung
an der Ost- und Nordsee im Mai/Juni 2019. Auf dieser Wandertour hat sich
dieser Verdacht bestätigt. Am Ruhetag in Toledo kaufte ich mir deshalb
eine billige und leichte Regenjacke aus dem örtlichen Decathlon-Geschäft.
Beide Regenjacken habe ich je nach Wetterlage einzeln getragen oder sogar
zusammen.
Während ich diesen Bericht schreibe, überlege ich
fieberhaft, was ich mit meiner Regenjacke mache. Die Regenjacke ist einer
meiner wichtigsten Ausrüstungsgegenstände und muss zu 100% funktionieren.
Der erste Versuch war eine Imprägnierung nach Vorschrift, wie sie auf der
Internet-Seite von zpacks empfohlen wird. Nach ersten Tests im
häuslichen Umfeld war das Ergebnis nicht befriedigend. Offenbar hat die
Regenjacke ihren Leistungszenit überschritten. Jetzt überlege ich gerade,
ob ich mir nicht selbst eine Regenjacke aus atmungsaktivem Cuben
herstelle. Das muss ich aber bald machen, denn in wenigen Wochen (März)
beginnt wieder die neue Wandersaison.
Meine Ausrüstung ist für
die 3 Jahreszeiten Frühjahr, Sommer und Herbst ausgelegt. Für den
speziellen Zeitraum Oktober/November "motzte" ich meinen Kleiderbeutel
etwas auf. Eine dickere Legging (250 g), dickere
Socken (zpacks, PossumDown Bushman’s Friend Socks, 71
g) für den Abend, einen Schlauchschal (36 g), eine
Fleecemütze (zpacks, Micro-Fleece Hat, 27 g) und
dünne Fleecehandschuhe (Liod, Linerhandschuhe, 24 g)
packte ich zusätzlich ein. Tatsächlich nutzte ich nur die Legging und den
Schlauchschal. Die dicken Socken, die Fleecemütze und die Fleecehandschuhe
sind im Kleiderbeutel geblieben, trotz Schneetreiben, 20 cm Neuschnee und
-2°C auf dem O Cebreiro. Was nützen mir dünne Fleecehandschuhe im
Schneetreiben, wenn ich sie nicht vor Nässe schützen kann. Deshalb werde
ich auf zukünftigen Wandertouren in diesen Zeiträumen dünne wasserdichte
Wegwerfhandschuhe von der Tankstelle als Nässeschutz verwenden. Für ein
oder zwei Tage, wo ich Handschuhe verwenden könnte, reicht das vollkommen
aus.
Meine Stromversorgung für das Handy realisierte ich
ausschließlich über das Solarpanel Sunnybag Leaf+ (402 g mit 10000
mAh-Powerbank), obwohl ich nur in Herbergen übernachtete. Das war einfach
ein gewollter weiterer Test über einen längeren Zeitraum. Diesmal hatte
ich viele bedeckte und regnerische Tage, trotzdem hat das Solarpanel mein
Handy immer zuverlässig geladen. Von mir erhält das Solarpanel eine ganz
klare Empfehlung. Einzig das Gewicht stört mich ein wenig. Es gibt
leichtere Selbstbaulösungen, die gewichtsmäßig bereits unter 200 g
liegen.
Ich war zwar auf markierten Wanderwegen unterwegs, aber
es gab auf fast jeder Tagesetappe Situationen, wo ich einfach mein
Navigationsgerät, ein iPhone SE mit der Navigations-App
Topo GPS, über den weiteren Wegverlauf befragen musste. Mein Handy
hat mich bei der Navigation nie in Stich gelassen. Alles hat wunderbar
funktioniert. Während der Tagesetappen betrieb ich das Handy im Flugmodus
und mit Offline-Karten. Eine Ersatz-Navigation hatte ich diesmal nicht.
Trotzdem werde ich bei zukünftigen Langstreckenwanderungen darauf achten,
dass ich eine Ersatz-Navigation in meinem Rucksack mitführe. Ich denke
dabei an das Garmin GPSmap 66i. Das Gerät erlaubt mir die
Navigation und besitzt zusätzlich auch eine Notruf-Funktion.
Für
den Notfall gehört schon seit Jahren der Notsender Spot Gen 3 (137
g) zu meiner Ausrüstung. Die SOS-Funktion musste ich noch nie auslösen.
Ein schöner Nebeneffekt des Notsenders ist die OK-Funktion. Mit der
OK-Funktion informierte ich jeden Abend meine Familienangehörige über
meine aktuelle Position. Mit GoogleMaps bzw. mit Hilfe einer speziellen
App konnten sich die Familienangehörigen über meine genaue Position
informieren. Irgendwann merkte ich, dass die OK-Nachrichten nicht immer
korrekt übertragen werden. Anfangs machte ich mir darüber keine Gedanken.
Aber als ich im Internet durch Zufall las, dass andere Benutzer des
Gerätes von den gleichen Problemen berichteten, bin ich hellhörig
geworden. In einem Notfall kann ein nicht korrekt übertragener SOS-Notruf
tödlich sein. Deshalb denke ich aktuell über eine Alternative für den
Notsender nach. Das Navigationsgerät Garmin GPSmap 66i ist daher in
meinen Fokus gerückt. Das Gerät kann ich zur Navigation und für den Notruf
verwenden. Das wäre eine Mehrfachnutzung und ganz im Sinne des
Ultraleicht-Gedankens.
Bei der Übernachtung in Herbergen hat
mich ein Detail maßlos gestört. Ich hatte in meinem Rucksack keine
Zweitschuhe oder zumindest etwas, was dafür genutzt werden konnte.
Die Wanderschuhe mussten in den meisten Herbergen immer am Eingang
abgestellt werden. Da ich keine Zweitschuhe hatte, musste ich mich
entweder in meinen Wandersocken oder sogar barfuß in den Herbergen
bewegen. Das geht ja noch, aber in den Waschräumen und den Toiletten war
das äußerst unangenehm. Ich holte mir keine Krankheit an die Füße, aber
ich schwor mir in solchen Situationen, dass ich niemals wieder ohne
Zweitschuhe oder etwas ähnliches unterwegs sein würde.
Als
Zweitschuhe suchte ich mir deshalb die Sandalen von
Xero Shoes (Z-Trail, 306 g) für zukünftige Wandertouren aus.
Mit diesen Sandalen kann ich auch längere Strecken wandern, wenn es einmal
Probleme mit meinen Füßen geben sollte. Die Überquerung von Wasserläufen
ist ebenfalls möglich. Meine eigentlichen Wanderschuhe bleiben dann
trocken. Und in Herbergen muss ich nicht mehr in Strümpfen oder barfuß
herumlaufen. Abends im Camp kann ich dann in die bequemen Sandalen
schlüpfen und etwas Luft an die Füße lassen.
Einen weiteren
kleinen unscheinbaren Ausrüstungsgegenstand will ich auf meinen
Wandertouren nicht mehr missen. Das ist ein kleines
Handtuch (Pearl, Microfaser, 70 g), womit ich mich
immer notdürftig abtrocknen kann. Wer schon einmal im Oktober/November in
den heizungslosen ausgekühlten spanischen Herbergen geduscht hat, wird
wissen wovon ich rede.
Meine Trekkingstöcke (Leki Micro RCM, 348 g) sind lebenswichtig für mich. Ich benutze die Trekkingstöcke sehr
intensiv. Auf dieser Wandertour hat nach 10 Tagen einer der Trekkingstöcke
den Geist aufgegeben.
Was ist passiert?
Meine
Trekkingstöcke sind aus Gewichtsgründen keine Teleskopstöcke, sondern nur
faltbar. Gleich unterhalb des Griffs ragt ein Stift aus dem Trekkingstock,
der, wenn er ordnungsgemäß herausspringt, den Trekkingstock spannt. An
einem meiner Trekkingstöcke sprang der Stift eben nicht mehr heraus.
Offenbar war die Feder nicht mehr stark genug, um den Stift
herauszudrücken oder die Feder war sogar gebrochen. Dadurch ist ein Teil
des Trekkingstocks bei der Benutzung in den Griff gerutscht, der
Trekkingstock hat sich entspannt und ist in sich zusammengefallen und war
damit nicht mehr benutzbar.
Was tun?
Das, was vorher
der Stift getan hat, zu verhindern, dass ein Teil des Trekkingstocks im
Griff verschwindet, musste ich nun irgendwie auf andere Weise
bewerkstelligen. In meiner Not umwickelte ich die Stelle direkt unter dem
Griff mit einigen Lagen Panzerband.
Was soll ich sagen, das
Panzerband hat allein durch seine Klebekraft verhindert, dass der
obere Teil des Trekkingstocks in den Griff rutscht. Ich benutze meine
Trekkingstöcke nicht wie Spazierstöcke, wie ich das bei vielen anderen
Wanderern beobachten konnte, sondern ramme sie bei jedem Schritt leicht
nach hinten versetzt in den Boden. An der mit Panzerband „behandelten“
Stelle müssen dann enorme Kräfte wirken. Trotzdem hat der „notreparierte“
Trekkingstock bis zum Ende der Wandertour durchgehalten. Nur einmal
erneuerte ich den „Panzerband-Notverband“.
Einen kleinen Vorrat
an Panzerband ist immer in meinem Rucksack. Nur diesmal nahm ich keine
komplette Rolle mit. Aus Gewichtsgründen wickelte ich etwa 1 Meter von der
Rolle ab und wieder auf einen dafür geeigneten Gegenstand auf. So konnte
ich das Gewicht von ursprünglich 100 g auf 30 g drücken.
Durch
die zweimalige Reparatur des defekten Trekkingstocks mit dem Panzerband
war nicht mehr viel von dem Panzerband übrig. Dann half ich noch einem
anderen Wanderer bei der Reparatur seines Ponchos aus. So ist mein Vorrat
langsam dahingeschmolzen.
In dieser Situation schwor ich mir
in Zukunft immer eine komplette Rolle Panzerband einzupacken. Das sind ca.
70 g mehr an Gewicht, aber man kann nie wissen, wie dumm einige „Sachen“
laufen können.
Meine Ausrüstung hat sich im Wesentlichen
bewährt. Bis auf wenige Ausnahmen, wo ich aus Gewichtsgründen (zB zpacks
Nero statt zpacks Arc Haul, keine Zweitschuhe, Panzerband reduziert)
unüberlegte Einsparungen vornahm, bin ich sehr zufrieden. Trotzdem suche
ich weiter nach Einsparpotential. Bei der Gramm-Suche muss ich aber darauf
achten, dass der Komfort nicht zu sehr leidet und das „unvorhergesehene
Dinge“ (zB Notreparaturen) auch noch zufriedenstellend gelöst werden
können.
Übernachtungen
Ich übernachtete ausschließlich in Herbergen. Geplant war,
dass ich im Zelt/Tarp übernachten würde. Aber die spanischen Herbergen
sind, bis auf wenige Ausnahmen, unschlagbar preisgünstig, so dass ich
meine Planungen über den Haufen warf. Das ist mir jetzt schon zweimal
passiert. Aber im Zeitraum Oktober/November, bei Regen und
Temperaturen um den Gefrierpunkt, ist das eben nicht so leicht im Zelt zu
schlafen.
Die Herbergen auf dem Camino de Levante von
Valencia nach Zamora und auf dem Via de la Plata von
Zamora nach Astorga sind generell geschlossen und nicht mit
Personal besetzt. Einzige Ausnahme ist die sehr schöne Herberge in Zamora.
Bei der Suche nach den Herbergen konnte ich ungemein von der
guten Vorbereitung meiner Wandertour profitieren. Meine Tagesetappen ließ
ich immer an einer Herberge beginnen und enden. Trotzdem war die
Herbergssuche manchmal ungemein schwierig. Auch der 9 Jahre alte
Wanderführer war da selten hilfreich. Meistens suchte ich nach den
öffentlichen (=Municipal) Herbergen. Wenn ich die Herbergen dann endlich
fand, was manchmal bis zu 2 Stunden gedauert hat, stand ich vor dem
nächsten Problem.
Wie komme ich an den Schlüssel für die
Herberge?
Für den Schlüssel gibt es mehrere Anlaufpunkte. Das
sind, je nach Größe des Ortes,
-Touristeninformationen (vor
allem in größeren Städten)
-Polizeistationen
-Verwaltungsämter
(Bürgermeisterämter)
-Bars (vor allem in kleinen Orten)
-kirchliche
Einrichtungen (vor allem für kirchliche Herbergen)
Wenn man
Glück hat, steht an der Tür eine Telefonnummer, mit der man Kontakt
aufnehmen kann. Für die telefonische Kontaktaufnahme hatte ich mir einige
Sätze in Spanisch zurechtgelegt, so dass ich mein Anliegen einigermaßen
verständlich vortragen konnte.
An Wochenenden sind auch in
Spanien die Verwaltungsämter spärlich oder überhaupt nicht besetzt. Das
hat die Schlüsselbeschaffung manchmal sehr schwierig gemacht. In den
Herbergen war ich immer allein, so konnte ich keinem anderen Wanderer die
Schlüsselbeschaffung überlassen. Selbst, wenn ich nicht allein gewesen
wäre, war ich doch immer schon zeitig mit meinen Tagesetappen fertig. Wer
zuerst in den Herbergen ist, besorgt den Schlüssel.
Deshalb war
es für mich wichtig, dass ich meine Tagesetappen, auch wenn sie lang
waren, möglichst zeitig beenden konnte. So hatte ich einen genügend großen
zeitlichen Spielraum für die Herbergs- und Schlüsselsuche. Und diesen
Spielraum benötigte ich öfters, als mir lieb war.
Das
Extrembeispiel für eine sehr komplizierte und zeitaufwändige Herbergs- und
Schlüsselsuche war die 19.Tagesetappe von Torrijos nach
Escalona (siehe Unterpunkt Menschen). Ohne die Hilfe von
zwei Frauen hätte ich erstmals in der freien Natur im Biwak übernachten
müssen.
In manchen Orten (zB Tembleque) gibt es keine
öffentlichen und privaten Herbergen. Dann muss man auf Hotels (Hostals)
ausweichen. Mit Hotels machte ich sehr gute (=preiswert und sauber), aber
auch sehr schlechte (=überteuert und dreckig) Erfahrungen.
Als
Extrembeispiel im negativen Sinn mag hier der zuvor genannte Ort
Tembleque dienen. Dort gibt es keine privaten und öffentlichen
Herbergen. Also bin ich auf ein Hotel ausgewichen. Ich will hier niemand
zu nahe treten, aber wegen des arabischen Hotelnamens hätte ich vorgewarnt
sein müssen. 40 Euro für ein dreckiges Zimmer, das war die blanke Abzocke.
Aber bei strömenden Regen hatte ich kaum eine andere Alternative. Das
wusste der arabische Hotelbesitzer.
In manchen Orten erhielt
ich für weniger als den halben Preis (also unter 20 Euro) ein bestens
ausgestattetes und sauberes Zimmer.
Auf den letzten 9
Tagesetappen war ich auf dem Camino Frances unterwegs. Dort ist die
Herbergssuche kein Problem. Das Herbergsnetz ist unglaublich dicht. Auch
zu dieser Jahreszeit sind die meisten Herbergen noch geöffnet. Fast alle
Herbergen sind mit Personal besetzt. Je näher man
Santiago de Compostela kommt, desto größer werden die Herbergen.
Teilweise haben sie gewaltige Ausmaße, was die Bettenzahl (mehr als 100
ist keine Seltenheit) angeht.
Das Problem in solch riesigen
privaten und öffentlichen Herbergen ist der Schlafkomfort. Bis spät in die
Nacht herrscht in solchen Herbergen eine rege Betriebsamkeit. Ich wollte
spätestens ab 20 Uhr schlafen, oft sogar früher, aber das war nur mit
Ohrenstöpseln möglich. Dafür ließ ich mir bei einem bekannten
Hörgeräte-Spezialisten passgerechte Ohrenstöpsel anfertigen. Die Kosten
(ca. 100 Euro!!!) für diese Ohrenstöpsel erwiesen sich auf alle Fälle als
eine sehr lohnenswerte Investition. Ohne Ohrenstöpsel hätte ich in solch
riesigen Herbergen nicht ausreichend und erholsam schlafen können.
In
vielen Herbergen gibt es Decken, so dass ich in diesen Herbergen in meinem
Hüttenschlafsack, darüber eine Decke, gut schlafen konnte. In den großen
Herbergen auf dem Camino Frances gab es, bis auf wenige Ausnahmen, keine
Decken. Dann schlief ich in meinem Kunstfaser-Quilt.
Das war
kein Problem.
Mein Quilt ist der Ausrüstungsgegenstand mit dem
größten Packmaß (=Volumen). Deshalb ist der Quilt in meinem Rucksack immer
ganz unten verstaut. Wenn ich meinen Quilt in den Herbergen benutzen
wollte, musste ich immer meinen ganzen Rucksack auspacken.
Das
ist immer noch kein Problem.
Zum Problem wurde es erst, wenn
ich als Frühaufsteher morgens so gegen 6 Uhr aufgestanden bin. Dann
schliefen alle anderen Wanderer noch. Wenn ich dann meinen Rucksack (aus
„knisterndem DCF“ (=Dyneema Cuben Fabric)) packen wollte, den Quilt unten,
dann der Rest in „knisternden DCF-Beuteln“ darüber, musste ich mir manche
böse Bemerkung, wegen Schlafstörung usw, anhören. Diese Bemerkungen
versteht man wegen des oft barschen Tonfalls auch ohne Übersetzung in
allen Fremdsprachen. Später bin ich dazu übergegangen am Abend meinen
Rucksack „provisorisch“ zu packen, außer dem Quilt, die Wandersachen und
das Waschzeug. Am Morgen nahm ich dann meinen Rucksack, den Quilt, die
Wandersachen und das Waschzeug und verließ leise den Schlafsaal. Außerhalb
des Schlafsaals packte ich dann meinen Rucksack vollkommen neu, den Quilt
wieder unten, alle anderen Ausrüstungsgegenstände darüber. Ganz oben sind
dann die Ausrüstungsgegenstände, auf die ich tagsüber aus den
unterschiedlichsten Gründen schnell Zugriff brauchte.
Diese
ganze Prozedur des „provisorischen Packens“ des Rucksacks am Abend und das
wiederholte „genaue“ Packen des Rucksacks am Morgen hat mich immer maßlos
genervt. Im Moment habe ich noch keine Lösung, wie ich das anders machen
könnte.
Ideal wäre es, wenn ich am Abend meinen Rucksack schon
packen könnte, bis auf die noch am Morgen benötigten Sachen. Am Morgen
verstaue ich dann den Rest. Meinen Quilt müsste ich dann irgendwo
unterbringen, wo er mich tagsüber nicht stört.
Dieses
„Packproblem“ gilt es noch zu lösen. Eine Idee habe ich schon...
Versorgung
Auf den spanischen Jakobswegen, auch auf den weniger
bekannten Jakobswegen, wie dem Camino de Levante, stellt die Versorgung
mit Nahrungsmitteln kein Problem dar.
Jeden Tag bin ich durch
Ortschaften gekommen, wo es Einkaufsmöglichkeiten gab. Lediglich auf die
Öffnungszeiten (Siesta) muss man achten.
Zusätzlich sind in
fast allen Ortschaften die sogenannten „Bars“ zu finden. Die sind auf die
Wanderer eingestellt und haben auch zu ungewöhnlichen Zeiten (Siesta)
geöffnet. Dort kann man kleinere Gerichte kaufen. Bei den kleineren
Gerichten tat ich mich persönlich immer schwer zu erkennen, welche
Lebensmittel in den Gerichten enthalten sind. Nur, wenn ich den Inhalt
einigermaßen identifizieren konnte, bestellte ich solche Gerichte. Der
spanische Kaffee (cafe con leche) dagegen schmeckt unvergleichlich gut.
Cola, mein Dopingmittel, gibt es zu dieser Jahreszeit auch mit Eiswürfeln.
Und nebenbei bemerkt, das spanische Bier kann man nach einem harten
Wandertag mit Genuss trinken. Und über den spanischen Rotwein muss ich
sicherlich nicht viele Worte verlieren.
Ich achtete immer
drauf, dass ich etwas Obst (Äpfel und Bananen), Nüsse und andere Snacks im
Rucksack hatte. Mehr benötigte ich tagsüber nie.
Etwas anders
sieht das mit der Wasserversorgung aus. Öffentliche
Trinkwasser-Entnahmestellen gab es so gut wie nicht. Deshalb ist es
wichtig sich vorab zu informieren, wo die aktuelle Tagesetappe entlang
führt. Wenn ich in Ortschaften gekommen bin, dann sind da entweder Bars,
wo ich mich mit Wasser versorgen kann oder ich frage mal einen Einwohner
der gerade vor seinem Haus steht. Die Spanier sind freundlich und helfen
sehr gern.
Habe ich Leitungswasser getrunken?
Ja,
das habe ich.
Probleme hatte ich nie, obwohl es manchmal stark
nach Chlor geschmeckt hat. Was mich nicht umbringt, macht mich härter. Das
war meine Devise.
Verletzungen
Auf meinen letzten Langstreckenwanderungen hatte ich immer
mal wieder Probleme mit einer Sehnenentzündung am linken Fuß.
Im
Oktober/November 2018 war ich auf dem 2.Teil des Jakobsweges
Via de la Plata
(von Salamanca bis Santiago de Compostela) unterwegs. 7 Tage nach dem
Start in Salamanca hatte mich eine handfeste Sehnenentzündung erwischt,
die sich schon einige Tage vorher angekündigt hat. Damals ignorierte ich
die ersten Anzeichen und ich konnte die vorhandenen Anzeichen auch nicht
richtig deuten. Dann war es zu spät und ich wollte die Wandertour beenden.
Durch die Hilfe einer Pilgerin musste ich die Wandertour nicht abbrechen
und ich konnte den Jakobsweg erfolgreich in Santiago de Compostela
beenden.
Auf meiner
Küstenwanderung
an der Ost- und Nordsee im Mai/Juni 2019 hat sich nach 10 Tagen
wieder eine Sehnenentzündung angebahnt. Diesmal deutete ich die Vorzeichen
richtig und ich konnte erfolgreich gegensteuern.
Eingedenk
dieser Erfahrungen bereitete ich mich diesmal noch intensiver auf die
Wandertour vor. Ich bin topfit an den Start gegangen.
Mit einer
Sehnenentzündung hatte ich auf dieser Wandertour diesmal keine Probleme.
Aber ein anderes Problem hat mir große Sorgen bereitet.
Im Februar 2019 ließ ich mich am Innenmeniskus des
rechten Knies (Anriss) erfolgreich operieren. Schon auf meiner
Küstenwanderung im Mai/Juni 2019 hatte ich auf jeder
Tagesetappe Probleme mit meinem rechten Knie. Mehr als einmal beschäftigte
ich mich mit dem Gedanken die Wandertour abzubrechen. In Deutschland ist
das ja kein Problem. Ab in den Zug und es geht heimwärts. Irgendwie
beendete ich die Wandertour dann doch erfolgreich.
Vor dem
Start dieser Wandertour überlegte ich lange, ob es Sinn macht mit
solchen Beschwerden nach Spanien zu fliegen und die Wandertour zu starten.
Wochenlang dachte ich im Sommer darüber nach. Auf Tageswanderungen in
meiner Wohngegend beobachtete und testete ich mein Knie argwöhnisch. Dann
buchte ich das Flugticket nach Valencia und die erste Übernachtung in der
Jugendherberge in Valencia. Jetzt gab es kein zurück mehr.
Schon auf den ersten Tagesetappen hatte ich Probleme mit
meinem rechten Knie. Ich hatte vorsorglich Schmerztabletten dabei, aber
ich wollte möglichst keine Tabletten nehmen. Immer dann, wenn es nicht
mehr auszuhalten war, rieb ich mein Knie mit Voltaren ein.
Auch
in der Nacht hatte ich als Seitenschläfer manchmal große Probleme, wenn
die Knie übereinander lagen. Notgedrungen musste ich daher oft in der
Rückenlage schlafen.
Wie sollte das enden? Mit einem Abbruch?
Aber ich konnte überrascht feststellen, dass es nicht von Tag
zu Tag schlimmer wurde. Nach ca. 6 Tagen verspürte ich sogar eine leichte
Besserung. Bis zum Ruhetag, nach dem 16.Wandertag, wurde es jeden Tag
besser, so dass ich manchen Tag beschwerdefrei genießen konnte. Nach dem
Ruhetag hatte ich wieder leichte Probleme mit dem Knie, aber nicht so, wie
zum Start meiner Wandertour. Nach einigen weiteren Wandertagen wurde es
immer besser und ich konnte die restlichen Wandertage, ca. 20 Stück, ohne
Probleme hinter mich bringen.
Auch gedanklich beschäftigten
mich meine Knieprobleme in den ersten Tagen stark. Ständig hörte ich in
meinen Körper hinein, um frühzeitig aufkommende größere Probleme zu
erkennen. Bei größeren Problemen hätte ich evtl. einen weiteren Ruhetag
einlegen müssen. Auch ein Abbruch stand am Anfang meiner Wandertour im
Raum.
Warum sich meine Knieprobleme in Wohlgefallen auflösten,
kann ich medizinisch nicht erklären. Dafür fehlt mir das Fachwissen. Bei
nächster Gelegenheit werde ich aber einen Arzt befragen, der über das
entsprechende Fachwissen verfügt.
Im Augenblick bin ich
vollkommen beschwerdefrei.
Sehr seltsam die ganze
Angelegenheit.
Sprache
Vor meiner Wandertour überlegte ich mir, ob es sinnvoll wäre,
einen Grundkurs in Spanisch zu besuchen. Hintergedanke war, dass mein
Wanderprojekt
SJW Spanische Jakobswege
noch einige Wandertouren bereit hält, die es gilt zu bewältigen. Insofern
wäre es nützlich, wenn ich die Sprache besser verstehen und auch sprechen
könnte. Aber dann war ich doch zu bequem dazu. Das Ergebnis meiner
Bequemlichkeit (=Faulheit!) war der Umstand, dass ich immer große
Schwierigkeiten hatte mich verständlich zu machen. Mit Händen und Füßen,
mit Übersetzungs-App und manchmal auch mit der Hilfe von anderen Leuten
ging es dann doch irgendwie.
Wenige Spanier sprechen Englisch,
die älteren Spanier so gut wie nicht.
Deshalb prägte ich mir
etwa 20 Sätze (Wortfetzen?) in Spanisch ein, die mir das „Überleben“
(Wegfindung, Herbergssuche, Essenbeschaffung) sicherten. Wenn ich mich mit
spanischen Menschen länger unterhalten wollte, die kein Englisch konnten,
musste ich das über meine Übersetzungs-App machen. Das war sehr langwierig
und mühselig.
Jetzt bin ich wieder am Überlegen, ob ich nicht
doch einen Grundkurs in Spanisch besuchen sollte.
Zusätzlich
denke ich über eine App nach, mit der ich Spanisch lernen kann.
Auch
mein Englisch will ich verbessern. Das will ich aber über eine App machen,
während ich auf einer meiner nächsten Langstreckenwanderungen unterwegs
bin.
Menschen
Den Jakobsweg Camino de Levante suchte ich mir aus,
weil da im Jahr nur ca. 200-300 Pilger unterwegs sind. Dieser Jakobsweg
ist bei weitem nicht so stark frequentiert, wie zB der Jakobsweg
Camino Frances, wo im Jahr ca. 200000 Pilger in Santiago de
Compostela ankommen.
Dass ich tagsüber in den 28 Tagen, die ich
von Valencia bis nach Zamora für den Jakobsweg
Camino de Levante brauchte, überhaupt keinen einzigen Menschen
antreffen würde, das hatte ich nicht erwartet.
Auch auf dem
Teil des Jakobsweges Via de la Plata von Zamora nach
Astorga, für den ich 5 Tage brauchte, traf ich keinen einzigen
Menschen während der Wanderung.
Ich war also insgesamt
33 Tage hintereinander vollkommen allein bei meinen Tagesetappen.
Bis auf die Menschen in den Bars/Gaststätten, in den Geschäften und in den
Herbergen, hatte ich mit niemand Kontakt.
Eine kanadische
Wanderfreundin, die ich im Oktober/November 2018 in Zamora in der
Pilgerherberge kennenlernte, schrieb mir über Facebook, dass ich mich in
Astorga (dort trifft der Jakobsweg Via de la Plata auf den Jakobsweg
Camino Frances) auf einen Schock vorbereiten sollte. Ich konnte mir das
nicht so richtig vorstellen, weil ich in den vorangegangenen 33 Tagen auf
der Strecke und teilweise auch in den Herbergen vollkommen allein war.
Aber sie sollte recht behalten. Die Pilgerherberge in Astorga, eine schöne
und große Herberge, war fast vollkommen ausgebucht. Menschen aus vielen
Ländern übernachteten dort.
Welche Begegnungen mit Menschen
sind mir in besonderer Erinnerung geblieben?
Am Ende der
3.Tagesetappe traf ich in der Herberge in Moixent ein
fr. Ehepaar, die ebenfalls auf dem Camino de Levante unterwegs
waren. Wir konnten uns sehr gut in Englisch unterhalten. Auch am Abend der
4.Tagesetappe in der Herberge in La Font de la Figurera traf ich
das fr.Ehepaar nochmal an. Dann trennten sich unsere Wege, weil sie
wesentlich langsamer und gemütlicher gewandert sind.
In der
Herberge in Almansa, die schwer zu finden war, traf ich einen
Italiener (Buchautor Adriano Gasperi, Buch: Schritte in
Camino). Der Italiener war auf dem Jakobsweg
Ruta de la Lana unterwegs. Im Gebiet von Almansa sind die Wege der
beiden Jakobswege identisch.
Im Ort San Clemente, nach
der 10.Tagesetappe, war ich wieder mal auf der Herbergssuche. Nach einem
vergeblichen 1.Versuch sprach ich zwei junge Frauen im Außenbereich
eines Cafés an, die dort gemütlich ihren Kaffee tranken. Es stellte sich
heraus, dass eine diese Frauen als Englisch-Lehrerin in dem Ort arbeitet.
So konnte sie mir bei der Suche nach der Herberge und bei den
Anmeldeformalitäten in der örtlichen Touristeninformation behilflich sein.
Anschließend habe ich die beiden jungen Frauen zu einem Kaffee eingeladen,
wo wir uns noch lange sehr nett unterhielten.
Am 19.Wandertag,
nach einer relativ kurzen Tagesetappe, war ich schon gegen 14 Uhr an
meinem geplanten Zielort Escalona angekommen. Die Herbergssuche war
sehr schwierig. Die Guardia Civil, die ich durch Zufall auf der Straße
traf, konnte oder wollte mir nicht helfen. Nach ca. 2 Stunden hatte ich
endlich die Herberge gefunden, die natürlich verschlossen war. Der
Schlüssel für die Herbergen ist in solchen Fällen bei den örtlichen
Behörden (Polizei, Bürgermeisteramt, Touristeninformation) abzuholen. Es
war aber Sonntag und alle Behörden, speziell in den kleineren Orten,
hatten geschlossen bzw. waren nicht besetzt. In meiner Not fand ich mich
schon damit ab, dass ich außerhalb des Ortes an einer passenden Stelle
biwakieren musste. Dann sprach ich eine junge Frau, ca. 35 Jahre,
mit ihrer Mutter an. Beide konnten kein Englisch und ich musste mein
Anliegen, die „Schlüsselsuche“ für die Herberge, über eine
Übersetzungs-App (Google) vortragen. Das war kompliziert und mühsam. Als
sie mein Problem verstanden hatten, telefonierten sie ca. eine halbe
Stunde. Sie meinten nur lachend, dass hier jeder jeden kennt. Der
Schlüssel für die Herberge war aber nicht aufzutreiben. Nach einer endlos
erscheinenden Zeit hatten sie aber eine Frau ausfindig gemacht, die Zimmer
vermietet. Die Frau wollte uns in einem Kaffe treffen, wohin ich die
beiden Frauen wegen ihrer Hilfe eingeladen hatte. In diesem Zusammenhang
hat die Übersetzungs-App für den Besitzer des Schlüssels den Begriff „Lord
of the key“ ausgespuckt. Im Café unterhielten wir uns dann noch angeregt
und amüsierten uns köstlich über den Begriff „Lord of the key“, in
Anlehnung an den Film „Herr der Ringe (Lord of the rings)“. Dann
stand plötzlich die Vermieterin des Zimmers an unserem Tisch. An diesem
Abend bin ich zufrieden und erschöpft in einem gemütlichen und sauberen
Bett eingeschlafen.
Im Ort Gotarrendura übernachtete ich
nach der 23.Tagesetappe in einer sehr schönen Herberge. Am Abend bin ich
in die einzige Bar des kleinen Ortes gegangen. Dort bin ich wegen der
fehlenden Gäste um diese Tageszeit (so gegen 18 Uhr) mit der Bedienung,
einer jungen Kolumbianerin, ins Gespräch gekommen. Sie hat mir ihre
Lebensgeschichte erzählt und wie sie nach Spanien gekommen ist. Das war
sehr interessant und hat mich wegen ihres Lebensweges sehr nachdenklich
gestimmt. Die gesamte Unterhaltung (ca. 2 Stunden) bestritt ich mit der
Übersetzungs-App (Google), was unglaublich mühselig war.
Auf
der 34.Tagesetappe von Astorga nach Foncebadon erlebte ich
sie erstmalig auf einer Tagesetappe, die Asiaten (hauptsächlich
Südkoreaner und Taiwanesen), die die spanischen Jakobswege,
speziell den Camino Frances, regelrecht überfluten.
Mit weit
nach vorn gebeugtem Oberkörper, leichtem Gepäck (,worüber ich mich anfangs
wunderte) und unglaublich hoher Schrittfrequenz rasen sie in kleinen
Gruppen förmlich über die Jakobswege. Angestachelt durch dieses hohe
Tempo, versuchte ich mit den Asiaten mitzuhalten. Eine Stunde ist mir das
sehr gut gelungen, auch weil ich wegen meiner Körpergröße eine nicht so
hohe Schrittfrequenz gehen musste. Als sie merkten, dass sie mich nicht
abschütteln konnten, erhöhten sie nochmals das Tempo, wobei sie sich
ständig umsahen, ob ich noch an ihren Fersen in einem Abstand von ca. 50
Metern klebe. Dann ließ ich die Asiaten ziehen, auch weil ich diesen
sportlichen Wettkampf, das war es offenbar für die Asiaten, nicht
weiterführen wollte.
Später bekam ich dann mit, dass zu diesen
asiatischen Wandergruppen Begleitfahrzeuge gehören, die das „große“ Gepäck
von Unterkunft zu Unterkunft bringen. Mit „kleinem“ Gepäck toben sie sich
dann auf den Jakobswegen aus.
Ein Kerl, wie ein Baum,
Erik aus Schweden. So stelle ich mir einen Wikinger vor, riesengroß
und blond. Ihn traf ich mehrmals in den Herbergen auf dem
Camino Frances, wo ich die letzten 9 Tage unterwegs war. Erik ist
ein Weltenbummler, der 4 Fremdsprachen beherrscht (Englisch, Französisch,
Spanisch und Deutsch). Mit ihm konnte man sich sehr gut über die Dinge des
Lebens unterhalten.
Ab Sarria (Camino Frances), das
sind ca. 100 km vor Santiago de Compostela, bin ich auf den letzten
Tagesetappen mehrmals einem jungen Amerikaner (Justin,
philippinischer Abstammung) begegnet. Er hat sich immer, wenn wir uns über
den Weg gelaufen sind, an meine Fersen geheftet und hat sich nicht
abschütteln lassen, egal wie schnell ich gewandert bin. Offenbar hat er
sich durch mein Tempo angestachelt gefühlt. Jeden Tag sind wir bei Pausen
ins Gespräch gekommen und unterhielten uns ausgiebig. Er hatte gerade sein
Studium beendet und wollte die Zeit vor dem Arbeitsbeginn bei einer Bank
in Kalifornien etwas in der Welt herumreisen.
Als er dann
erfahren hat, wie alt ich bin, war er kurz sprachlos. Er konnte es nicht
glauben, dass ich zu diesem Zeitpunkt ca. 1100 km in den Beinen hatte und
trotzdem noch so schnell war. Beiläufig ließ er dann die Bemerkung fallen,
dass ich ein
German Beast
sei. Das war nicht böse gemeint, eher bewundernd. Als ich
über den Namen/die Bezeichnung (Trailname?) näher nachdachte, musste ich
feststellen, dass er damit nicht so unrecht hatte. Der Name passt zu mir
und charakterisiert in gewisser Weise mein Wanderverhalten.
Habe ich andere Ultraleicht-Wanderer (UL-Wanderer) gesehen, wo an
ihrer Ausrüstung zu erkennen war, dass sie sich dem Ultraleicht-Gedanken
verschrieben hatten?
Ich beobachtete das genau. Keinen einzigen UL-Wanderer sah
ich.
In den letzten 9 Tagen auf dem Camino Frances bin ich in Herbergen
manchmal von Asiaten wegen meiner sichtbaren Ausrüstung (zpacks-Rucksack,
ALTRA-Schuhe) angesprochen wurden. Die kleinen amerikanischen Ausrüster
(zB zpacks usw) waren ihnen durchaus ein Begriff. Trotzdem waren sie nicht
ultraleicht unterwegs.
Tiere
Gefühlt besitzt jeder Spanier einen Hund.
In den
Ortschaften, die ich während meiner Wandertour durchquerte, hörte man fast
auf jedem Grundstück einen oder sogar mehrere Hunde bellen, wenn jemand
vorbeigegangen ist.
Ich traf selten ein alleinstehendes Gehöft
an, wo es nicht einen oder sogar mehrere Hunde gegeben hat. Wenn es da
einen Zaun gibt, der keine Löcher enthält, ist das kein Problem.
Einmal erlebte ich allerdings eine böse Überraschung. Schon
von einiger Entfernung bemerkte ich, dass es in einem alleinstehenden
Gehöft mehrere Hunde geben musste. Das konnte ich an den unterschiedlichen
Tonlagen des Bellens erkennen. Da war einmal die dunkle Tonlage eines
großen Hundes. Das sind meistens die „gutmütigen“ Hunde. Dann war
da noch das schrille Kläffen der kleinen „Gernegroß“-Hunde zu
hören. Die mittlere Tonlage ordne ich den mittelgroßen Hunden zu. Das sind
in der Regel die angriffslustigen und gefährlichsten Hunde. Alle
drei Tonlagen hörte ich in diesem Gehöft, also mussten dort mehrere Hunde
sein.
Da das Gehöft eingezäunt war, machte ich mir keine
weiteren Gedanken. Als ich in Höhe des Grundstücks angekommen war, standen
plötzlich 5 bellende Hunde vor mir auf dem Weg. Erschrocken sah ich mich
um, ob irgendwo auf dem Grundstück eine Person zu sehen war, die die Hunde
zurückrufen könnte. Aber da war niemand. Der große Hund, ein Schäferhund,
hat mich kurz gemustert und ist dann wieder auf dem Grundstück
verschwunden. Die 3 kleinen Kläffer (Mischlinge) legten auch sehr schnell
den Rückwärtsgang ein, als ich mehrere Schritte mit nach vorne gerichteten
Trekkingstöcken auf die Hunde zugegangen bin. Hunde erkennen instinktiv,
dass die nach vorne gerichteten Trekkingstöcke mit den Stahlspitzen eine
Gefahr darstellen. Der mittlere Hund, ebenfalls ein Mischling, hat sich
nicht vertreiben lassen. Mit gesenktem Kopf knurrte er mich an und blieb
mitten auf dem Weg stehen. Kurz überlegte ich jetzt, was ich machen
könnte. Neben dem Weg war ein frisch gepflügtes Feld. In der Nacht hatte
es geregnet und dementsprechend tief und schlammig war der Boden. Wenn ich
dem Hund weiträumig auf dem Feld ausweichen würde, müsste ich meine Schuhe
und Hose anschließend reinigen. Darauf hatte ich aber keine Lust. Mir
blieb also nur der Vorwärtsgang übrig. Auf das schlammige Feld wollte ich
nicht ausweichen.
„Vorwärts immer, rückwärts nimmer“, woher
kenne ich diesen Spruch nur?
Mit nach vorne gerichteten
Trekkingstöcken bin ich auf den letzten verbliebenen Hund zugegangen. Als
ich 2 Meter vor dem Hund angekommen war, ist der Hund knurrend zur Seite
ausgewichen, aber nicht auf das Gehöft zurückgegangen. Als ich an dem Hund
vorbei war, hat er mich in einem Abstand von ca. 5 Metern knurrend weiter
verfolgt. Ich musste jederzeit mit einem Angriff rechnen. Rückwärts gehend
hielt ich den Hund mit meinen Trekkingstöcken auf Abstand. So ging das
noch ca. 100 Meter weiter. Erst als ich den Bereich des Gehöfts verlassen
hatte, blieb der Hund stehen und hat mich nicht weiter verfolgt.
Mir war in dieser Situation an diesem Tag nicht nach Spaß
zumute, aber das nenne ich trotzdem mal einen guten Wachhund.
Später,
in bergigem Gelände, hatte ich nochmals eine Begegnung mit freilaufenden
Hunden. Gerade bin ich um einen großen Felsblock herumgegangen, als in ca.
100 Meter Entfernung 2 große Hunde meinen Weg kreuzten. Ich war mir nicht
sicher, ob sie mich bemerkt hatten. Schnell versteckte ich mich hinter dem
Felsblock. An Wochenenden sind in Spanien viele Jäger mit ihren Hunden
unterwegs. Die Jagdhunde entfernen sich nie weit von ihren Herren und
hören aufs Wort. Wenn ein Jäger einen Wanderer ausmacht, der evtl. den Weg
seiner vorauslaufenden Hunde kreuzen könnte, rufen die Jäger sofort ihre
Hunde zu sich. Mit Jägern und ihren Hunden hatte ich nie Probleme. Stutzig
hat mich gemacht, dass es kein Wochenende war. Wer weiß, vielleicht sind
einige Jäger auch unter der Woche aktiv. Meine Vermutung war, dass in
wenigen Augenblicken der Herr der Hunde erscheinen würde. Aber da kam
niemand. Auch nicht nach 5 Minuten Wartezeit. Langsam dämmerte mir, dass
das herrenlose wilde Hunde sein mussten, die auf Beutesuche waren. Eine
größere Gefahr konnte ich mir nicht vorstellen, als auf freilaufende wilde
Hunde zu stoßen. Und das gleich in doppelter Ausführung. Fieberhaft
überlegte ich, was ich machen könnte, wenn mich die Hunde bemerken würden.
Nach 10 Minuten setzte ich meine Wanderung fort, immer den Blick auf den
Wegesrand gerichtet, bereit für eine Überraschung. Zum Glück gab es in
dieser bergigen Gegend viele kleine und große Felsbrocken. Mit dem linken
Auge beobachtete ich den Wegesrand, mit dem rechten Auge suchte ich immer
nach einer Fluchtmöglichkeit auf einen Felsbrocken. Die nächsten Kilometer
bewegte ich mich so vorwärts, immer gefasst auf die 2 Hunden zu stoßen.
Meine Augen müssen in dieser Situation nicht weit von meinen Ohren
entfernt gewesen sein. Ich glaube mich zu erinnern, dass das auch
"Schielen" genannt wird. Nach mehreren Kilometern schalteten meine Sinne
vom Alarm- und Fluchtmodus wieder in den Normalmodus zurück. Trotzdem war
ich den restlichen Tag sehr aufmerksam unterwegs.
Pilgerausweis
Auch diesmal bestellte ich mir den Pilgerausweis lange vor
Antritt der Wandertour.
Was ich nicht bedacht hatte ist der
Umstand, dass der Platz für die Stempel nicht ausreichen könnte. Nach ca.
30 Tagen (von insgesamt 42 Tagen) stellte ich mit Schrecken fest, dass der
Platz im Pilgerausweis knapp wird. Gerne hätte ich mir in den letzten 12
Tagen meiner Wandertour an jedem Tag mehrere Stempel abgeholt. Durch den
Platzmangel konnte ich mir deshalb in den letzen Tagen immer nur einen
Stempel leisten. Meistens setzte ich die Stempel dann selber in den
Pilgerausweis. Dadurch konnte ich die verschwenderische Nutzung des
Platzes durch die Herbergsbetreuer etwas eindämmen.
Für meine
nächste Wandertour auf einem Jakobsweg werde ich mir neben dem
Original-Pilgerausweis gleich noch eine Zusatzeinlage für den
Pilgerausweis bestellen oder selbst anfertigen und in den Pilgerausweis
einkleben.
Abreise
Im Jahr 2018 konnte ich bei meinen Wandertouren im
Februar/März und Oktober/November auf dem Jakobsweg
Via de la Plata noch per Direktflug von Madrid oder Santiago de
Compostela nach Deutschland fliegen.
In diesem Jahr war das
nicht mehr möglich.
Ca. 5 Tage vor dem Ende meiner Wandertour
wollte ich wieder einen Direktflug buchen. Das ist trotz intensiver
Bemühungen seitens meiner Tochter Romy nicht gelungen. Wir fanden keinen
Anbieter für Direktflüge von Santiago de Compostela in eine
beliebige Stadt von Deutschland. Deshalb musste ich mit einem
Zwischenstopp über Madrid nach Berlin-Tempelhof fliegen. Die
Zeit für den Zwischenstopp in Madrid war ausreichend, so dass ich bequem
den Anschlussflug erreichen konnte. Der Flug nach Berlin-Tempelhof war
zwar pünktlich, aber ich hatte trotzdem wenig Zeit um den ICE von Berlin
nach Halle/Saale zu erreichen. In Halle hat mich dann meine Frau
mit dem Auto vom Bahnhof abgeholt.
Trotz der manchmal knappen
Umstiegszeiten verlief alles (2 Flüge, 1 Bahnfahrt mit dem ICE) relativ
pünktlich.
Eine weniger schöne Angelegenheit gibt es aber noch
zu berichten. Auf dem Flughafen in Santiago de Compostela musste ich mich
leider von meinen Leki-Trekkingstöcken trennen. Bei Flügen innerhalb von
Europa versuche ich immer meinen Ultraleicht-Rucksack als Handgepäck
durchzukriegen. Vom Gewicht und von der Größe des Rucksacks hat es da nie
Probleme gegeben. Diesmal wurden allerdings meine Leki-Trekkingstöcke
beanstandet. Obwohl ich sie in meinen Rucksack gepackt hatte, sind die
Stöcke nicht durch die Kontrolle gekommen. Als Extragepäck wollte ich die
Stöcke auch nicht aufgeben. Schweren Herzens trennte ich mich von den
Stöcken. Ich gab mir keine Mühe das Kontrollpersonal von der Harmlosigkeit
der Stöcke zu überzeugen. Bei einem Stock war nämlich der Falt- und
Spann-Mechanismus defekt und nicht mehr zu reparieren. Neue Stöcke mussten
eh gekauft werden.
Neue Leki-Trekkingstöcke orderte ich noch im
CheckIn-Bereich des Flughafens im Internet.
Statistik
Streckenlänge gesamt
1212 km
…davon Camino de
Levante 812 km
…davon
Via de la
Plata
142 km
…davon Camino
Frances
258 km
Tagesetappen
gesamt
42
…davon Camino de
Levante
28
…davon Via de la
Plata
5
…davon Camino
Frances
9
…davon
Wandertage
41
…davon
Ruhetage
1
…davon
Sonnentage
20
…davon
Regentage
5
…davon
Schneetage
2
…davon bedeckte
Tage
15
…davon < 15 km
(Nero)
0
…davon 15 - 19
km
3
…davon 20 - 29
km
17
…davon 30 - 39
km
20
…davon >= 40
km
1
Längste
Tagesetappe
41,4 km
Kürzeste
Tagesetappe
17,4 km
Tagesdurchschnitt …
…mit
Ruhetagen
29,0 km/Tag
…ohne
Ruhetage
29,7 km/Tag
Übernachtungen
gesamt
42
…davon in
Jugendherbergen
3
…davon in öffentl.Pilgerherbergen 27
…davon in
privaten Herbergen 11
…davon
in kirchl. Einrichtungen
1
Nachbearbeitung
Nach dem Ende der Wandertour gibt es noch einige Dinge zu
tun.
Da ist einmal der Bericht über diese
Wandertour, den ich in meinem Blog veröffentlichen will. Zusätzlich wird
in meinem Facebook-Account ein Link auf meinen Bericht im Blog gesetzt. Im
Forum
Ultraleicht-Trekking.com
wird der Bericht in leicht abgewandelter Form ebenfalls erscheinen.
Dann
wähle ich aus den vielen Bildern, die ich während meiner Wandertour
anfertigte, diejenigen aus, die ich ebenfalls über einen Link öffentlich
zugänglich machen will. Diese Bilder stelle ich dann in einem
GoogleDrive-Verzeichnis zur Verfügung.
Meine Tracks stelle ich ebenfalls über einen Link in meinem
Blog in einem GoogleDrive-Verzeichnis für den Download bereit.
Vorher korrigiere ich meine Tracks mit Hilfe von Aufzeichnungen aus meinem
Tagebuch. Ein weiteres Hilfsmittel für die Korrektur der Tracks sind
Track-Aufzeichnungen von Abweichungen von den geplanten Tagesetappen mit
dem Navigationsgerät (Handy oder Garmin-Navi).
Erst dann, wenn
diese 3 Punkte (Bericht, Bilder, Tracks) erledigt sind, wird die
Wandertour zu den Akten gelegt.
Tracks, Wegpunkte und Bilder
Wie immer gibt es am Ende des Berichts noch einen Hinweis auf
wichtige Daten meiner Wandertour. Das sind vor allem meine eigenen Tracks
und Wegpunkte, die ich zur Navigation verwendete.
Auf der
rechten Seite meines Blogs befindet sich das Tourenverzeichnis. Hinter der
Zeichenkette "GPX" versteckt sich in den meisten Fällen ein Link,
der in ein GoogleDrive-Verzeichnis verzweigt. In diesem Verzeichnis
ist eine Datei zu finden. Diese Datei enthält die Tracks und die Wegpunkte
der Wandertour.
WT002_ES_Jakobsweg_Camino_de_Levante_Tracks.gpx
Zum Schluss sind hier noch einige Bilder, die die schönsten Momente
dieser Wanderung festhalten. Der Link verzweigt in einen
GoogleDrive-Verzeichnis.
WT002_ES_Jakobsweg_Camino_de_Levante_Bilder
Zusätzlich befindet sich auf der rechten Seite meines Blogs im
Tourenverzeichnis die Zeichenkette "Bilder", hinter der sich
ebenfalls ein Link zu den Bildern dieser Wandertour befindet.
Fazit
Der Jakobsweg Camino de Levante hat mich überrascht.
Einmal wegen der über weite Strecken hervorragenden
Markierungen und den Hinweisschildern vor und nach jeder Ortschaft.
Zum anderen wegen der Einsamkeit. Wer die Einsamkeit auf
seinen Wandertouren mag, der ist auf diesem Jakobsweg genau richtig. Auf
den ersten 33 Tagesetappen auf dem Jakobsweg Camino de Levante (von
Valencia bis Zamora) und auf dem Jakobsweg
Via de la Plata (von Zamora bis Astorga) traf ich auf
der Strecke keinen einzigen Wanderer.
Das ganze Gegenteil war
der Jakobsweg Camino Frances (von Astorga bis
Santiago de Compostela). An jedem Tag bin ich vielen Wanderern aus
allen möglichen Ländern begegnet.
Landschaftlich bietet der
Jakobsweg das gewohnte Bild, was ich auch von den anderen Jakobswegen
kennenlernte. Unendliche Schotterpisten, einsame Straßen, Plantagen aller
Ausprägungen (Orangen, Oliven, Wein), kleine beschauliche Dörfer und
schöne historische Städte (Toledo, Avila, Astorga).
Auch die
Jahreszeit (Februar/März oder Oktober/November) für meine
Wandertouren in Spanien hat sich als ein Vorteil erwiesen. Die bekannten
Jakobswege sind nicht mehr so stark frequentiert und bei der Herbergssuche
gibt es kaum Probleme. Mit der richtigen Allwetterausrüstung (Regen und
gelegentlich Temperaturen leicht unter dem Nullpunkt) ist das alles kein
Problem.
Was das Ganze noch besonders macht, sind die
freundlichen Spanier. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich bei meinen
bisherigen 3 Wandertouren (2018 und 2019) in Spanien jemals Probleme mit
den einheimischen Bewohnern hatte. Sie helfen, wo sie können. In meinen
vorherigen Ausführungen erzählte ich die eine oder andere Episode für die
außergewöhnliche Hilfsbereitschaft der Spanier.
Ausblick
Meine nächste Wandertour in meinem Wanderprojekt
SJW Spanische Jakobswege
wird der Jakobsweg Ruta de la Lana sein. Dieser Jakobsweg ist noch
unbekannter als der Jakobsweg Camino de Levante.
Ich
freue mich darauf und ich bin gespannt, was mich dort erwarten wird…
Update (April 2020)
Ganz aktuell ist die Information, während ich diesen Bericht
schreibe, dass der Wanderführer über den Camino de Levante im
März 2020 in einer Neuauflage erschienen ist, die von einem anderen
Autor verfasst wurde. In meiner Planungsphase hat mir diese brandaktuelle
Ausgabe leider nicht zur Verfügung gestanden. Trotzdem kaufte ich diesen
neuen Wanderführer. Man weiß ja nie, ob ich nochmals den Jakobsweg
Camino de Levante laufen werde.
Danke für den sehr spannenden und informativen Bericht! Beste Grüße Klemens
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