Anfang Juli 2023 waren wir zu einem einwöchigen Familien-Urlaub an
der Nordsee in der Ortschaft Dornumersiel.
In dieser Woche entschieden wir uns ganz kurzfristig an einer Wattwanderung teilzunehmen. Das wollte ich schon immer mal tun. Jetzt war die Gelegenheit dazu.
In dieser Woche entschieden wir uns ganz kurzfristig an einer Wattwanderung teilzunehmen. Das wollte ich schon immer mal tun. Jetzt war die Gelegenheit dazu.
Wir suchten uns für die Wattwanderung
von der Ortschaft Nessmersiel zur Insel Baltrum den Wattfüher
Joachim Pommerening
aus. Nach einer telefonischen Anmeldung mussten noch einige organisatorische
Dinge geklärt werden. Das war einmal der genaue Treffpunkt am Hafen von
Nessmersiel neben dem Spülbecken und dann der Zeitpunkt (Mittwoch,
Startzeit 11:45 Uhr) der Wattwanderung.
Dann erhielten wir noch einige Hinweise für Kleidung und Ausrüstung.
Ganz besonderes Augenmerk wurde dabei auf das Schuhwerk gelegt. Feste
Schuhe (Wanderschuhe, Turnschuhe usw) können durchaus benutzt werden. Aber
der Wattführer hat davon abgeraten, weil die festen Schuhe im zähen Schlick
steckenbleiben können. Wenn sie dann nicht besonders fest geschnürt sind,
kann es durchaus passieren, dass der Schlick die festen Schuhe einfach von
den Füßen zieht. Die ganz klare Empfehlung des Wattführers sind
Surfschuhe, wie er sie selber nutzt, oder sogenannte
„Beachies“.
Beachies haben eine dicke Gummisohle (siehe Bild 2), die auch den
messerscharfen Kanten der Muscheln standhalten und werden wie Strümpfe
(siehe Bild 3) angezogen.
Wichtig ist außerdem dem zu erwartenden Wetter angepasste Kleidung
(Regenjacke, evtl. ein Pullover), kurze Hose, trockene
Ersatzkleidung, sowie Schuhe für die Insel. Das alles verpackt
mit Getränken und Nahrung in einem kleinen Rucksack, reicht für die
Wattwanderung vollkommen aus.
Zur Ausrüstung sollten auch unbedingt einige Plastiktüten gehören.
Einmal für die
Ersatzkleidung, später dann für die bei der Wattwanderung gebrauchte
Kleidung, wenn sie nass geworden ist. Auch für „Mitbringsel“, wie Muscheln
usw., ist eine Plastiktüte sinnvoll.
Ein kleines Handtuch rundet die Ausrüstung ab.
Nach der Begrüßung durch den Wattführer Joachim und der genauen Zählung der
Teilnehmer (wir waren 28) konnte es endlich losgehen.
Im Gänsemarsch, vorbei am Spülbecken, ging es durch die
Salzwiesen
an den Rand des Wattenmeeres.
Das Spülbecken, das auf der Karte sehr gut als kleiner See neben dem Hafen
zu erkennen ist, hat eine besondere Bedeutung. Durch Ebbe und Flut kam es im
Hafen von Nessmersiel in der Vergangenheit zu Versandungsproblemen, die in
regelmäßigen Abständen durch Bagger beseitigt werden mussten. Das führte zu
enormen Kosten. Um dieses Problem zu lösen, wurde das Spülbecken zwischen
dem Sommer- und Hauptdeich mit einem Fassungsvermögen von ca. 100000
Kubikmeter angelegt. Mit dem im Spülbecken aufgestauten Wasser, wird der
Nessmersiel (=Hafen von Nessmersiel) durch regelmäßige Spülungen mit dem
aufgestauten Wasser freigehalten. Baggerarbeiten sind dadurch nicht mehr
erforderlich. Diese geniale Lösung des Versandungsproblems ist so
erfolgreich, dass sich andere Gemeinden mit ähnlichen Problemen, immer
wieder die Lösung von Nessmersiel ansehen.
Das Wetter sah ja beim Start nicht sehr vielversprechend aus (siehe
Bild 1). Dicke graue Wolken hingen über dem Hafen von Nessmersiel und
der Insel Baltrum. Aber beim Blick auf die Wetter-App meines Handys war ich
beruhigt. Die grauen Wolken zogen in Richtung Nordosten ab.
Für eine erfolgreiche Wattwanderung spielt das zu erwartende Wetter eine
entscheidende Rolle. Ursprünglich hatten wir geplant die Wattwanderung am
Donnerstag durchzuführen. Aber kurzfristig änderten wir unsere Pläne und
führten die Wattwanderung am Mittwoch durch. Am Mittwochabend erhielten wir
die telefonische Mitteilung, dass alle Wattwanderungen für den Donnerstag
wegen des Wetters (Gewitter und starker Wind) abgesagt worden. In der
Mitteilung stand auch, dass an diesem Tag für unsere Wattwanderung vom Hafen
Nessmersiel zur Insel Baltrum mit Wassertiefen bis zum Bauchnabel gerechnet
werden müsste.
Gleich zum Start erklärte uns der Wattführer, dass wir heute vier Gewässer
(Priele und Wasserflächen) durchqueren müssen. Eins wäre so tief, dass das
Wasser bis an den Schritt heranreichen würde. Deshalb die
kurzen Hosen, die nass werden könnten.
Eine besondere Rolle spielt auch der Wind. Kommt er aus südöstlicher
Richtung, wird das Wasser aus den Prielen herausgedrückt. Kommt er
aus dem Westen, wie bei unserer Wattwanderung, wird das Wasser in die Priele
hineingedrückt und erhöht dort den Wasserstand über den dort üblichen
Wasserstand.
Priele, das zur Erklärung,
sind Wasserläufe im Watt, die sich bis in die
Salzwiesen hineinziehen. Sie sind auch bei Ebbe mit Wasser
gefüllt und können somit Tieren, die das Trockenfallen nicht vertragen, die
Zeit bis zur nächsten Flut erträglich gestalten.
Am Rand des Wattenmeeres zeigte uns Wattführer Joachim einige pflanzliche
Überlebenskünstler des Wattenmeeres. Diese Pflanzen sind ideal an die
Lebensbedingungen im Wattenmeer, speziell an Ebbe und Flut, angepasst. Eine
Pflanze diente sogar in den letzten Jahrhunderten als Nahrung für die ärmere
Bevölkerung.
Die ersten Schritte im Wattenmeer werden nicht einfach sein. Darauf wies
uns Wattführer Joachim hin. In diesem Bereich ist es durch abgestorbene und
verwesende Pflanzen besonders schlammig. Die ersten Schritte sollten daher
vorsichtig und mit Bedacht gesetzt werden.
Gelegentlich sinkt man bis über die Schuhe (oder Beachies) im Schlick ein.
Der Rat von Wattfüher Joachim war, nicht stehenbleiben, wenn es geht immer
in Bewegung bleiben.
Nach der Überwindung des Schlick-Bereichs, der sich über einige hundert
Meter erstreckte, wurde der Untergrund sandiger und ließ sich dadurch
einfacher begehen.
Unterwegs sammelten einige Teilnehmer Muscheln. Manche versuchten
Wattwürmer ausfindig zu machen. Das war aber nicht so einfach.
Wattführer Joachim erklärte uns die Lebensweise der Wattwürmer und machte
uns auf eine besondere Muschelart aufmerksam, die aus Nordamerika stammt und
sich in den letzten Jahrzehnten invasiv in der Nordsee ausgebreitet hat.
Diese Muschelart hat extrem scharfe Kanten, die bei falschem Schuhwerk
schlimme Schnittverletzungen hervorrufen können.
Während einer Pause erklärte uns Wattführer Joachim, welche zusätzliche
Notfallausrüstung er in seinem Rucksack trägt.
Da nannte er zuerst einen Kompass. Wir hatten mittlerweile
Sonnenschein mit leichter Bewölkung. Die Gewitterwolken waren verschwunden.
Vor Beginn einer Wattwanderung „nordet“ er seinen Kompass immer ein. Dann
läuft er selbst bei Sonnenschein nach Marschrichtungszahl. Er erklärte auch,
warum er das macht. Bei einer Wattwanderung kann innerhalb von Minuten
urplötzlich Nebel aufziehen, so dass die Sichtweite auf weniger als 10 Meter
sinken kann. Da ist ein Kompass zur Orientierung unerlässlich.
Die Maximalanzahl der Teilnehmer für eine Wattwanderung beträgt 30
Teilnehmer. Bei Nebel nimmt er die Teilnehmer an ein Seil, das er
immer im Rucksack mitführen muss. Das Seil ist 30 Meter lang, also
hat jeder Teilnehmer ca. 1 Meter Platz am Seil.
Auch ein Satellitentelefon gehört in seinen Rucksack. Für den
Ernstfall, wenn eine Rettungsmannschaft gerufen werden muss, ist das mitten
im Wattenmeer unerläßlich. Ein normales Handy reicht da nicht aus, selbst
wenn Empfang bestehen sollte.
Zu seiner Notfallausrüstung gehört auch noch eine Signalpfeife, ein
Feuerzeug und natürlich ein 1-Hilfe-Paket. Ob zu der
Notfallausrüstung auch noch Signalraketen für die Ortung von
Verletzten gehören, kann ich nicht mehr genau sagen. Aber denkbar wäre das,
wenn man bei Nebel von den Rettungsmannschaften gesehen werden
will.
Diese Notfallausrüstung wird bei der Ankunft auf der Insel Baltrum von der
Wasserschutzpolizei gelegentlich kontrolliert. Bei schwerwiegenden
Verfehlungen kann er sogar seine Lizenz verlieren. Auch die Maximalanzahl
der Teilnehmer von 30 muss streng eingehalten werden.
Nach der Pause ging es weiter und wir erreichten eine der vier
Wasserstellen, die wir heute durchqueren mussten.
Dieser Priel war an diesem Tag, wetterbedingt durch den Wind, der
tiefste Priel, der zu überwinden war. Wattführer Joachim ging voraus,
wir blieben am Rand des Priels stehen. Mit einem Wanderstock sondierte er
bei jedem Schritt die Tiefe des Priels. Auch die Bodenbeschaffenheit,
Schlick oder Sand, konnte er so prüfen. Am anderen Ufer des Priels
angekommen, zeigte uns der Wattführer an, wo wir den Priel gefahrlos
passieren konnten. Bei manchen Teilnehmern reichte das Wasser bis in den
Schritt.
Die nächste Wasserstelle war wesentlich größer als der letzte Priel,
aber nicht ganz so tief.
Nachdem wir auch diese Wasserstelle problemlos passieren konnten, begann
der „angenehme“ Teil der Wattwanderung. So hatte es Wattfüher Joachim beim
Start der Wattwanderung formuliert. Ab jetzt bewegten wir uns nur noch auf
sandigem Untergrund, durchsetzt mit kleineren oder größeren „Pfützen“, so
will ich das mal bezeichnen.
Unsere Richtung war jetzt der Hafen von Baltrum, der immer näher kam.
Gegen 14:30 Uhr erreichten wir wohlbehalten die Insel Baltrum in der
Nähe des Hafens. Dort reinigten wir uns und die Beachies und wechselten die
Kleidung. In einem Imbiss am Hafen verteilte Wattführer Joachim noch eine
Urkunde
an jeden Teilnehmer.
Wer wollte, konnte mit der Fähre sofort nach Nessmersiel
zurückfahren.
Wir nutzten die Gelegenheit für eine Erkundung der Insel Baltrum und
gönnten uns noch das eine oder andere Getränk am Strand.
Mit der letzten Fähre gegen 18:30 Uhr verließen wir die Insel Baltrum in
Richtung der Ortschaft Nessmersiel.
Als Fazit kann ich festhalten, dass das eine hochinteressante
Wandertour war.
Wenn man es sich genau überlegt, sind wir auf dem Meeresgrund gelaufen.
Einen Track habe ich zwar erstellt. Der dient aber nur zur
Darstellung des Wegeverlaufs in der obigen Karte. Auf der Karte habe ich in
Gedanken nachvollzogen, wie wir gelaufen sind.
Auch eine POI-Liste wird fehlen.
Wegen des familiären Charakters der Wandertour wird es auch keinen Link zu
weiteren Bildern geben.
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