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16 April 2023

Kellerwaldsteig (Deutschland, 165 km)

In den letzten Jahren musste ich verletzungsbedingt zwei Wandertouren (Das Grüne Band (1196 km, Mai/Juni 2021) und Deutschland der Länge nach (1145 km, September/Oktober 2022)) vorzeitig beenden. Beim Grünen Band zwangen mich Knieprobleme zum Abbruch. Bei Deutschland der Länge nach war es eine Plantarfasziitis (Selbstdiagnose). Beide Verletzungen entstanden meiner Meinung nach durch eine Überlastung.

Das Überlastungsproblem verfolgt mich schon seit mehreren Jahren. Schuld daran ist das hohe Tempo auf meinen Tagesetappen. Ich weiß das, aber ich kann irgendwie nicht aus meiner Haut. Wandertouren, egal wie lang, sind für mich trotz meines Alters auch immer eine sportliche Herausforderung.

Deshalb probierte ich in den letzten Jahren verschieden Szenarien in der Vorbereitung auf eine Langstreckenwanderung aus. Trotzdem hatte ich immer wieder die genannten Probleme.

In meiner Not sprach ich einmal mit einem Triathleten. Dem schilderte ich meine Probleme. Er riet mir die Vorbereitung auf eine Langstreckenwanderung nach einem Periodischen Trainingsplan zu gestalten. Im Menüpunkt Fragen/Themen beschrieb ich im Thema-E7 vom Januar 2023 (Periodischer Trainingsplan - Vorbereitung auf eine Langstreckenwanderung) dieses Trainingskonzept. Ausgelegt ist der Trainingsplan auf eine durchschnittliche Tagesetappenlänge von 25 km, was für mich, resultierend aus den Erfahrungen zu meinen bisherigen Langstreckenwandertouren, ein sehr guter Wert ist.

Weil ich im April und /oder Mai 2023 das Wanderjahr 2023 beginnen wollte, realisierte ich von Januar bis März 2023 in 12 Wochen den von einem Triathleten erstellten und von mir leicht modifizierten Periodischen Trainingsplan. In dieser Zeit verlor ich 7 kg Körpergewicht. Nach den 12 Wochen fühlte ich mich topfit.

Weil ich trotz dieses enormen Trainingspensums (ca. 1000 km in 12 Wochen, also jeden Tag im Winter und bei jedem Wetter ca. 10 km) noch skeptisch war, suchte ich mir für den Jahresstart eine Mehrtageswanderung, den

     Kellerwaldsteig (165 km),

aus.
 
 
Bild 1: Markierung Kellerwaldsteig

Der Kellerwaldsteig liegt im östlichsten Teil des Rheinischen Schiefergebirges.

Ich war unheimlich gespannt, wie es mir auf dieser Wandertour ergehen würde. Beim Wandertempo wollte ich mich nicht einschränken und ordentlich „Gas geben“.

Als Startort hatte ich mir die Ortschaft Bad Wildungen ausgesucht. Der Ort besitzt einen Bahnhof.

Bei der Planung der Anreise spielte der Bahnhof in Bad Wildungen nur eine untergeordnete Rolle, wie ich zu meiner Überraschung feststellen musste.

Über die Stationen

     -Halle (Hbf) (von Schochwitz mit dem Bus),
     -Leinefelde (von Halle mit dem Zug),
     -Kassel-Wilhelmshöhe (von Leinefelde mit dem Zug)
     -Bad Wildungen (von Kassel-Wilhelmshöhe mit dem Bus)

reiste ich am 18.April nach Bad Wildungen. Trotz der manchmal sehr knappen Umstiegszeiten, verlief die Anreise sehr pünktlich. Am Bahnhof in Bad Wildungen stieg ich gegen 14:30 Uhr aus dem Bus. Dort musste ich feststellen, dass es zwar einen Bahnhof gab, aber der Bahnhof war offensichtlich nicht mehr in Betrieb. Ob es einen Ort gegeben hätte, wo ich mit dem Zug anreisen könnte, habe ich im Nachhinein nicht überprüft. Wer weiß, vielleicht gibt es diesen Ort am Kellerwaldsteig.

Nach der Ankunft „rüstete“ ich meinen Rucksack vom Reisemodus in den Wandermodus um. Dann konnte gegen 15 Uhr das Wanderabenteuer beginnen.

Der Anreisetag ist auf meinen letzten Wandertouren gleichzeitig auch der 1.Tag der Wandertour gewesen. Diesmal war das auch so. Auf der Suche nach einem geeigneten Übernachtungsplatz musste ich daher unbedingt noch die Stadt verlassen.

Mit Lebensmitteln hatte ich mich schon zuhause versorgt, so dass ich sofort die Stadt verlassen konnte. Der Kellerwaldsteig beginnt etwa 4 km vom Bahnhof in Bad Wildungen entfernt in der Nähe der Ortschaft Odershausen.

Nach weiteren 4 km auf dem Kellerwaldsteig erreichte ich eine sehr schöne Schutzhütte.
 
Bild 2: Schutzhütte an der Jägersburg

Die Nächte sollten nach der Wettervorhersage noch ziemlich kalt werden, so dass ich diese Schutzhütte als willkommene Gelegenheit für eine Übernachtung ansah. Da musste ich nicht lange überlegen. Die Schutzhütte war groß und geräumig und vom Wanderweg nicht gleich einzusehen.

Am 2.Tag war ich fast den ganzen Tag auf gut begehbaren Forstwegen unterwegs.

Bild 3: Süntel-Buche

Dort konnte ich in einem Wald ganz spezielle Buchen, die Süntel-Buchen, bewundern. Süntel-Buchen beeindrucken durch ihre verdrehten, verkrüppelten, miteinander verwachsenen Äste und ihre sehr kurzen, drehwüchsigen Stämme.

Auffällig waren hier auch die vielen Bänke am Wanderweg, speziell in der Umgebung der Ortschaften.
 
Bild 4: Bank mit Sonnenschutzdach

Nach ca. 20 km passierte ich die Ortschaft Bad Zwesten, wo es gute Versorgungsmöglichkeiten gegeben hätte. Natürlich machte ich auch einen Abstecher zum örtlichen Bäcker.

Am Kellerwaldturm,
 
Bild 5: Kellerwaldturm
 
den ich über einen langen Anstieg erreichte, legte ich eine kurze Rast ein. Dort gab es auch eine Schutzhütte, die ich für eine Übernachtung hätte nutzen können. Aber 25 km waren mir für den 2.Tag zu wenig Strecke. Also ging ich weiter, ohne zu wissen, wo ich die nächste Nacht verbringen sollte.

Nach ca. 30 km begann ich mit der Schlafplatzsuche. Aber das war nicht so einfach, wie sich herausstellen sollte. Ich fand erstmal keinen geeigneten Übernachtungsplatz für mein Tarp. Auf den Wiesen an den Waldrändern, meinen bevorzugten Übernachtungsplätzen, standen überall Jägerhochstände. Zusätzlich befand ich mich in einem Naturschutzgebiet, wo das Wildcampen bestimmt nicht gerne gesehen wird.

Dann fing es noch an leicht zu regnen. In meiner Not verkroch ich mich in einer alten verfallenen Scheune am Wegesrand, die kurz vor der Ortschaft Densberg stand.
 
Bild 6: Alte verfallene Scheune

Die Scheune war leer und dem Zusammenbruch nahe. Ein größerer Sturm durfte da über Nacht nicht aufziehen. Zum Glück war sie einigermaßen regendicht. Dort schaffte ich mir einen Liegeplatz, indem ich allerlei Gerümpel wegräumte. Eine alte Plastikplane fand ich auch noch, die mir als Unterlage diente. Trotzdem konnte ich sehr gut schlafen, obwohl es in der Nacht Temperaturen nahe 0°C gab.

In der Nacht hatte es geregnet, wovon ich aber nichts bemerkte.

Am Morgen des 3.Tages war es relativ kühl, so dass ich am Vormittag zeitweise an die Finger fror.

Mit Überraschung musste ich feststellen, dass es hinter der Ortschaft Densberg gleich kurz hintereinander zwei richtige Schutzhütten gab. Dort hätte ich auch gut übernachten können. Aber bei der Schlafplatzsuche verfahre ich ziemlich streng nach der Regel, dass der erstbeste Übernachtungsplatz sofort genommen wird, egal was "hintenraus" noch kommen mag.

An diesem Wandertag würde ich auch die Ortschaft Haina passieren. 
 
Bild 7: Kloster Haina aus der Ferne

Bild 8: Kloster Haina aus der Nähe
 
Dort gibt es ein großes Kloster. Von anderen Klostern weiß ich, dass es da oft ein Cafe oder sogar eine Gaststätte gibt. Darauf freute ich mich schon den ganzen Tag. Vom Kloster Haina wurde ich aber bitter enttäuscht. Das ist ein absolut trostloses Kloster. Später erklärte mir ein Einwohner, dass das kein Kloster mehr ist, sondern eine Nervenheilanstalt mit über 1000 Betten. Bei dieser Größe der Heilanstalt gibt es immer viel Besucherverkehr, wo sich ein Cafe sicherlich lohnen würde.

Das Ende der Tagesetappe hielt noch eine kleine Überraschung für mich bereit. Kurz vor dem Tagesziel, einer Schutzhütte, musste ich noch einen Hindernisstrecke überwinden.
 
Bild 9: Hindernisstrecke aus Bäumen
 
Auf einer Strecke von 1 km musste ich auf dem Weg liegende Baumstämme und Äste überwinden. Das war nicht so einfach, weil es große Bäume waren, die quer über den Weg lagen.

Auch diese Nacht verbrachte ich in einer Schutzhütte.

Am 4.Tag erreichte ich auf teilweise sehr schönen Single Trails den Edersee bei der Ortschaft Herzhausen
 
Bild 10: Single Trail

Bild 11: Edersee (=Ederstausee)
 
Dort gönnte ich mir erstmal ein üppiges Mittagessen während einer längeren Pause. Gerade als ich die Gaststätte verlassen wollte, stellte ich überrascht fest, dass auf der anderen Seite ein Pferd durch das Fenster der Gaststätte schaute. 
 
Bild 12: Wandertour mit Pferd

Verwundert rieb ich mir die Augen. Sofort kam mir die Melodie „Da steht ein Pferd auf dem Flur…“ in den Sinn.

War das eine Sinnestäuschung?

Das musste ich mir genauer ansehen. Tatsächlich stand da ein Pferd vor der Gaststätte. Meine Frage an den Besitzer des Pferdes klärte die Situation auf. Er war mit dem Pferd auf Wandertour, das war unschwer an dem Gepäck auf dem Rücken des Pferdes zu erkennen. Auf meine Frage, wo er übernachtet, antwortete der Mann, dass er auf Pferdehöfen nachfragt, die es oft am Wanderweg geben würde.

Die Nacht verbrachte ich in einem zu dieser Jahreszeit noch leerstehenden Jugendcamp unter einer großen Überdachung.
 
Bild 13: Jugendcamp mit meinem Schlafplatz

Bild 14: Schlafplatz im Jugendcamp

Am 5.Tag war ich wieder auf wunderschönen Single Trails in der Nähe des Edersees unterwegs.

Bild 15: Single Trail am Edersee
 
Überall gab es Campingplätze. Am Samstag waren auch viele Tageswanderer und Radfahrer anzutreffen. Der Edersee ist einfach eine schöne Wanderregion mitten in Deutschland. Das war an diesem Wochenende überdeutlich zu merken.

Auch die Kaffeepausen kamen nicht zu kurz.

Der Edersee ist eigentlich ein Stausee, wie man an dem Bild sehr gut erkennen kann.
 
Bild 16: Ederstausee

Durch den Stausee wurde ein einzigartiges Urlaubsgebiet geschaffen.
 
Für den 6.Tag hatte ich mir noch 25 km aufgehoben. Bis Mittag habe ich diese Strecke in einem Gewaltmarsch zurückgelegt. Geschuldet war dieses hohe Tempo dem Abreisezeitpunkt am Bahnhof in Bad Wildungen.

Immer entlang von kleinen Bächen erreichte ich schließlich den Ausgangspunkt des Kellerwaldsteigs in der Nähe der Ortschaft Odershausen.
 
Bild 17: Kleiner Bach am Wegesrand

Jetzt musste ich nur noch zum Bahnhof in Bad Wildungen.

Die Abreise erfolgte auf der selben Strecke wie die Anreise. Ohne jegliche Probleme erreichte ich mein Heimatdorf Schochwitz.

Auf dieser Wandertour hat meine Ausrüstung allen Belastungen standgehalten.

An meinem Rucksack, dem zpacks Arc Haul, gab es ein kleines Problem, das ich mit dem Reparaturset schnell beheben konnte. Langsam muss ich mir aber Gedanken machen, was mit diesem Rucksack wird. Nach 6 Jahren und mehreren tausend Kilometern gibt es doch die eine oder andere notdürftig reparierte Stelle an dem Rucksack.

Aufgefallen ist mir noch, dass es viele fließenden Gewässer von den Bergen herunter gab. Vielleicht ist das auch dem Zeitpunkt Mitte April geschuldet. So konnte ich den Wasserfilter von Grayl ausführlich testen. An dem Wasserfilter gefällt mir die einfache Bedienung. Innerhalb kürzester Zeit ist das Wasser gefiltert. Aber das Gewicht und das Packmaß sind „außerirdisch“.

Die gute Vorbereitung mit dem Periodischen Trainingsplan eines Triathleten hat sich bestens bewährt. Zu keiner Zeit hatte ich Probleme. Je nach Bedarf, so zB am letzten Tag, konnte ich ein sehr hohes Tempo gehen.

Im Mai 2023 werde ich mich an einer Langstreckenwanderung versuchen. Ins Auge habe ich Das Grüne Band, Teil 2 über 420 km gefasst, das mir nach dem verletzungsbedingten Abbruch im Juni 2021 noch fehlt. Erst dann kann ich abschließend beurteilen, was der Periodische Trainingsplan eines Triathleten gebracht hat.

Hier noch ein kleines Fazit zu dem Wanderweg:

     -der Kellerwaldsteig ist ein wunderschöner und abwechslungsreicher Wanderweg
     -der Wanderweg war über die gesamte Länge hervorragend markiert
     -der gesamte Wanderweg war überall sehr gut begehbar
     -die Versorgung stellt überhaupt kein Problem dar
     -es gibt viele Schutzhütten (eine reine Hüttentour wäre möglich)
     -um diese Jahreszeit (April) gibt es viele Wasserquellen für die Wasserversorgung

Die Gegend um den Edersee stufe ich für mich persönlich als einen weiteren Geheimtipp ein, wo es sich lohnt einen Urlaub zu verbringen.

Von mir erhält der Kellerwaldsteig eine ganz klare Empfehlung.

Kurz vor dem Ende des Berichts gibt es noch etwas Statistik in Form einer Liste der interessantesten Wegpunkte (Schutzhütten, Supermärkte usw). Jede Zeile der Liste enthält eine "geschätzte" Kilometerangabe und eine Beschreibung des Wegpunktes. Die Kilometerzählung orientiert sich dabei an der Laufrichtung.
 
 
Zusätzlich ist über den nachfolgenden Link ein Download der POI-Liste als PDF-Datei möglich.
 
Auf der rechten Seite meines Blogs befindet sich das Tourenverzeichnis. Hinter der Zeichenkette "POI" versteckt sich ebenfalls der Link zur POI-Liste.
 
Zum Abschluss gibt es noch den Link zu meinem Track. Diesmal steckt in der GPX-Datei der gesamte Track von 165 km.
Auf der rechten Seite meines Blogs befindet sich das Tourenverzeichnis. Hinter der Zeichenkette "GPX" versteckt sich ebenfalls der Link zu meinem Track.
 
Zu der ganzen Wandertour gibt es natürlich wesentlich mehr Bilder. Wer will, kann sich die Bilder in dem folgenden Link, der in ein GoogleDrive-Verzeichnis verzweigt, komplett anzeigen lassen.
 
 
Zusätzlich befindet sich auf der rechten Seite meines Blogs im Tourenverzeichnis die Zeichenkette "Bilder", hinter der sich ebenfalls ein Link zu den Bildern dieser Wandertour befindet.

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