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12 Juli 2023

Wattwanderung von Nessmersiel zur Insel Baltrum (Deutschland, 7 km)

 
Anfang Juli 2023 waren wir zu einem einwöchigen Familien-Urlaub an der Nordsee in der Ortschaft Dornumersiel.

In dieser Woche entschieden wir uns ganz kurzfristig an einer Wattwanderung teilzunehmen. Das wollte ich schon immer mal tun. Jetzt war die Gelegenheit dazu.
 
Wir suchten uns für die Wattwanderung von der Ortschaft Nessmersiel zur Insel Baltrum den Wattfüher Joachim Pommerening aus. Nach einer telefonischen Anmeldung mussten noch einige organisatorische Dinge geklärt werden. Das war einmal der genaue Treffpunkt am Hafen von Nessmersiel neben dem Spülbecken und dann der Zeitpunkt (Mittwoch, Startzeit 11:45 Uhr) der Wattwanderung.
 
Bild 1: Treffpunkt am Hafen von Nessmersiel
 
Dann erhielten wir noch einige Hinweise für Kleidung und Ausrüstung.
 
Ganz besonderes Augenmerk wurde dabei auf das Schuhwerk gelegt. Feste Schuhe (Wanderschuhe, Turnschuhe usw) können durchaus benutzt werden. Aber der Wattführer hat davon abgeraten, weil die festen Schuhe im zähen Schlick steckenbleiben können. Wenn sie dann nicht besonders fest geschnürt sind, kann es durchaus passieren, dass der Schlick die festen Schuhe einfach von den Füßen zieht. Die ganz klare Empfehlung des Wattführers sind Surfschuhe, wie er sie selber nutzt, oder sogenannte „Beachies“.
 
Bild 2: Beachies

Bild 3: Beachies an den Füßen

Beachies haben eine dicke Gummisohle (siehe Bild 2), die auch den messerscharfen Kanten der Muscheln standhalten und werden wie Strümpfe (siehe Bild 3) angezogen.
 
Wichtig ist außerdem dem zu erwartenden Wetter angepasste Kleidung (Regenjacke, evtl. ein Pullover), kurze Hose, trockene Ersatzkleidung, sowie Schuhe für die Insel. Das alles verpackt mit Getränken und Nahrung in einem kleinen Rucksack, reicht für die Wattwanderung vollkommen aus.
 
Zur Ausrüstung sollten auch unbedingt einige Plastiktüten gehören. Einmal für die 
Ersatzkleidung, später dann für die bei der Wattwanderung gebrauchte Kleidung, wenn sie nass geworden ist. Auch für „Mitbringsel“, wie Muscheln usw., ist eine Plastiktüte sinnvoll.
 
Ein kleines Handtuch rundet die Ausrüstung ab.
 
Nach der Begrüßung durch den Wattführer Joachim und der genauen Zählung der Teilnehmer (wir waren 28) konnte es endlich losgehen.
 
Im Gänsemarsch, vorbei am Spülbecken, ging es durch die Salzwiesen
 
Bild 4: Im Gänsemarsch durch die Salzwiesen
 
an den Rand des Wattenmeeres.
 
Das Spülbecken, das auf der Karte sehr gut als kleiner See neben dem Hafen zu erkennen ist, hat eine besondere Bedeutung. Durch Ebbe und Flut kam es im Hafen von Nessmersiel in der Vergangenheit zu Versandungsproblemen, die in regelmäßigen Abständen durch Bagger beseitigt werden mussten. Das führte zu enormen Kosten. Um dieses Problem zu lösen, wurde das Spülbecken zwischen dem Sommer- und Hauptdeich mit einem Fassungsvermögen von ca. 100000 Kubikmeter angelegt. Mit dem im Spülbecken aufgestauten Wasser, wird der Nessmersiel (=Hafen von Nessmersiel) durch regelmäßige Spülungen mit dem aufgestauten Wasser freigehalten. Baggerarbeiten sind dadurch nicht mehr erforderlich. Diese geniale Lösung des Versandungsproblems ist so erfolgreich, dass sich andere Gemeinden mit ähnlichen Problemen, immer wieder die Lösung von Nessmersiel ansehen. 
 
Das Wetter sah ja beim Start nicht sehr vielversprechend aus (siehe Bild 1). Dicke graue Wolken hingen über dem Hafen von Nessmersiel und der Insel Baltrum. Aber beim Blick auf die Wetter-App meines Handys war ich beruhigt. Die grauen Wolken zogen in Richtung Nordosten ab. 
 
Für eine erfolgreiche Wattwanderung spielt das zu erwartende Wetter eine entscheidende Rolle. Ursprünglich hatten wir geplant die Wattwanderung am Donnerstag durchzuführen. Aber kurzfristig änderten wir unsere Pläne und führten die Wattwanderung am Mittwoch durch. Am Mittwochabend erhielten wir die telefonische Mitteilung, dass alle Wattwanderungen für den Donnerstag wegen des Wetters (Gewitter und starker Wind) abgesagt worden. In der Mitteilung stand auch, dass an diesem Tag für unsere Wattwanderung vom Hafen Nessmersiel zur Insel Baltrum mit Wassertiefen bis zum Bauchnabel gerechnet werden müsste.
 
Gleich zum Start erklärte uns der Wattführer, dass wir heute vier Gewässer (Priele und Wasserflächen) durchqueren müssen. Eins wäre so tief, dass das Wasser bis an den Schritt heranreichen würde. Deshalb die kurzen Hosen, die nass werden könnten.
 
Eine besondere Rolle spielt auch der Wind. Kommt er aus südöstlicher Richtung, wird das Wasser aus den Prielen herausgedrückt. Kommt er aus dem Westen, wie bei unserer Wattwanderung, wird das Wasser in die Priele hineingedrückt und erhöht dort den Wasserstand über den dort üblichen Wasserstand.
 
Priele, das zur Erklärung,
 
Bild 5: Kleiner und flacher Priel
 
sind Wasserläufe im Watt, die sich bis in die Salzwiesen hineinziehen. Sie sind auch bei Ebbe mit Wasser gefüllt und können somit Tieren, die das Trockenfallen nicht vertragen, die Zeit bis zur nächsten Flut erträglich gestalten.
 
Am Rand des Wattenmeeres zeigte uns Wattführer Joachim einige pflanzliche Überlebenskünstler des Wattenmeeres. Diese Pflanzen sind ideal an die Lebensbedingungen im Wattenmeer, speziell an Ebbe und Flut, angepasst. Eine Pflanze diente sogar in den letzten Jahrhunderten als Nahrung für die ärmere Bevölkerung.
 
Die ersten Schritte im Wattenmeer werden nicht einfach sein. Darauf wies uns Wattführer Joachim hin. In diesem Bereich ist es durch abgestorbene und verwesende Pflanzen besonders schlammig. Die ersten Schritte sollten daher vorsichtig und mit Bedacht gesetzt werden.
 
Bild 6: Die ersten Schritte im Wattenmeer
 
Gelegentlich sinkt man bis über die Schuhe (oder Beachies) im Schlick ein. Der Rat von Wattfüher Joachim war, nicht stehenbleiben, wenn es geht immer in Bewegung bleiben.
 
Nach der Überwindung des Schlick-Bereichs, der sich über einige hundert Meter erstreckte, wurde der Untergrund sandiger und ließ sich dadurch einfacher begehen.
 
Unterwegs sammelten einige Teilnehmer Muscheln. Manche versuchten Wattwürmer ausfindig zu machen. Das war aber nicht so einfach. Wattführer Joachim erklärte uns die Lebensweise der Wattwürmer und machte uns auf eine besondere Muschelart aufmerksam, die aus Nordamerika stammt und sich in den letzten Jahrzehnten invasiv in der Nordsee ausgebreitet hat. Diese Muschelart hat extrem scharfe Kanten, die bei falschem Schuhwerk schlimme Schnittverletzungen hervorrufen können.
 
Während einer Pause erklärte uns Wattführer Joachim, welche zusätzliche Notfallausrüstung er in seinem Rucksack trägt.  
 
Da nannte er zuerst einen Kompass. Wir hatten mittlerweile Sonnenschein mit leichter Bewölkung. Die Gewitterwolken waren verschwunden. Vor Beginn einer Wattwanderung „nordet“ er seinen Kompass immer ein. Dann läuft er selbst bei Sonnenschein nach Marschrichtungszahl. Er erklärte auch, warum er das macht. Bei einer Wattwanderung kann innerhalb von Minuten urplötzlich Nebel aufziehen, so dass die Sichtweite auf weniger als 10 Meter sinken kann. Da ist ein Kompass zur Orientierung unerlässlich.
 
Die Maximalanzahl der Teilnehmer für eine Wattwanderung beträgt 30 Teilnehmer. Bei Nebel nimmt er die Teilnehmer an ein Seil, das er immer im Rucksack mitführen muss. Das Seil ist 30 Meter lang, also hat jeder Teilnehmer ca. 1 Meter Platz am Seil.
 
Auch ein Satellitentelefon gehört in seinen Rucksack. Für den Ernstfall, wenn eine Rettungsmannschaft gerufen werden muss, ist das mitten im Wattenmeer unerläßlich. Ein normales Handy reicht da nicht aus, selbst wenn Empfang bestehen sollte.
 
Zu seiner Notfallausrüstung gehört auch noch eine Signalpfeife, ein Feuerzeug und natürlich ein 1-Hilfe-Paket. Ob zu der Notfallausrüstung auch noch Signalraketen für die Ortung von Verletzten gehören, kann ich nicht mehr genau sagen. Aber denkbar wäre das, wenn man bei Nebel von den Rettungsmannschaften gesehen werden will. 
 
Diese Notfallausrüstung wird bei der Ankunft auf der Insel Baltrum von der Wasserschutzpolizei gelegentlich kontrolliert. Bei schwerwiegenden Verfehlungen kann er sogar seine Lizenz verlieren. Auch die Maximalanzahl der Teilnehmer von 30 muss streng eingehalten werden.
 
Nach der Pause ging es weiter und wir erreichten eine der vier Wasserstellen, die wir heute durchqueren mussten.
 
Bild 7: Großer und tiefer Priel
 
Dieser Priel war an diesem Tag, wetterbedingt durch den Wind, der tiefste Priel, der zu überwinden war. Wattführer Joachim ging voraus, wir blieben am Rand des Priels stehen. Mit einem Wanderstock sondierte er bei jedem Schritt die Tiefe des Priels. Auch die Bodenbeschaffenheit, Schlick oder Sand, konnte er so prüfen. Am anderen Ufer des Priels angekommen, zeigte uns der Wattführer an, wo wir den Priel gefahrlos passieren konnten. Bei manchen Teilnehmern reichte das Wasser bis in den Schritt.
 
Die nächste Wasserstelle war wesentlich größer als der letzte Priel,
 
Bild 8: Kleiner See
 
aber nicht ganz so tief.
 
Nachdem wir auch diese Wasserstelle problemlos passieren konnten, begann der „angenehme“ Teil der Wattwanderung. So hatte es Wattfüher Joachim beim Start der Wattwanderung formuliert. Ab jetzt bewegten wir uns nur noch auf sandigem Untergrund, durchsetzt mit kleineren oder größeren „Pfützen“, so will ich das mal bezeichnen.
 
Unsere Richtung war jetzt der Hafen von Baltrum, der immer näher kam.
 
Gegen 14:30 Uhr erreichten wir wohlbehalten die Insel Baltrum in der Nähe des Hafens. Dort reinigten wir uns und die Beachies und wechselten die Kleidung. In einem Imbiss am Hafen verteilte Wattführer Joachim noch eine Urkunde
 
Bild 9: Teilnehmerurkunde
 
an jeden Teilnehmer.
 
Wer wollte, konnte mit der Fähre sofort nach Nessmersiel zurückfahren.
 
Bild 10: Abschluss der Wattwanderung
 
Wir nutzten die Gelegenheit für eine Erkundung der Insel Baltrum und gönnten uns noch das eine oder andere Getränk am Strand.
 
Mit der letzten Fähre gegen 18:30 Uhr verließen wir die Insel Baltrum in Richtung der Ortschaft Nessmersiel.
 
Als Fazit kann ich festhalten, dass das eine hochinteressante Wandertour war.
 
Wenn man es sich genau überlegt, sind wir auf dem Meeresgrund gelaufen.
 
Einen Track habe ich zwar erstellt. Der dient aber nur zur Darstellung des Wegeverlaufs in der obigen Karte. Auf der Karte habe ich in Gedanken nachvollzogen, wie wir gelaufen sind.  
 
Auch eine POI-Liste wird fehlen.
 
Wegen des familiären Charakters der Wandertour wird es auch keinen Link zu weiteren Bildern geben.

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