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13 November 2018

Jakobsweg Via de la Plata, Teil 2 (Spanien, 485 km)



Vorbemerkungen zum 2.Teil des Berichts

Der Bericht gliedert sich in 2 Teile, weil ich die Wandertour auf der 19.Tagesetappe auf dem Weg nach Morille, was eine Tagesetappe vor Salamanca liegt, abgebrochen habe. Bis dahin bin ich ca. 516 km gelaufen, was ziemlich genau der Hälfte der Wandertour entspricht. Ich hatte die telefonische Nachricht erhalten, dass meine Frau schwer erkrankt war. Da zögerte ich nicht lange und beendete die Wandertour. 


Teil 2: Oktober/November 2018 (von Salamanca bis Santiago de Compostela)

Idee

Nach dem 1.Teil der Wandertour dachte ich darüber nach, wann ein günstiger Zeitpunkt für den Rest der Wandertour wäre. Ich stellte mir auch die Frage, ob ich die Wandertour überhaupt beenden sollte. Aber ich überlegte nicht lange. Ich wollte die Wandertour unbedingt abschließen und das noch im Jahr 2018.
 

Im Oktober/November 2018 hat sich dann kurzfristig die Gelegenheit ergeben den 2.Teil der Wandertour durchzuführen.

Planung

Bei der Planung des 2.Teils meiner Wandertour konnte ich auf den vorausgegangenen Planungen aufsetzen.

Nach dem Ende des 1.Teils der Wandertour überarbeitete ich alle meine Tracks und Wegpunkte vollständig nach bestimmten Gesichtspunkten.

In meinem Tagebuch machte ich mir zu jeder Tagesetappe Notizen zum Streckenverlauf und zu den Unterkünften. Diese Informationen pflegte ich für die 19 Tagesetappen des 1.Teils der Wandertour nachträglich in die Tracks und Wegpunkte ein. Zusätzlich ersetzte ich die Endpunkte der Tracks, die bei der ersten Planung oft einfach mitten in einer Ortschaft lagen, durch Herbergen, in denen ich tatsächlich übernachtete. Das bedeutet umgekehrt, dass ich meine Tagesetappen immer in einer Herberge begann und in einer Herberge beendete. Ich machte das, weil die Herbergen teilweise schwer zu finden und im OUTDOOR-Wanderführer des Conrad-Stein-Verlags oft keine Straßen zu den gesuchten Herbergen angegeben waren. So gestaltete sich die Suche nach einer Herberge wegen meiner ungenügenden spanischen Sprachkenntnisse manchmal sehr schwierig. Das wollte ich für den 2.Teil meiner Wandertour unbedingt vermeiden.

Für den 2.Teil der Wandertour verließ ich mich wegen der Herbergen auf die Bewertungen des Wanderführers. Auch diese Tracks ersetzte ich in den Start- und Endpunkten durch Herbergen. Mit ganz wenigen Ausnahmen übernachtete ich beim 1.Teil meiner Wandertour nur in öffentlichen Herbergen. Beim 2.Teil wollte ich das ebenfalls machen. Öffentliche Herbergen sind in der Regel preiswerter und liegen oft direkt am Jakobsweg.

Bei der Nachbetrachtung des 1.Teils meiner Wandertour ist mir aufgefallen, dass ich meine vorher geplanten Tagesetappen nicht immer einhielt. Manchmal waren Tagesetappen länger als geplant, manchmal kürzer. Dadurch war ich am Ende von einigen Tagesetappen nicht immer auch an einer Herberge, die ein expliziter Endpunkt einer Tagesetappe war. Für den 2.Teil meiner Wandertour nahm ich deswegen auch viele Herbergen als explizite Wegpunkte in mein Navigationsgerät auf, obwohl sie keine Endpunkte von Tagesetappen waren. Bei diesen Herbergen verließ ich mich auf die Bewertungen aus dem Wanderführer. Für die Namen der Herbergen verwendete ich eine bestimmte Bildungsvorschrift:

     Albergue Ortsname Municipal oder Name des Hostals/Hotels

     Bsp.: Albergue Zamora Municipal (öffentliche Herberge in Zamora)
              Albergue Salamanca Hostal Goya (privates Hostal in Salamanca)

Durch diese variable Namenvergabe konnte ich die Herbergen eines bestimmten Ortes, wenn sie nicht der Endpunkt einer Tagesetappe waren, sehr gut identifizieren und mit dem Navigationsgerät problemlos ansteuern.

Für den 2.Teil meiner Wandertour hatte ich 19 Tagesetappen geplant. Einen Zero-Day (Ruhetag) wollte ich nicht einlegen. Die nötigen Ruhepausen wollte ich mir durch Nero-Days verschaffen, d.h. durch kürzere Tagesetappen, wo ich schon gegen Mittag mein Tagesziel erreichen wollte.

So war der Zeitplan: Anreise am 24.Oktober per Flugzeug nach Madrid, weiter mit dem Fernbus bis nach Salamanca und Übernachtung in der öffentlichen Pilgerherberge von Salamanca. Start der Wanderung am 25.Oktober, Ende der Wanderung so gegen den 12.November mit einem Puffer von mehreren Tagen. Das war der grobe zeitliche Rahmen, den ich mir gesetzt hatte. Den Rückflug von Santiago de Compostela wollte ich erst wenige Tage vor dem Erreichen des Endziels buchen.

Anreise

Die Anreise zum 2.Teil meiner Wandertour verlief nicht so reibungslos, wie die Anreise zum 1.Teil der Wandertour.

Mit dem Bus von Schochwitz nach Halle, dann mit dem ICE nach Berlin zum Flughafen Schönefeld, das hat alles relativ pünktlich geklappt. Aber das Flugzeug hatte über eine Stunde Verspätung. 12:45 Uhr sollte ich laut Plan im Terminal 1 des Flughafens in Madrid ankommen. So gegen 13:00 Uhr war die geplante Abfahrt des Fernbusses nach Salamanca vom Terminal 4 des Flughafens. Da ich 1 Stunde Verspätung hatte, konnte ich erst mit dem nächsten Fernbus, der so gegen 15:00 Uhr abfahren sollte, meine Fahrt nach Salamanca antreten. Selbst wenn ich absolut pünktlich gewesen wäre, hätte ich den Fernbus 13:00 Uhr nach Salamanca nicht mehr geschafft. Terminal 4, wo alle Fernbusse vom Flughafen Madrid abfahren, liegt nicht in unmittelbarer Nähe zu Terminal 1, wie zu vermuten wäre, sondern ca. 15 Bus-Minuten von Terminal 1 entfernt. Das bedachte ich bei der Planung der Anreise nicht. Also bin ich in aller Ruhe mit dem Bus zu Terminal 4 gefahren. Terminal 4 ist ein sehr moderner Flughafen und erstreckt sich über mehrere Etagen. Dort angekommen, hat sich das nächste Problem aufgetan. Ich hatte große Schwierigkeiten den Busbahnhof für die Fernfahrten zu finden. Auf der Suche nach dem Busbahnhof bin ich durch die Etagen von Terminal 4 geirrt. Endlich hatte ich den Busbahnhof gefunden. Aber nirgendwo war die Haltestelle zu finden, wo die Fernbusse nach Salamanca abfahren. Auch einen Fahrplan fand ich trotz intensiver Suche nicht. Aber ich musste doch einigermaßen richtig sein, weil an dieser Haltestelle immer wieder sehr moderne Reisebusse anhielten und Leute aus- und einstiegen. Dann fragte ich einen Fahrer, wo die Fernbusse nach Salamanca abfahren. Er bedeutete mir, dass ich richtig bin. Dann war es 15:00 Uhr und kein Fernbus nach Salamanca war zu sehen. Langsam wurde ich unruhig. Gegen 15:10 Uhr fuhr endlich der Fernbus nach Salamanca vor, deutlich am Schild vorn am Bus zu erkennen. Ich war beruhigt. Gegen 18:00 Uhr bin ich dann in Salamanca angekommen.

Dann überlegte ich kurz, ob ich den Weg vom Busbahnhof bis zur öffentlichen Pilgerherberge in Salamanca zu Fuß gehe oder nicht. Da es schon relativ spät war, entschied ich mich für ein Taxi. Alle 3 Taxifahrer, die am Busbahnhof standen, wussten allerdings nicht, wo die öffentliche Pilgerherberge von Salamanca ist. Auf der Karte im Reiseführer zeigte ich den Taxifahrern, wo die Pilgerherberge liegt. 20 Minuten später stand ich vor der Herberge. Meine Entscheidung, das Taxi zu nehmen, war richtig, denn die Herberge war, was mich überrascht hat, fast vollständig belegt.

Strecke/Wanderung

Auch auf dem 2.Teil der Wandertour gab es wieder diese unendlich langen Abschnitte auf Schotterpisten. Das ist einfach das typische Landschaftsbild auch in dieser Region von Spanien (Galizien). 
 
Bild 1: Markierung auf dem Via de la Plata

Diesmal ließ ich mich auch dazu hinreißen, so zeitig am Morgen zu starten, wenn es draußen noch stockdunkel war. Das ist nur mit Stirnlampe möglich. Das war aber nur den besonderen Umständen geschuldet. Während der Tage meiner Verletzung (siehe weiter unten im Punkt Verletzungen) war ich einige Tage auf die Hilfe von Nina, der Heilpraktikerin, angewiesen. Sie ist immer sehr früh gestartet, so dass ich mich ihrem Startzeitpunkt einigermaßen anpassen musste, wenn ich auch tagsüber in den Genuss ihrer Behandlung kommen wollte. Ich bin auch ein Frühstarter, aber was einige da veranstalteten, ist mir doch zu riskant. In der Dunkelheit auf Schotterpisten unterwegs sein, da ist die Verletzungsgefahr, trotz der Benutzung einer Stirnlampe, riesengroß. Das werde ich in Zukunft definitiv nicht mehr tun. Das Hauptanliegen meiner Wanderleidenschaft ist auch die Landschaft in den jeweiligen Ländern. Durch den frühen Startzeitpunkt gehen viele schönen Eindrücke verloren, weil man sie in der Dunkelheit nicht richtig wahrnehmen kann.


Ich bin auch viel mit anderen Wanderern unterwegs gewesen. Das bleibt um diese Jahreszeit nicht aus. Überall trifft man Wanderer, entweder in den Herbergen oder in den Bars oder bei sonstigen Rastmöglichkeiten. Das gemeinsame Wandern birgt natürlich gewisse Risiken, wenn das Gehtempo und die Pausenhäufigkeit nicht übereinstimmt. So ist es mir mit Marc, einem großen Schweizer, ergangen, mit dem ich durch Zufall einen Tag gemeinsam gelaufen bin. Wenn er 2 Schritte gemacht hat, musste ich 4 Schritte machen. Dabei war er nichtmal sonderlich schnell. Für ihn war das Tempo offensichtlich ok, aber für mich nicht. Am Tagesziel teilte ich ihm dann mit, dass wir lauftechnisch nicht zusammenpassen und dass am nächsten Tag jeder sein eigenes Tempo gehen sollte. Nach einem kurzen nachdenklichen Augenblick meinte er, dass er am nächsten Tag wegen des sich abzeichnenden schlechten Wetters eh eine Pause machen wollte. So trennten sich unsere Wege und ich traf ihn nicht wieder.

Es gab natürlich auch wunderschöne Tagesetappen. Die Tagesetappe von Lubian nach Gudina über 25 km war für mich die schönste Tagesetappe auf der ganzen Wandertour. Ständig ging es auf schmalen und steinigen Pfaden bergauf und bergab. Es war einfach ein unglaubliches Naturschauspiel. Für Henk, den Holländer mit seinem 2-rädrigen Transportwagen, muss das eine unglaubliche Strapaze gewesen sein. Am nächsten Tag war er vollkommen fertig und musste einen Ruhetag einlegen. Zusätzlich ist er noch krank geworden und hat eine Tagesetappe mit dem Bus zurückgelegt. Auch Henk wurde in diesen Tagen von Nina behandelt und war nach zwei Tagen wieder voll einsatzfähig.

Wetter

Überrascht war ich vom Wetter. Ich hatte angenommen, wenn ich im Herbst in Spanien unterwegs bin, dass da „angenehme“ Temperaturen herrschen. Aber dem war nicht so. Die Temperaturen im Herbst (Oktober/November) unterschieden sich nur wenig von den Temperaturen im Winter (Februar/März). Sicherlich spielt dabei auch eine Rolle, dass der 2.Teil der Wandertour (Galizien) viel weiter nördlich entlang führte als der 1.Teil der Wandertour (Andalusien).

An 10 Tagen von insgesamt 19 Wandertagen hatte ich regnerisches Wetter. Teilweise hatte ich Starkregen, verbunden mit böigen Winden. Kleidungsmäßig bin ich auf meinen Langstreckenwanderungen immer auf Regen vorbereitet, gerade um diese Jahreszeit. Das suchte ich mir ja bei der Planung der Wandertouren extra so aus. Dadurch wollte ich dem Massenauflauf auf den spanischen Jakobswegen aus dem Weg gehen. Das ist mir auch ganz gut gelungen.

In den Morgenstunden gab es oft Temperaturen zwischen 0° C und 5° C, so dass ich bis weit in den Vormittag hinein die Klimaschicht tragen musste. Auf dem 2.Teil der Wandertour hatte ich meine Legging öfter an als auf dem 1.Teil der Wandertour.

Meine Kleidungswahl nach dem Zwiebelprinzip hat sich aber wieder hervorragend bewährt. Ich fror nie, obwohl ich manchmal alles anziehen musste, was die Kleiderkiste so hergeben konnte.

Auch meine Regenkleidung hat allen Regengüssen getrotzt.

Auf dem 1.Teil meiner Wandertour waren mir bei Regenwetter schon die Träger von Ponchos aufgefallen. Auf dem 2.Teil der Wandertour war das noch viel extremer. Gefühlt 95% aller Wanderer trugen einen Poncho in allen Varianten. Natürlich machte ich mir Gedanken, warum das so ist. Im Menüpunkt Fragen/Themen gehe ich ausführlich auf diese Problematik eine und erkläre, warum meine Regenkleidung aktuell aus einer Regenjacke, einer Regenhose und Regengamaschen besteht. Das will ich hier nicht noch einmal darlegen.

Ausrüstung

Auch auf diesem Teil der Wandertour hatte ich Ausrüstungsgegenstände (Tarp, Isomatte, Quilt, Unterlage, Biwak) dabei, die mir eine Übernachtung im Freien erlaubt hätten. Ich wollte vorbereitet sein, wenn ich mal kein Bett in einer Pilgerherberge ergattern konnte. Diese Vorgehensweise hat mir zwar einige Gramm an Gewicht zusätzlich aufgebürdet, aber auf der anderen Seite hat mir das eine gewisse Gelassenheit bei der Suche nach einer Herberge und einem Bett verschafft. Regelmäßig konnte ich bei meinen Wanderfreunden beobachten, wie sie nachmittags anfingen nach Herbergen zu suchen. Hatten sie eine Herberge gefunden, die ihrem Tagespensum entsprach, begann eine hektische Telefoniererei nach freien Betten. Mich hat das wenig berührt. Ich hatte ja mein Ersatzbett auf dem Rücken. Trotzdem bekam ich immer ein freies Bett, egal wie spät ich in den Herbergen angekommen bin.

Diesmal war ich auf den endlosen Schotterpisten Spaniens mit meinen Trailrunnern von ALTRA unterwegs. Das wollte ich ja einmal ausprobieren. Was soll ich sagen, es war ein voller Erfolg. Die Kombination aus den Trailrunnern von ALTRA (Lone Peak 3.5), den Socken von Darn Tough und den Gamaschen von Dirty Girl Gaiters ist ab sofort auch mein absoluter Favorit für Langstreckenwanderungen. Einzig die Haltbarkeit der Sohle ist ein Problem. Die Lebensdauer der ALTRA-Sohle werde ich bei einer meiner nächsten Langstreckenwanderungen genau erkunden.

Übernachtungen

Auf dem 2.Teil meiner Wandertour übernachtete ich ausschließlich in Herbergen. Diesmal nicht unbeabsichtigt, sondern geplant. Das Netz der Herbergen auf den Jakobswegen in Spanien ist unglaublich dicht, so dass für jedes Tagespensum, auch wenn es noch so kurz ist, eine oder sogar mehrere Herbergen gefunden werden können. Diesmal gestaltete sich die Suche nach den Herbergen auch einfacher, weil ich viele Herbergen als explizite Wegpunkte in mein Navigationssystem eingespeist hatte. Dadurch konnte ich auch relativ leicht Herbergen ansteuern, die nicht das Ziel einer Tagesetappe waren.

Im Herbst sind wesentlich mehr Pilger auf den Jakobswegen in Spanien unterwegs als im Winter. Das stellte ich schon beim Start in Salamanca fest. Die Herberge dort war fast vollständig belegt. Auch wenn Herbergen voll belegt sind und kein Bett mehr frei ist, gibt es doch immer noch Ausweichschlafmöglichkeiten (Klappbetten, Luftmatratzen usw) in den Herbergen. Ein Herbergsvater erzählte mir, dass niemand auf die Straße geschickt wird.

Die Herbergen in Galizien sind auch wesentlich größer als die Herbergen weiter im Süden. Teilweise sind das gigantisch große Herbergen mit über 100 Betten. Viele Herbergen sind vollkommen neu und erfüllen modernste Anforderungen, was die Unterbringung von Pilgern betrifft.

Aber ein Phänomen hat mir zu denken gegeben. Ich übernachtete auch in vielen kleinen Herbergen. Teilweise waren das neu errichtete Herbergen mit modernen Edelstahlküchen. Dort gab es aber oft kein Geschirr, so dass diese Küchen eigentlich nicht nutzbar waren. Auf Nachfrage erzählte mir eine Herbergsmutter, dass spanische!!! Pilger das Geschirr aus den Küchen einfach zur nächsten Herberge „mitnehmen“. Zuerst dachte ich an einen Scherz, aber mehrmals traf ich in den Herbergen vollkommen leergeräumte Küchen an.

Wenn in den Küchen ausreichend Geschirr vorhanden war, wurde das auch ausgiebig genutzt. Teilweise wurde in Schichten gekocht. Auch ich schloss mich einzelnen Gruppen an. Oft traf ich in den Herbergen immer die gleichen Leute. Mit meinen Kochkünsten konnte ich dabei nicht glänzen, aber auch „niedere“ Arbeiten, wie Gemüse schneiden, Geschirr spülen usw, müssen erledigt werden.

Die Herbergen waren jedenfalls die Treffpunkte für die Wanderer aus allen möglichen Ländern. Dort traf man dann Leute wieder, die man den ganzen Tag nicht gesehen hat. Am Abend waren sie seltsamerweise alle wieder da. Jeder hat sich mit jedem unterhalten. Englisch war dabei die bevorzugte Sprache.

Der 01.11.2018, ein Donnerstag, ist auch im katholischen Spanien ein Feiertag. Mit einem Tag Urlaub, dem Freitag, nutzten das viele Spanier für einen verlängerten Wochenend-Urlaub. Für diesen Tag hatte ich mir nur eine kurze Strecke von 16 km als Tagespensum ausgesucht. Mehr wollte ich wegen meiner Verletzung nicht laufen. Die Herberge in Mombuey ist die!!! Herberge, die eine der schlechtesten Bewertungen im OUTDOOR-Wanderführer erhalten hat (Wanzen). Trotzdem wollte ich dort übernachten. Aber die Herberge war verschlossen und die Nachbarn erzählten mir, dass da in der letzten Zeit kaum jemand übernachtet hat. Dann musste ich eben in einem Hostel übernachten. Da hatte ich aber die Rechnung ohne die Spanier gemacht. Über das erwähnte verlängerte Wochenende waren alle Hostals im Umkreis von 20 km um Mombuey geschlossen. Jeder fährt da in den Kurzurlaub, auch die Hotelbesitzer. So musste ich noch weitere 16 km bis zur nächsten Pilgerherberge wandern. Und das mit meiner Verletzung. Diese Herberge war ebenfalls nur eine Notunterkunft, wo ich in einer Turnhalle übernachtete.

Versorgung

Die Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser war auch diesmal kein Problem.

Im Gegensatz zum 1.Teil der Wandertour, wo ich nur am Abend in den Bars aß, bin ich auch morgens und mittags in den Bars gewesen. Jedes noch so kleine Dorf hat wenigstens eine Bar. Bei uns sind das Gaststätten, aber in Spanien sind das Bars. Entlang der Jakobswege sind die Bars auf die Pilger eingestellt und haben auch zu Zeiten (Siesta) geöffnet, wo das in Spanien sonst nicht üblich ist. Selbst kleine Snacks für unterwegs konnte man sich in den Bars kaufen. Deshalb musste ich sehr selten in Supermärkten einkaufen. Dadurch konnte ich ordentlich Gewicht einsparen. Eine Essenration musste maximal immer nur für einen Tag reichen.

Verletzungen

Auf meinen bisherigen Langstreckenwanderungen bin ich von großen Verletzungen verschont geblieben. Wegen einer Verletzung musste ich noch nie eine Wandertour abbrechen. Diesmal sollte das aber anders sein.

Drei Tage nach dem Start in Salamanca spürte ich in der Nacht den ersten leichten Schmerz. Kurz über den Knöcheln des linken Beines, auf der Vorderseite. Zuerst machte ich mir darüber keine Sorgen, weil ich diesen leichten Schmerz, genau an dieser Stelle, in den letzten Jahren schon öfters gespürt hatte. Meine Erinnerungen daran waren aber so, dass das am folgenden Morgen so gut wie weg war. Diesmal sollte der Morgen aber anders sein. Der Schmerz war noch da und behinderte mich beim Wandern. In den nächsten drei Tagen wurde der Schmerz immer schlimmer. Wanderer, die ich in diesen Tagen traf und mit denen ich mich über das Problem unterhielt, wussten sofort was das für eine Verletzung ist. Ihre einstimmige Diagnose: Eine typische Wanderverletzung, Sehnenentzündung (Tendinitis), hervorgerufen durch Überlastung. Ich muss zugeben, dass ich in den letzten Tagen sehr schnell unterwegs war, trotz der Verletzung. Ich war der Meinung, dass das irgendwann besser werden wird. Aber es wurde nicht besser, sondern von Tag zu Tag schlechter. Schließlich war ich an einem Punkt angelangt, wo ich bereit war die Wandertour abzubrechen.

Was tun?

Es war in einer Herberge im Ort Villar de Farfon, am Ende des 7.Wandertages. Am nächsten Tag wollte ich meine Wandertour definitiv beenden. Diese Entscheidung hatte ich schweren Herzens getroffen.

Dazu muss man wissen, dass ich im Februar/März 2018 den Jakobsweg Via de la Plata, kurz vor Salamanca, schon einmal abbrechen musste. Ich hatte die telefonische Nachricht erhalten, dass meine Frau schwer erkrankt war.

Jetzt stand ich nach 7 Wandertagen vor dem 2.Abbruch. Das hat mich maßlos geärgert.

In der Herberge traf ich eine Pilgerin, die Nina, 70 Jahre alt, eine gebürtige Schweizerin, die aber in Frankreich lebt. Sie war so etwas wie eine Heilpraktikerin, vorsichtig ausgedrückt. Sie erklärte mir, dass die Sehnen durch Überlastung entzündet sind. Zusätzlich war der Fuß an dieser Stelle angeschwollen. Zuerst muss die Entzündung eingedämmt werden. Dafür hat sie mich mit einer Wallwurz-Salbe behandelt. Diese Salbe hat sie mir einmassiert. Bis zur Nachtruhe musste ich das Bein kühlen. Sie war der Meinung, dass ich meine Wanderung nicht abbrechen sollte. Das hat mich total überrascht. Nach kurzer Überlegung entschloss ich mich weiterzugehen. Ihr Rat am Morgen an mich: Langsam gehen, viel langsamer als sonst. Sie ist in meiner Nähe geblieben und hat zur Mittagspause die Behandlung mit der Salbe wiederholt. Was das Unglaubliche war, ist der Umstand, dass es mir schon zur Mittagspause viel besser ging. Diese Behandlung - am Abend mit Salbe einreiben und kühlen, am nächsten Tag zur Mittagspause wieder mit Salbe einreiben, sehr langsam gehen - wiederholten wir in den nächsten Tagen. Nina ist immer in meiner Nähe geblieben. Was soll ich sagen, es wurde von Tag zu Tag besser. Vier Tage später konnte ich schon wieder mein volles Tempo gehen.

Ich beendete die Wandertour erfolgreich in Santiago de Compostela, obwohl es einen Zeitpunkt gegeben hat, wo ich die Wandertour abbrechen wollte. Durch die Hilfe der Pilgerin Nina erreichte ich mein geplantes Ziel.

Nach der Wandertour ließ ich mir natürlich die Wallwurz-Salbe von Nina aus Frankreich schicken. Jetzt ist diese Salbe ein fester Bestandteil meiner Medizin-Ausrüstung. In Deutschland gibt es auch Wallwurz-Salbe, aber die wird, auf Nachfrage in einer Apotheke, unter dem Namen Beinwell vertrieben.

Natürlich machte ich mir auch Gedanken, was die Ursachen für die Sehnenentzündung sein könnten. Auch weil ich diesen Anfangsschmerz in den letzten Jahren schon mehrmals spürte. Da ist die Sehnenentzündung aber nicht zum Ausbruch gekommen. Sonst hätte ich eine solche Entzündung schon viel früher erlebt.

Für mich bleibt, neben meinem Alter, nur ein Grund übrig. 

Ich bin in der ersten Woche dieser Wandertour viel zu schnell unterwegs gewesen. 

Mein Bestreben ist immer, zeitig mit der Tagesetappe starten und zeitig aufhören. Dann bleibt am Nachmittag noch genügend Zeit zur Regeneration. Das hat bisher immer gut geklappt. Offenbar bin ich in den letzten Jahren trotzdem mehrmals haarscharf an einer Sehnenentzündung vorbeigeschrammt.

Bei meinen zukünftigen Wandertouren werde ich mich in der ersten Woche anders verhalten. Ich werde wie bisher früh starten, aber ein langsames bis gemäßigtes Tempo gehen und damit bis in den späten Nachmittag hinein wandern. Wenn es sein muss bis zur Dunkelheit. Etappen von über 30 km schaffe ich dann trotzdem. Wenn sich mein Körper dann an die Belastung gewöhnt hat, kann ich ja langsam zu meinem bevorzugten Tagesrhythmus zurückkehren - zeitig die Tagesetappe beginnen und zeitig beenden.

Es gibt noch einen anderen Punkt, den ich im Vorfeld einer Wandertour sträflich vernachlässigte. Das ist die Vorbereitung einer Wandertour. Spätestens zwei Wochen vor dem Start einer Wandertour muss ich viel intensiver trainieren und auch einige längere Tagesetappen hintereinander absolvieren. So kann sich der Körper besser auf die zu erwartende Belastung einstellen.

Ich werde diese Vorgehensweise vor einer meiner nächsten Langstreckenwanderungen ausprobieren.

Sprache

Im Herbst sind deutlich mehr Wanderer unterwegs. Ich war selten allein. Einer konnte immer spanisch, selbst wenn es einheimische Wanderer waren. Die spanischen Wanderer können in der Regel gut Englisch sprechen, so dass ich diesmal wesentlich weniger Sprachprobleme hatte als bei meinem 1.Teil der Wandertour.

Menschen

Wie schon mehrfach erwähnt, sind im Herbst wesentlich mehr Wanderer unterwegs als im Winter. Je näher man Santiago de Compostela kommt, um so größer werden auch die Herbergen. Die Herbergen sind der Treffpunkt für Wanderer aus allen möglichen Ländern. Am Nachmittag oder am Abend sind die Herbergen meist gut gefüllt.

In der Regel trifft man in den Herbergen immer die selben Wanderer, egal wie schnell man tagsüber unterwegs ist. Bei der Essenzubereitung und beim Essen entwickeln sich dann interessante Gespräche über Gott und die Welt. Standardsprache auf den Jakobswegen ist Englisch. Auch die spanischen Wanderer können einigermaßen gut Englisch sprechen, was ich von der restlichen Bevölkerung nicht unbedingt behaupten kann.

Durch meine Verletzung (Sehnenentzündung) bin ich viele Tage mit Nina, der Heilpraktikerin, unterwegs gewesen. Abends trafen wir uns immer in den Herbergen. Tagsüber ist jeder sein eigenes Tempo gegangen. Sie hat sozusagen die Krankenpflege übernommen. Ohne sie hätte ich den Jakobsweg nicht geschafft.

Mit welchen Hilfsmitteln Wanderer unterwegs sind, konnte ich am Beispiel des Holländers Henk sehen. Er hat sein Gepäck auf einem 2-rädrigen Transportwagen durch die Gegend gezogen. Auf Straßen und gut begehbaren Wegen hatte er wegen des geringen Rollwiderstandes seines Transportwagens enorme Gewichtsvorteile. Wurden die Wege schwieriger, d.h. steiler oder steiniger, was es auch oft gegeben hat, dann kehrte sich sein Vorteil sofort ins Gegenteil um. Er musste sich fürchterlich quälen, um diese Wege zu bewältigen. Trotzdem hat er den Jakobsweg geschafft.

Toni, der Spanier, war ein sehr ruhiger und in sich gekehrter Typ. Wenn wir wegen schlechten Wetters mal auf besser begehbare Wege ausgewichen sind, ist er immer auf den markierten Wegen geblieben, egal wie schwierig die zu begehen waren. Trotzdem konnte man sich sehr gut mit ihm unterhalten.

Pilgerausweis

Für den 2.Teil der Wandertour musste ich mir keinen neuen Pilgerausweis besorgen. Ich verwendete den alten Pilgerausweis einfach weiter.

Nach der Ankunft in Santiago de Compostela begab ich mich nach einer kurzen Stadtbesichtigung sofort in die Registrierungsstelle. Dort ließ ich mich registrieren. Als Anerkennung für den zurückgelegten Wanderweg erhielt ich eine Urkunde. Diese Urkunde, und auch die Urkunde vom Olavsweg in Norwegen, werde ich bei passender Gelegenheit einrahmen und gut sichtbar in meiner Wohnung aufhängen. Schließlich soll jeder, der mich besucht, sehen, was ich leistete.

Gegen Mittag war alles erledigt und ich konnte die Heimreise antreten.

Abreise

Die Abreise war unproblematisch.

Nachdem ich mich von meinen Wanderfreunden verabschiedete, bin ich mit dem nächsten Taxi zum Flughafen von Santiago de Compostela gefahren.

Santiago de Compostela hat einen relativ modernen Flughafen. Als abzusehen war, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit ich in Santiago de Compostela ankommen würde, buchte ich sehr kurzfristig (2 Tage vorher) meinen Rückflug. Dabei suchte ich speziell nach Direktflügen. Über den Flughafen Frankfurt (Hahn) und einem Mietwagen bin ich dann in strömenden Regen nach Hause gefahren. Alles ist pünktlich verlaufen

Statistik

Streckenlänge gesamt...                       1001 km
…davon Teil 1 Sevilla-Salamanca          516 km
…davon Teil 2 Salamanca-Santiago      485 km

Tagesetappen gesamt...                           38
…davon <   15 km                                      1

...davon  >= 15 km und < 30 km               26
…davon >= 30 km                                    11

Tagesetappen Teil 1...                               19
…davon Sonnentage                                11
…davon Regentage                                   8
…davon Ruhetage                                     0

Tagesetappen Teil 2...                              19
…davon Sonnentage                                 9
…davon Regentage                                 10
…davon Ruhetage                                     0        

Tagesdurchschnitt gesamt...                    26,3 km/Tag
…davon Tagesdurchschnitt Teil 1            27,2 km/Tag
…davon Tagesdurchschnitt Teil 2            25,5 km/Tag

Übernachtungen in Herbergen                38
Übernachtungen im Zelt/Tarp                    0  

Tracks, Wegpunkte und Bilder

Wie immer gibt es am Ende des Berichts noch einen Hinweis auf wichtige Daten meiner Wandertour. Das sind vor allem meine eigenen Tracks und Wegpunkte, die ich zur Navigation verwendete.

Auf der rechten Seite meines Blogs befindet sich das Tourenverzeichnis. Hinter der Zeichenkette "GPX" versteckt sich in den meisten Fällen ein Link, der den direkten Download meiner Tracks und Wegpunkte erlaubt.

     WT001_ES_Jakobsweg_Via_de_la_Plata_Tracks.gpx

Zum Schluss sind hier noch einige Bilder, die die schönsten Momente dieser Wanderung festhalten.
Der Link verzweigt in ein GoogleDrive-Verzeichnis.
 
     WT001_ES_Jakobsweg_Via_de_la_Plata_Teil2_Bilder
 

Zusätzlich befindet sich auf der rechten Seite meines Blogs im Tourenverzeichnis die Zeichenkette "Bilder", hinter der sich ebenfalls ein Link zu den Bildern dieser Wandertour befindet.

Fazit

Zusammenfassend muss ich feststellen, dass der Jakobsweg Via de la Plata in Spanien ein sehr schöner Wanderweg ist. Es gibt zwar einige Straßenkilometer zu bewältigen, aber dafür gibt es als Ausgleich viele andere schöne Wegstrecken.

Das Netz der Herbergen ist vorzüglich ausgebaut, im Norden noch dichter als im Süden von Spanien.

Wettermäßig war alles dabei, was es so gibt. Dafür hatte ich mir aber genau die beiden Zeiträume Februar/März und Oktober/November ausgesucht.

Dieser Wanderweg ist definitiv auch für den Anfänger geeignet, da er hervorragend markiert ist. Trotzdem würde ich diesen Wanderweg nie ohne ein Navigationssystem gehen. Das ist meine ganz persönliche Meinung. Es gibt immer wieder Situationen, vor allem in den größeren Ortschaften oder Städten, wo die Wegmarkierungen teilweise unvollständig sind oder sogar fehlen. In den meisten Orten ist das vorbildlich. Es gibt aber auch Orte, wo die Markierungen teilweise oder sogar ganz fehlen.

Versorgungstechnisch ist dieser Wanderweg kein Problem. Lediglich die Wasserversorgung muss beachtet werden. Öffentliche Wasserentnahmestellen, die Trinkwasser enthalten, gibt es so gut wie nicht. Deshalb ist es wichtig, dass man sich vor dem Antritt einer Tagesetappe ausreichend mit Wasser versorgt. Ich habe immer 1,5 bis 2 Liter Wasser in den Seitenaschen des Rucksacks, ungeachtet der Tatsache, dass in den Bars, die am Wegesrand liegen, eine Wasserversorgung immer problemlos möglich ist.

Als Wanderführer kann ich das Buch aus der OUTDOOR-Reihe, Band 116, des Conrad-Stein-Verlags, Spanien: Jakobsweg Via de la Plata, Mozarabischer Jakobsweg, empfehlen. Es enthält alle wichtigen Informationen, die für eine Orientierung erforderlich sind.

Einziger Kritikpunkt aus meiner Sicht ist, dass von einigen Herbergen nicht die genaue Adresse angegeben ist. Das macht die Suche nach diesen Herbergen manchmal unnötig kompliziert. Auch die integrierten Karten sind dafür wenig hilfreich, da der Maßstab zu grob ist. Andere Reiseführer besitzen definitiv bessere Karten.

Die Anreise nach Sevilla ist per Direktflug von Berlin (Schönefeld) aus möglich. Ebenso die Abreise per Direktflug von Santiago de Compostela nach Frankfurt (Hahn).

Buen Camino

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