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03 November 2023

Das Grüne Band, Teil 2 (Deutschland, 420 km)

 
Idee

Die Idee ist ganz einfach. Den 2.Teil des Grünen Bandes
 
Bild 1: Das Grüne Band

wandern und damit eine weitere Wandertour des Projektes Deutsche Langstreckenwanderungen zu den Akten legen.
 
Planung

Meine ersten Wandertouren (Mehrtages- und Langstreckenwanderungen) plante ich in Tagesetappen. Für Wandertouren um die 1000 km kamen da einige Tagesetappen zusammen. Die Praxis hat aber gezeigt, dass ich in den seltensten Fällen meine vorausgeplanten Tagesetappen einhalten konnte. Entweder machte mir die Suche nach einem Übernachtungsplatz einen Strich durch die Rechnung oder die Tagesform spielte mir einen Streich. So war ich den Tagesetappen voraus oder ich hinkte hinterher.

In den letzten Jahren bin ich daher dazu übergegangen längere Wandertouren in größeren Abschnitten, in meinem Sprachgebrauch sind das Sections, zu planen. Für den 2.Teil des Grünen Bandes hätte ich nichts planen müssen. Die alten Tagesetappen und die dazugehörenden Tracks waren noch auf meinem Smartphone.

Wegen der veränderten Planungsgewohnheiten teilte ich die 28.Tagesetappe von der Ortschaft Ulsterberg nach der Ortschaft Tannenberg an dem Punkt der Wandertour, wo ich diese wegen einer Fußverletzung abbrechen musste. Dieser Punkt war Point Alpha in der Nähe der Ortschaft Geisa.
 
Bild 2: Museum bei Point Alpha
 
Aus den Tagesetappen bis Point Alpha machte ich die erste Section der Wandertour, aus dem Rest der Tagesetappen die zweite Section über 420 km.

Das war schnell erledigt und vereinfachte die Handhabung der Tracks auf meinem Smartphone enorm. Es gab nur noch einen einzigen Track für den 2.Teil des Grünen Bandes.

Ein weiterer Punkt bei der Planung war der Zeitpunkt für die Wandertour.

Den 1.Teil des Grünen Bandes absolvierte ich von Ende Mai bis Ende Juni. Zu diesem Zeitpunkt sind die meisten Gräser und Unkräuter in vollem Wachstum und in voller Blüte. Dieser Umstand hat mir bei schwer begehbaren Kolonnenwegen große Probleme bereitet. Noch größer waren die Schwierigkeiten, wenn es regnete. Dann war ich auf den schwer passierbaren Kolonnenwegen wegen der hohen Gräser und Unkräuter von oben bis unten vollkommen durchnässt. Zusätzlich blieb der Blütenstaub an meiner nassen Kleidung und Ausrüstung hängen. Das mit dem gelben Blütenstaub an meiner Kleidung und Ausrüstung muss komisch ausgesehen haben. Mir war aber nicht zum Lachen zumute.

Diesmal wollte ich den Start-Zeitpunkt auf Anfang Mai vorverlegen. Das hat geholfen dem Hauptwachstumszeitpunkt von Gräsern und Unkräutern auf schwer passierbaren Kolonnenwegen auszuweichen.

Vorbereitung

Die verletzungsbedingten Abbrüche von einigen Wandertouren brachten mich zum Nachdenken. Ich musste in meiner Vorbereitungsroutine irgendetwas ändern. Nach langer Suche entschied ich mich für einen Periodischen Trainingsplan, den mir ein Triathlet empfahl. Im Menüpunkt Fragen Themen E7 (Periodischer Trainingsplan - Vorbereitung für eine Langstreckenwanderung) beschrieb ich den Periodischen Trainingsplan sehr genau.

Von Januar bis März 2023 bin ich bei teilweise winterlichen Bedingungen ca. 1000 km im Umkreis von 30 km meines Wohnortes Schochwitz gewandert. Im Schnitt sind das 10 km pro Tag. Nach einer kurzen Erholungsphase absolvierte ich Mitte April noch den Kellerwaldsteig (165 km) ohne jegliche Probleme. Das war der Fingerzeig, den ich für die erfolgreiche Begehung des 2.Teils des Grünen Bandes brauchte.

Anreise

Die Anreise über

     -Halle (von Schochwitz mit dem Bus) nach
     -Kassel-Wilhelmshöhe (von Halle mit dem Zug) nach
     -Hünfeld (von Kassel-Wilhelmshöhe mit dem Bus) nach
     -Point Alpha (von Hünfeld mit dem Bus)

verlief fast auf die Minute pünktlich.

Gegen 14 Uhr erreichte ich bei herrlichem Sonnenschein Point Alpha.

Strecke/Wanderung

Nach der Umrüstung meines Rucksacks vom Reisemodus in den Wandermodus war ich gegen 14:30 Uhr startbereit. Mit Lebensmitteln für mehrere Tage hatte ich mich zuhause versorgt. Meine Wasserflaschen füllte ich im geöffneten Museum am Point Alpha auf.

Die Wandertour konnte beginnen.

Dazu wollte ich am 1.Tag noch einige Kilometer schaffen, aber sofort auch nach einem guten Übernachtungsplatz suchen.

Der Kolonnenweg auf dem ersten Kilometer war sehr gepflegt und damit gut begehbar. Gesäumt wurde der Kolonnenweg in diesem Bereich von einer großen Anzahl von Metall-Skulpturen.
 
Bild 3: Metall-Skulptur

Die Qualität des Kolonnenweges auf diesem Abschnitt schreibe ich der Existenz des Museums zu. So ging es die nächsten Kilometer weiter. Nach 13 Kilometern fand ich einen Unterstand in der Nähe der Ortschaft Reinhards, wo ich übernachtete und die „unfreundliche“ Begegnung mit einem Jäger (siehe Kategorie Menschen weiter unten) hatte.

Die ehemalige innerdeutsche Grenze ist „wild“ durch die Gegend gezogen worden. Ortschaften wurden dabei weitestgehend vermieden. Ich kenne nicht viele Orte, wo die Grenze mitten durch den Ort (zB Mödlareuth in der Nähe der Stadt Hof) verläuft. Auch steile Auf- und Abstiege spielten bei der Grenzziehung kaum eine Rolle.

Mittlerweile gibt es einige Wanderführer, die diesen Wanderweg beschreiben. Bei der Planung meiner Route auf dem Grünen Band haben diese Wanderführer keine Rolle gespielt. Ich kenne keinen einzigen dieser Wanderführer. Mein Bestreben war es, möglichst immer auf den Kolonnenwegen zu gehen, soweit sie vorhanden und begehbar waren. Das Vorhandensein konnte ich bei der Planung auf den Landkarten sehen. Die Begehbarkeit war dagegen erst vor Ort festzustellen. Ob es einen „offiziellen“ Wanderweg für das Grüne Band gibt, weiß ich daher nicht. Jedenfalls bin ich nur gelegentlich auf die Markierung für das Grüne Band gestoßen.

Diese „wilde“ Grenzziehung hat dazu geführt, dass ich fast jeden Tag einige kurze und „giftige“ Auf- und Abstiege zu bewältigen hatte. Wenn es eine „offizielle“ Route geben sollte, dann bewegte ich mich nicht oft auf ihr. Manchmal traf ich auch Tageswanderer. In Gesprächen erklärten sie mir, dass sie auf dem Grünen Band unterwegs seien. Mein Weg verlief oft anders.

Den Unterschied zwischen der „offiziellen“ Route und „meiner“ Route erkläre ich mir so:

     (1) in die „offizielle“ Route werden Orte mit einbezogen, was bei mir nicht der Fall war
     (2) teilweise sind die Auf- und Abstiege so steil, dass die einem
          „normalen“ Wanderer nicht zugemutet werden können
     (3) die Kolonnenwege verlaufen zT durch eingezäunten Privatbesitz

Am 2.Tag der Wandertour hatte ich im Internet gesehen, dass es im Ort Tann einen Bäcker gibt. Das war mir einen kleinen Umweg wert. Als ich den Bäckerladen betrat, fielen mir sofort die fehlenden Tische und Stühle auf. Hier konnte ich nicht in Ruhe Kaffee trinken und etwas essen, das war mir sofort mit einem Blick klar. Die Verkäuferin verwies entschuldigend auf den Frisörladen schräg gegenüber der Kreuzung. Ich war verwundert und etwas ratlos. Dann ging ich über die Kreuzung zum Frisörladen. Vor dem Frisörladen stand eine Tafel mit einem Speiseangebot, was sehr verlockend aussah. Zuerst ordnete ich diese Tafel dem Dönerladen zu, der gleich neben dem Frisörladen lag. Aber ein Mitarbeiter des Dönerladens bestätigte mir, dass die Tafel zum Frisörladen gehört. Neugierig betrat ich den Frisörladen. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Mehrere Tische mit Stühlen waren zu sehen, insgesamt sehr schön eingerichtet. Das war erstmal kein Frisörladen, wie ich ihn kenne. Die Aufklärung folgte aber auf dem Fuß. Eine nette Verkäuferin erklärte mir, dass das durchaus ein Frisörladen sei. Aber zu dem Frisörladen gehört eben auch ein Imbiss mit einem kleinen Speiseangebot. Stolz sprach sie von einem neuen Konzept, als sie meine Bewunderung feststellte. Jedenfalls bekam ich in dem Imbiss mit „angeschlossenem“ Frisörladen all das, was ich beim Bäcker gegenüber so vermisste.
 
Bild 4: Imbiss mit „angeschlossenem“ Frisörladen

Für mich ist das ein ganz klarer Geheimtipp für eine kurze Rast in der Ortschaft Tann, den sich keiner auf dem Grünen Band entgehen lassen sollte.

Ein Ziel für den 3.Tag meiner Wandertour war die nördlichste Gaststätte Bayerns „Zur Weimarschmiede“ in der Ortschaft Weimarschmieden. Es war ein schöner sonniger Tag an einem Samstag. Da konnte ich mit Tageswanderern und Radfahrern rechnen. Das „Geschäft“ lassen sich die Bayern nicht entgehen. Das waren so meine Gedanken.

Unterwegs traf ich tatsächlich einige Wanderer. Aber an der Größe der Rucksäcke erkannte ich auf den ersten Blick sofort den Tageswanderer, der nicht auf einer längeren Wandertour unterwegs war. Wie vermutet, war die Gaststätte geöffnet. In der Gaststätte wurde gerade eine große Gruppe von Radfahrern bedient. Trotzdem wurde ich zügig mit einem Radler und einem Steak von der Chefin höchstpersönlich versorgt.

Die Qualität der Kolonnenwege ist sehr unterschiedlich. In Thüringen sind noch die meisten Kolonnenwege vorhanden und gut erhalten. Trotzdem gibt es immer wieder Teilstücke, die wie aus dem Nichts plötzlich nicht mehr begehbar sind. 
 
Bild 5: „Verschwundener“ Kolonnenweg

Darauf war ich nach dem 1.Teil des Grünen Bandes vorbereitet.

Auf der Landkarte gibt es diese „speziellen“ Teilstücke noch. Bei der Planung ist nicht zu erkennen, wie der Zustand der Kolonnenwege auf solchen Teilstücken ist. Die Realität zwingt dann die Planung in die Knie. Fast jeden Tag traf ich auf solche Teilstücke. Zurück war keine Option. Also umging ich diese Teilstücke „Cross Country“, d.h. ich stapfte mit dem Rucksack auf dem Rücken „irgendwie“ durchs Unterholz oder den Wald, bis ich wieder auf einem begehbaren Teilstück des Kolonnenwegs war. Mein Navi, sprich Smartphone (iPhone SE 2022), war mir auf solchen „Cross Country“-Passagen eine wertvolle Hilfe. Selbst, wenn ich mich relativ weit vom eigentlichen Trail entfernte, konnte ich auf dem Bildschirm sehr gut erkennen, wie ich im Unterholz oder Wald laufen musste, damit ich wieder in die Nähe meines Trails komme.

Vor Jahren haben mich solche „Cross Country“-Passagen in größeren Wäldern in eine gewisse Unruhe versetzt. Mittlerweile, auch wegen der gesammelten Erfahrungen bei solchen Gelegenheiten, bin ich da vollkommen tiefenenspannt.

Die Rhön ist zwar ein sehr kleines Mittelgebirge.  Aber es hielt für mich doch einige „maßlos“ steile Anstiege bereit. Wenn ich an solchen Anstiegen wegen meines Rucksacks nach hinten umgefallen wäre, würde mich beim Sturz bis unten nichts aufhalten.

Am Ende des 4.Tages übernachtete ich auf dem Campingplatz in der Ortschaft Immelshausen. Das ist ein sehr schön an einem See gelegener Campingplatz. Ich war zu dieser Jahreszeit der einzige Camper, der im Tarp dort übernachtete. Auf dem sehr großen Campingplatz hatte ich also freie Platzwahl. Der Campingplatz besitzt einen Kiosk, der mir an diesem Tag gerade recht kam.
 
Bild 6: Kiosk auf dem Campingplatz Immelshausen

In meinem Tagebuch stand für den 5.Tag der Eintrag, dass „es nicht viel zu berichten gibt“.  Die Landschaft war etwas „hügliger“, nicht mehr so „bergig“, wie in der Rhön. Damit hätte ich diesen Tag als erledigt betrachten können.

Aber wieder einmal wurde mir meine Sucht nach einem Kaffee und einem Stück Kuchen zum Verhängnis. In der Ortschaft Milz, etwas abseits vom Trail, hatte ich einen Bäcker „ausgemacht“. Ganz kurzfristig entschied ich mich in den Ort zu gehen. Einen Feldweg in den Ort hatte ich vorher ausgelassen, zurück wollte ich auch nicht mehr. Weil es schon seit fünf Tagen sonnig war, entschied ich mich in einer Traktorspur über ein großes Feld in den Ort zu gehen.
 
Bild 7: Traktorspur

Die Traktorspur auf dem Feld war durch die tagelange Sonne ausgetrocknet und das in die Spur gedrückte Profil des Traktorreifens steinhart. Das war jedenfalls eine unglaubliche Tortur in dieser Spur zu laufen. Aber ich tröstete mich mit ganz „speziellen“ Gedanken an Kaffee und Kuchen. Als ich dann vor dem Bäcker stand, war ich maßlos enttäuscht. Der Laden war an diesem Tag, einem Montag, geschlossen. Den Weg hätte ich ja vermeiden können, aber im Internet fand ich keine Öffnungszeiten. Ich bin also nur auf „Verdacht“ dorthin gelaufen.

Auch an diesem Tag musste ich ein „eingezäuntes“ Stück eines Kolonnenwegs passieren.
 
Bild 8: „Eingezäuntes“ Teilstück eines Kolonnenweges

Auf der eingezäunten Weide standen Kühe. Kühe sind mit Vorsicht zu genießen. Sie sind neugierig und kommen in Scharen angelaufen. „Cross Country“ war auch nicht möglich, weil rechts die Weide mit den Kühen war und links ein Getreidefeld. Da wollte ich nicht gehen. Die gesamte eingezäunte Strecke war etwa 500 Meter lang. Einen Umweg, den ich akzeptieren könnte, gab es auch nicht. Ich musste also da durch. Letztendlich konnte ich diese Stelle des Kolonnenweges ohne Probleme begehen. Die Kühe würdigten mich keines Blickes.

Die Nacht verbrachte ich in einer der „einfachsten“ Schutzhütten, in der ich jemals geschlafen habe (siehe Kategorie Übernachtungen weiter unten).

Das grobe Ziel für den 6.Tag war ein Campingplatz in der Ortschaft Autenhausen. Dort erhoffte ich duschen zu können. Der 6.Tag der Wandertour war auch gleichzeitig der 6.Sonnentag. Die Temperaturen lagen tagsüber meistens knapp über 20°C. Bei ständigem Bergauf und Bergab kommt man schon ins Schwitzen.

Als ich den Campingplatz in Autenhausen erreichte, wartete eine Überraschung auf mich. Den Campingplatz konnte ich betreten und überqueren, aber ich sah keinen einzigen Camper. Neben dem Campingplatz lag ein wunderschönes Freibad, das auch vollkommen leer war.
 
Bild 9: Freibad mit biologischer Filteranlage

Um diese Jahreszeit, Anfang Mai, war das allerdings nicht verwunderlich. Das Freibad wurde durch eine biologische Filteranlage sauber gehalten. Am Freibad hing eine Telefonnummer für die Anmeldung auf dem Campingplatz. Mehrere Versuche für eine Anmeldung schlugen fehl. Neben dem Freibad war eine ganz kleine Kolonie von ca. 10 Dauercampern zu sehen. Ein Dauercamper beobachtete meine vergeblichen Telefonversuche. Mit einem Bier in der Hand kam er zu mir und bot seine Hilfe an. Innerhalb von 10 Minuten hatte er per Telefon die Anmeldung auf dem Campingplatz geklärt und sogar die Erlaubnis eingeholt, dass ich in dem Freibad baden und duschen durfte.

Am Abend lud er mich dann noch zu einem Bier ein, wo wir uns bis in die Dunkelheit hinein unterhielten.

Für die Nacht musste ich mein Tarp nicht aufbauen. Unter dem Vordach einer Gemeinschaftshütte,
 
Bild 10: Gemeinschaftshütte

die einsam und verlassen mitten auf dem Campingplatz stand, konnte ich mein Nachtlager aufschlagen.

Ich war der einzige Gast auf dem Campingplatz und hatte das Freibad ebenfalls für mich ganz alleine.

Am 7.Tag wollte ich die Stadt Bad Rodach erreichen. Dort mietete ich ganz kurzfristig eine Ferienwohnung, weil ich am 8.Tag einen Ruhetag eingeplant hatte.

Dieser 7.Tag war ein reiner Regentag. Den ganzen Tag regnete es, teilweise extrem stark. Auf Dauerregen bin ich mit meiner Ausrüstung vorbereitet, aber irgendwann ist so ziemlich alles nass (Schuhe, Strümpfe usw). Den Nachmittag in der Ferienwohnung nutzte ich für das Waschen und Trocknen meiner Kleidung. Anschließend duschte ich mich. Mittlerweile hatte es aufgehört zu regnen und ich konnte für die nächsten Tage einkaufen. Selbstverständlich gönnte ich mir auch zwei Dosen Bier für den Abend, den ich vor dem Fernsehgerät verbrachte.
 
Bild 11: Bad Rodach

Den Ruhetag, also den 8.Tag, ließ ich vollkommen entspannt an mir „vorbeirauschen“. Weil es den ganzen Tag leicht regnete, konnte ich auch wenig unternehmen. Ruhe war angesagt. Nachmittags schaute ich mir die Stadt im Regen an. Mein Körper und meine Beine sollten möglichst nicht aus dem Rhythmus kommen. Am Abend packte ich dann meinen Rucksack für den nächsten Tag und ging zeitig schlafen.

Am 9.Tag haben mich die Minenfelder der ehemaligen Grenze in Atem gehalten.

Bei meiner Laufrichtung von Norden nach Süden ist der Osten immer links vom Kolonnenweg und der Westen rechts. Das ehemalige Minenfeld liegt rechts vom Kolonnenweg. Gelegentlich werden noch aktive Minen gefunden. So fand 2001 ein 10-jähriger Junge eine noch scharfe Mine, die aber keinen Schaden anrichtete. Das ehemalige Minenfeld ist also nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Ich stellte fest, dass es relativ wenig Wanderwege gibt, die das Minenfeld queren. Viele Feldwege hören einfach vor der Grenze auf und wurden auch nach der Grenzöffnung nicht wieder aktiviert.

Heute musste ich nun das Minenfeld aus unterschiedlichen Gründen gleich dreimal queren. Zweimal tat ich das auf Fahrspuren. Wenn Traktoren oder PKW keine Mine auslösen, dann ein Mensch noch weniger. Bei der 3.Querung des ehemaligen Minenfeldes war das aber anders. Da gab es keine Fahrspuren, die ich benutzen konnte. Vorher hatte ich auf einem schmalen Trampelpfad etwas die Orientierung verloren und stand plötzlich vor dem ehemaligen Minenfeld.
 
Bild 12: Am Waldrand ist der Kolonnenweg

Keine Fahrspuren, kein Trampelpfad. Zurück wollte ich auch nicht. 50 Meter entfernt war der Kolonnenweg, wo ich hin wollte.

Was tun?

Erst war ich etwas ratlos, aber dann sah ich den Ausweg. Andere Wanderer oder größere Tiere hatten im hohen Gras eine kleine Spur hinterlassen, was ich an den umgeknickten Grashalmen erkannte. Dieser Spur folgte ich bis zum Kolonnenweg, immer darauf achtend die Spur nicht zu verlassen. Auch meine Stöcke setzte ich nicht ein. Etwas mulmig war mir trotzdem zumute.

Geschafft und noch am Leben.

Wegen eines eingezäunten Teilstücks des Kolonnenweges musste ich heute das Minenfeld das viertemal durchqueren. Allerdings halfen mir bei dieser Umgehung des Weidezauns wieder die Fahrzeugspuren neben dem Zaun. Sie führten zwar über das ehemalige Minenfeld, aber wenn ein Fahrzeug eine evtl. noch scharfe Mine nicht auslösen kann, dann ein Mensch schon lange nicht. Also achtete ich streng darauf in den sichtbaren Fahrspuren zu gehen.

An diesem Tag war die Schlafplatzsuche etwas komplizierter als sonst. Mein Tarp stellte ich schließlich auf einem Caravan-Parkplatz auf, unter einer Eisenbahnbrücke und neben einem Stausee. Die Straße war nicht weit und der Sichtschutz war auch nicht so richtig gegeben. Trotzdem konnte ich gut schlafen.

Dieser 10.Tag hielt eine ganz besondere Überraschung für mich bereit. Wegemäßig hatte ich auf den letzten Tagen schon einige Probleme lösen müssen.

Auf meinen Wandertouren laufe ich in der Regel nach meinen Tracks, die ich zuhause plante. Wenn auf den Karten ein Weg eingezeichnet ist, dann kann ich den planen und in der Realität dann begehen. Das war so meine Vorstellung. Das das nicht immer stimmen muss, konnte ich auf dieser Wandertour fast täglich feststellen.

Es fing ganz unscheinbar an. Ich bewegte mich auf einem Kolonnenweg, der plötzlich nicht mehr da war. Trotzdem war ich lt. Navi noch auf dem Trail. Der Trail war jetzt aber eine Wiese, die immer feuchter wurde. Fahrspuren konnte ich ebenfalls noch erkennen, also musste da ein Weg sein. Zum kniehohen Gras gesellten sich die ersten Brennnesseln und Disteln. Plötzlich stand ich knöchelhoch im Wasser. Ich war in einer kleinen Feuchtlandschaft gelandet, aber lt. Navi immer noch auf dem Trail. Jetzt kamen noch umgestürzte Bäume in einem Wald dazu und das Wasser stand mir plötzlich bis zu den Knien. Schuhe und Strümpfe waren vollkommen nass. Zum Glück hatte ich die kurze Hose an. Mir war klar, dass ich jetzt hier auf dem kürzesten Weg raus musste.

„Vorwärts immer, rückwärts nimmer“, woher kannte ich den Spruch nur?

Das war meine Devise. Ein Blick auf das Navi sagte mir, dass in 500 Metern eine Straße verläuft. Dazwischen war noch ein „kleiner“ Bach, den ich überqueren musste. Zwischen Bach und Straße war noch ein Feld. Als ich vor dem Bach stand, merkte ich, dass langsam die Panik in mir hochkam. Über diesen Bach würde ich niemals rüberkommen, zu breit und zu tief. Erstmal holte ich tief Luft und sondierte die Tiefe des Bachs. Regelmäßig verschwand mein Trekkingstock bis zum Griff im Wasser. Durch den Bach konnte ich also nicht gehen, der war zu tief. Meine Sachen würden vollkommen nass werden. Ca. 100 Meter ging ich nun am Bach entlang und suchte nach einem Baum, der über den Bach gefallen war. In Filmen gibt es immer "diesen" Baum, also wollte ich auch einen haben. Endlich fand ich solch einen Baum. Der war aber verdächtig dünn. Geschätzt waren das nur 10 cm. Vorsichtig setzte ich den ersten Fuß auf den Baum und prüfte die Festigkeit. Wegen dem Rucksack musste ich auch höllisch auf mein Gleichgewicht achten. Mit den Trekkingstöcken, die zum Glück nur bis zur Hälfte im Bach versanken, balancierte ich in gebückter Haltung vorsichtig über den 3 Meter breiten Bach. Endlich hatte ich es geschafft. Kurze Zeit später war ich auf der Straße.

Dieses „Feuchtgebiet“ kann im Hochsommer sicherlich wesentlich einfacher durchquert werden. Aber zu diesem Zeitpunkt war das nicht möglich.
 
Bild 13: Feuchtgebiet

Von den zurückgelegten 34 km am 11.Tag bin ich nur ca. 4 km auf Kolonnenwegen gegangen. Das hatte verschiedene Gründe. Ein großer Teil der Kolonnenwege war nicht mehr vorhanden. Deshalb war ich an diesem Tag viel auf Forstwegen in der Nähe der ehemaligen Grenze unterwegs. Die Wälder im Thüringer Wald boten mir denselben traurigen Anblick, wie ich ihn aus dem Harz kenne.
 
Bild 14: Waldsterben im Thüringer Wald

Hinter der Ortschaft Schauberg war eine Brücke gesperrt, die der Zugang zum Trail war. Das bescherte mir an diesem Tag viele Straßenkilometer. Hinter der Ortschaft Tettau traf ich wieder auf meinen Trail. Aber nach wenigen Metern musste ich auch hier abbrechen. Bei dem Umweg, den ich dadurch gehen musste, traf ich in der Nähe der Ortschaft Spechtsbrunn auf den Rennsteig. Den Rennsteig bin ich in den letzten Jahren schon zweimal gegangen. Gerade als ich nach rechts auf den Rennsteig abbiegen wollte, machte mich ein Schild in die Gegenrichtung stutzig. Da stand etwas von „Kalte Küche“ drauf. Sofort kam eine Erinnerung an einen "bestimmten" Imbiss auf dem Rennsteig hoch.

Sollte der Imbiss nur 100 Meter entfernt sein?

Es war kurz vor 17 Uhr. Im „Affentempo“ lief ich in die andere Richtung. Dann erkannte ich den Imbiss, der gerade geschlossen wurde. Eine Frau öffnete den Imbiss nochmal und fragte was ich wollte. Nach der Frage nach einem Kaffee und etwas zum Essen verschwand sie kurz. Als sie wieder da war, bat sie mich in den Imbiss. Tatsächlich erhielt ich einen Kaffee und von der Speisekarte konnte ich mir etwas zum Essen aussuchen. Das fand ich sehr freundlich.

Dann ging ich noch 1 km weiter, wo ich in einem Unterstand auf der Schleifen-Wiese direkt neben dem Rennsteig mein Nachtlager aufschlug. Vorbeikommende Wanderer und Radfahrer schauten neugierig, was ich da mache, aber keiner sagte etwas.

Am 12.Tag hatte ich die Gegend der Ortschaft Brennersgrün als das Tagesziel angepeilt. Ich wusste von meinen Wandertouren auf dem Rennsteig, dass ich da immer irgendwo eine Schutzhütte finden würde.

Hinter der Burg Lauenstein lief ich gerade auf einem sehr schönen Trampelpfad entlang.
 
Bild 15: Trampelpfad bei Lauenstein

An einer überdachten Sitzgelegenheit, als einen komfortablen Unterstand will ich das nicht bezeichnen, machte ich gerade eine kurze Pinkel-Pause. Da kam doch tatsächlich eine Frau mit einem großen Rucksack des Weges daher. Sofort war mir klar, dass die Frau ebenfalls auf dem Grünen Band unterwegs war. In einem kurzen Gespräch wurde meine Vermutung bestätigt. Dann setzten wir unsere Wanderung getrennt fort. Wir trafen uns aber mehrmals auf den nächsten Kilometern, wobei wir uns immer angeregt unterhielten. Dann verloren wir uns endgültig aus den Augen.

In der Nähe der Ortschaft Brennersgrün kam mir plötzlich eine Idee. Ich wußte, dass es im Ort ein Rennsteighaus gibt. Wenn das geöffnet wäre, könnte ich dort duschen und evtl. etwas essen. Gedacht und getan. Der Kolonnenweg führte zwar an Brennersgrün vorbei, aber der Umweg war es mir wert. Tatsächlich war das Rennsteighaus geöffnet und ich konnte duschen. Gerade als ich wieder gehen wollte, kam die Frau an, die ich unterwegs getroffen hatte. Sie hatte sich für eine Nacht ein Zimmer im Rennsteighaus gemietet. Gemeinsam bestellten wir eine Pizza beim Betreiber des Rennsteighauses, tranken einen Radler und unterhielten uns über die Wandertour und unsere Ausrüstung.

Dann suchte ich die nächste Schutzhütte auf dem Kolonnenweg auf, die ich auch recht schnell fand.
 
Bild 16: „Spitzhütte“ an der Kreuzung von Kolonnenweg und Rennsteig

Zufälligerweise stand die Schutzhütte direkt an einer Wanderwegkreuzung des Grünen Bandes und des Rennsteigs. Von meinen Wandertouren auf dem Rennsteig wusste ich, dass der Rennsteig die Kolonnenwege mehrmals kreuzt und teilweise auch auf den Kolonnenwegen entlangführt.

Der 13.Tag sollte mich mindestens bis zur Ortschaft Blankenstein führen. In Blankenstein gibt es vor dem örtlichen Supermarkt einen Imbiss, den ich schon vom Rennsteig kannte. Das war das Minimalziel. Jeder weitere Kilometer wäre eine Zugabe.

An diesem Tag bewegte ich mich auf Kolonnenwegen, aber auch teilweise auf dem Rennsteig.
 
Bild 17: Rennsteig

Am zeitigen Nachmittag war ich bereits in Blankenstein angekommen.
 
Bild 18: Wanderdrehkreuz von Rennsteig, Kammweg und Frankenweg

Der Imbiss hatte Ruhetag. „Wegen Reichtum geschlossen“, so würden wir bei uns sagen. Ein bisschen enttäuscht, entschloss ich mich weiterzugehen.

Auf den restlichen Kilometern bis in die Nähe der Ortschaft Rudolphstein war der Kammweg mein Begleiter.
 
Bild 19: Kammweg

Mein Übernachtungsplatz war wieder ein Unterstand, wo ich mich unter den Tisch auf den Schotterboden legte.

An diesem Tag legte ich insgesamt 38 km zurück.

Die letzte Nacht war kalt. Ich konnte aber sehr gut schlafen. Früh zeigte das Thermometer auf dem Smartphone noch -1°C an. Ich hatte noch einen Rest von 44 km zu gehen.

Ist das an einem Tag, dem 14.Tag, zu schaffen?

Wenn ich nur 34 km schaffe, soll ich wegen einem Rest von 10 km nochmal übernachten?
 
Und die nächste Nacht sollte lt. Wetterprognose noch etwas kälter werden.

Diese Fragen stellte ich mir am Vorabend. Dann entschied ich, dass ich das versuchen wollte. Erstmals auf dieser Wandertour stellte ich einen Wecker auf 6 Uhr.

Früh gegen 6 Uhr war es noch stockdunkel. Schlafplatz wegräumen und Rucksack packen, das machte ich alles mit der Stirnlampe.

Gegen 6:30 Uhr startete ich diese Marathonetappe. Etwas essen beim Gehen war angesagt. Auf den Feldern lag Raureif und über der Saale lag eine Nebelwolke. Ich fror unheimlich an die Fingerspitzen. Trotz intensiver Nutzung der Trekkingstöcke wurden meine Fingerspitzen nicht warm. Ich war sauer auf mich, weil ich keine Handschuhe eingepackt hatte.

Lohnen sich Handschuhe für einen Tag, wo ich am Morgen mal zwei Stunden frieren muss?

Diese Frage muss ich nach der Wandertour in aller Ruhe überdenken.

Mein erstes Ziel war daher ein Bäcker in der Ortschaft Hirschberg, den ich im Internet „ausgemacht“ hatte. Dort konnte ich mich auch über die Öffnungszeiten informieren. Durch Hirschberg musste ich eh durch. Der Bäcker lag aber etwas abseits vom Trail. Deshalb fragte ich Einheimische nach dem Bäcker und den Öffnungszeiten. Erst dann ging ich vom Trail runter. Beim Bäcker wärmte ich mich bei einem Kaffee auf.

Bis zur Ortschaft Mödlareuth kam ich auf bestens gepflegten Kolonnenwegen sehr schnell voran. Mödlareuth ist einer der wenigen Orte, wo die Grenze mitten durch den Ort ging. Die Grenzanlagen in Mödlareuth sind mittlerweile ein Museum.
 
Bild 20: Grenzanlage in Mödlareuth
 
In Mödlareuth machte ich eine kurze Pause. Dann ging es weiter.

Überrascht musste ich feststellen, dass es direkt hinter Mödlareuth keine Kolonnenwege mehr gab. Meine Nachfragen bei Einheimischen wurden nur mit einem Achselzucken beantwortet. Offenbar wollten die ehemaligen Eigentümer der Grenzgrundstücke die Erinnerung an die Vergangenheit tilgen.

Über große Umwege, zB über die Ortschaft Trogen, gelangte ich wieder auf sehr gut begehbare Kolonnenwege. Dabei lief ich auf Forstwegen und Nebenstraßen.
 
Bild 21: Es ist nicht mehr weit…
 
An den Hinweisschildern erkannte ich, dass es nur noch 10 Kilometer bis zum Dreiländereck sind. Jetzt war klar, dass ich den Rest auch noch gehen wollte. Vorher bestand immer ein kleine Ungewissheit, wie ich vorankommen würde.

Auch die Qualität der Kolonnenwege verbesserte sich. Sie waren gepflegt und vor allem sauber gemäht. Offensichtlich sind hier viele Tageswanderer unterwegs. Anders kann ich mir das nicht erklären.

Gegen 18:30 Uhr erreichte ich endlich nach einem 44-km-Gewaltmarsch das Dreiländereck.
 
Bild 22: Dreiländereck BRD, DDR, Tschechien
 
Dort genoss ich etwas die Stille, machte einige Fotos und hing so meinen Gedanken nach.

Geschafft…

Dann bestellte ich meinen „privaten“ Taxiservice und ließ mich von meiner Enkeltochter aus der Ortschaft Mittelhammer abholen.

Wetter

Auf meinen Wandertouren spielt das zu erwartende Wetter kaum noch eine Rolle. Meine Ausrüstung ist mittlerweile so ausgefeilt, dass ich mich schnell auf jede Wetterbedingung einstellen kann. Im Vorfeld einer längeren Wandertour informiere ich mich nur noch über die Großwetterlage.

Für den Mai musste ich auch mit Nachtemperaturen um den Gefrierpunkt rechnen, vielleicht sogar mit leichten Minusgraden (Eisheilige). Darauf bereitete ich mich vor. Aber nur in der letzten Übernachtung in der freien Natur sank die Temperatur leicht unter 0°C.

Ausrüstung

Meine Ausrüstung ist schon seit einigen Jahren relativ stabil. Verschleißartikel, wie zB Wanderschuhe und -strümpfe, ersetze ich regelmäßig durch neue Modelle derselben Firma.

Trotzdem teste ich auf längeren Wandertouren auch den einen oder anderen neuen Ausrüstungsgegenstand.

Größere Probleme mit meiner Ausrüstung hatte ich auf dieser Wandertour nicht. Vielmehr sind es die kleinen unscheinbaren Schwierigkeiten, die so eine Wandertour besonders machen.

Ich zähle einfach mal die Ausrüstungsgegenstände auf, wo ich einen Kommentar abgeben möchte.

Von meinen beiden zpacks-Rucksäcken war diesmal der zpacks Nero 38L der Rucksack meiner Wahl. 
 
Bild 23: Rucksack zpacks Nero 38L
 
Ich wählte diesen etwas kleineren Rucksack, weil ich wegen der Jahreszeit nicht viel zusätzliche Kleidung einpacken musste.

Auf längeren Wandertouren verliere ich regelmäßig einige Kilogramm an Körpergewicht. Das ist gut. Ich merke das daran, dass ich den Hüftgurt des Rucksacks jeden Tag etwas enger schnallen kann. Irgendwann war das nicht mehr möglich. Der Hüftgurt war aber nicht zu kurz. An jeder Seite des Hüftgurts sitzt eine Hüftgurttasche. Die Hüftgurttaschen enthalten Dinge, auf die ich tagsüber schnell Zugriff haben möchte. Das ist zB ein kleines Taschenmesser, ein kleine Tube Penatencreme usw. Diese Hüftgurttaschen habe ich sicherheitshalber am Hüftgurt mit wenigen Stichen angenäht. Genau das war das Problem, warum sich der Hüftgurt nicht weiter zusammenziehen ließ. Mittlerweile habe ich die beiden Hüftgurttaschen weiter nach hinten in Richtung des Rucksacks versetzt, aber wieder durch einige Nadelstiche fixiert.

Diese Korrektur der Hüftgurttaschen hätte ich auch unterwegs erledigen können. Dafür hatte ich aber nicht das richtige Werkzeug in meinem Reparatur-Set. Das stabile Gurtband des Hüftgurts mit einer normalen Nähnadel zu durchstechen ist nicht ganz einfach.

Deshalb habe ich mir eine kleine Nähahle (Menüpunkt MYOG Projekt-A2: Nähahle - Ein geniales Nähwerkzeug für schwierige Reparaturen …) zugelegt. Dieses Nähwerkzeug hätte ich auf meinen Wandertouren schon mehrmals für schwierige Näharbeiten an den Tragesystemen meiner beiden Rucksäcke gebrauchen können.

Meine Kleidung (Unterhose, Unterhemd, T-Shirt und dünner langärmliger Pullover) besteht entweder aus Merino oder Polypropylen (PP) von LIOD. Wegen der Jahreszeit entschied ich mich diesmal für Merino. Das war eine ganz klare Fehlentscheidung. Der Grund für diese Meinung ist, dass Merino-Kleidung wesentlich anfälliger gegenüber starker mechanischer Beanspruchung ist. Und das ist beim Wandern mit 8 kg auf dem Rücken nun mal so. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich Löcher und Laufmaschen in meiner Merino-Kleidung. Meine nächsten Wandertouren werde ich in PP-Kleidung durchführen. Kleidung aus diesem Material ist wesentlich strapazierfähiger.

Ärgerlich war, dass ich meine Sonnencreme vergessen hatte. Also musste ich mir welche kaufen.

Für die Wasseraufbereitung benutzte ich diesmal den Grayl-Wasserfilter. Das funktionierte hervorragend. Aber mich stört immer wieder das Packmaß des Wasserfilters. Mal sehen, wie es da weitergeht.

In der Regel benutze ich auf meinen Wandertouren zwei Paar Socken. Oberste Maxime ist, dass ich fürs Schlafen absolut trockene Socken brauche. Leider hatte ich an einigen Tagen vollkommen durchnässte Schuhe und Strümpfe. Wechseln war nicht möglich, also musste ich am Morgen wieder in die feuchten Socken schlüpfen. Das war etwas unangenehm und leider nicht zu ändern. Zusätzlich habe ich meine dicken Schlafsocken nicht in den Rucksack gepackt, weil ich der Meinung war, dass ich sie nicht brauchen würde. Vielleicht sollte ich auch zu einer solchen Jahreszeit über die Nutzung von wasserdichten Socken (zB Sealskinz) nachdenken. Für zukünftige Wandertouren muss ich wohl ein etwas größeres Augenmerk auf mein Sockenmanagement legen.

Mehr gibt es nicht über meine Ausrüstung zu berichten. Alle anderen Ausrüstungsgegenstände erfüllten meine Erwartungen zur vollsten Zufriedenheit.

Versorgung

Die Versorgung ist auf einer Wandertour in Deutschland kein Problem. Das konnte ich in den letzten Jahren wiederholt feststellen. Für mehr als drei Tage musste ich nie Lebensmittel durch die Gegend tragen.

Das Grüne Band ist in dieser Beziehung aber eine Besonderheit. Es gibt sehr wenige große Ortschaften, wo die Grenze mitten durch den Ort verläuft. Aber nur in größeren Ortschaften ist eine Versorgung mit Lebensmitteln möglich. Die kleinen Orte besitzen kaum noch Geschäfte. Maximal gibt es dort Gaststätten. Die Öffnungszeiten sind da das Problem.

Da ich bei der Planung darauf achtete möglichst immer auf den Kolonnenwegen zu gehen, musste ich für die Versorgung meistens vom Trail runter. Das hat mir manchen Umweg beschert und auch einige böse Überraschungen (nicht mehr vorhandene Geschäfte oder geschlossene Geschäfte).

Übernachtungen

Meine letzten Wandertouren absolvierte ich nur noch mit dem Tarp.
 
Bild 24: Tarp auf dem Campingplatz

Das Tarp ist ein Notbehelf für die Übernachtung. Es bringt wenig Gewicht auf die Waage, aber das hat den Preis des geringen Platzes im Tarp. Das Ein- und Aussteigen ist eine Kunst und das Drehen und Wenden im Tarp ist auch nicht so einfach. Nach einem langen Wandertag enden solche "Wendemanöver" im Tarp manchmal mit einem Krampf in einem Bein.

Im Tarp übernachtete ich zweimal. Einmal auf einem sehr schönen Campingplatz in Immelshausen, dann nochmal auf einem Caravan-Stellplatz unter einer Eisenbahnbrücke.

Deshalb bin ich auf meinen letzten Wandertouren dazu übergegangen in Unterständen, das sind die überdachten Sitzgelegenheiten, zu übernachten.
 
Bild 25: Unterstand (überdachte Sitzgelegenheit)

Wenn ich einen solchen Unterstand auf dem Wanderweg vorfand und die zurückgelegten Tageskilometer einigermaßen passten (mindestens 25 km) und die Tageszeit auch den späten Nachmittag (ab 17 Uhr) anzeigte, nahm ich einen solchen Unterstand dankend als Übernachtungsplatz an. Wenn die Lage des Unterstandes etwas sichtgeschützt war, legte ich mich zum Schlafen auf den Tisch, sonst unter den Tisch.
 
Bild 26: Schlafplatz unter dem Tisch

Wie auf dem Bildern zu sehen ist, sind die Untergründe nicht immer einheitlich. Gegen den Schmutz schützte ich meine Ausrüstung mit einer Tyvek-Plane (2 m x 1 m). Die Dämpfung, zB gegen groben Schotter, und gegen die Bodenkühle übernahm meine 2,5 cm dicke selbstaufblasende Schaumstoff-Isomatte von Therm-a-Rest, die ProLite in Small-Ausführung. So übernachtete ich insgesamt sechsmal (einmal auf dem Tisch, fünfmal unter dem Tisch).

Solche Unterstände stehen immer in der Nähe des Wanderweges. Da kann es natürlich vorkommen, dass der eingerichtete Schlafplatz von Vorbeigehenden (andere Wanderer, Jogger, Fahrradfahrer und Hundebesitzern auf „Gassitour“) argwöhnisch beäugt wird. Bei netten Gesprächen konnte ich die anfängliche Besorgnis der Menschen aber immer zerstreuen, dass ich kein Landstreicher bin. Die Skepsis wandelte sich dann im Verlauf des Gesprächs oft in Bewunderung um.

Noch idealer sind natürlich überdachte Schutzhütten (engl. Shelter). 
 
Bild 27: Schutzhütte (Komfortvariante)
 
Auch für die Schutzhütten gilt das zuvor Gesagte über die zurückgelegen Tageskilometer und die Tageszeit. Sind in Schutzhütten die Sitzgelegenheiten breit genug, so dass ich mich in der Nacht bequem drehen und wenden kann, schlafe ich auf einer Sitzgelegenheit. Sonst muss ich auch in Schutzhütten mit dem Boden vorliebnehmen.

Bei den Schutzhütten gibt es natürlich gewaltige Unterschiede. Manche sind äußerst komfortabel, andere eher minimalistisch.
 
Bild 28: Schutzhütte (Minimalvariante)
 
Aber Schutzhütten bieten oft einen sehr guten Sichtschutz. In Schutzhütten übernachtete ich zweimal.

Auf jeder Wandertour gab es bei mir außergewöhnliche Übernachtungsplätze.

Diesmal war das eine Bushaltestelle an einer Straße mitten in der Wildnis. Gegenüber der Bushaltestelle stand ein einsamer Bauernhof. Von der Straße und vom Bauernhof war das Innere der Bushaltestelle nicht einzusehen. In einer Ecke der Bushaltestelle konnte ich ungestört schlafen, auch weil Wochenende (Samstag) war.

An dem einzigen Ruhetag auf meiner Wandertour hatte ich mich in einer Ferienwohnung in Bad Rodach eingemietet.

Insgesamt waren das sehr „abwechslungsreiche“ Übernachtungsplätze, wo ich sehr gut schlafen konnte.

Verletzungen

Wegen des Abbruchs der Wandertour vor zwei Jahren war ich sehr skeptisch, wie die Angelegenheit ausgehen würde. Aber zu keiner Zeit hatte ich irgendwelche Probleme an meinen Füßen.

Einen Grund sehe ich in der Realisierung des Periodischen Trainingsplans während der Vorbereitung.

Menschen

Meine erste Übernachtung verbrachte ich auf dem Tisch einer überdachten Sitzgelegenheit, sprich einem sogenannten Unterstand. Der Unterstand lag direkt an einer kleinen Straßen mit wenig Verkehr. Kurz bevor es dunkel wurde, kam ein Wanderer aus dem nahen Dorf Reinhards vorbei. Mit dem unterhielt ich mich mindestens eine Stunde lang. Während des Gesprächs bemerkte ich, dass in ca. 200 Metern Entfernung ein Jäger über ein Feld zu sein Hochstand lief. Als es Dunkel wurde, baute ich meinen Schlafplatz auf. Über den Jäger machte ich mir keine Gedanken. Plötzlich wurde ich durch Autolärm geweckt und eine Taschenlampe leuchtete mir ins Gesicht. Der erboste Jäger beschwerte sich, dass ich seine Jagd zerstört hätte. Auf meine Entgegnung, dass das ein offizieller Rastplatz für Wanderer ist und ich dort machen kann was ich will, nuschelte er etwas vor sich hin und verschwand mit seinem Auto.

An einem Wandertag traf ich einen Pilzsammler. Mit dem unterhielt ich mich mindestens eine Stunde. Wir stellten gemeinsam fest, dass er den Süßen See bei Seeburg, was nicht weit von meinem Heimatdorf Schochwitz entfernt ist, kennt. Natürlich sprachen wir auch über die ehemalige DDR-Grenze und Pilze.

Wann trifft man auf einer Langstreckenwanderung, die nicht zu den überlaufenen Wanderwegen in Deutschland gehört, mal einen anderen Wanderer mit den gleichen Absichten?

Das ist selten. Das passiert nur, wenn man schneller oder langsamer als andere Wanderer unterwegs ist.

Aber manchmal geschehen noch Wunder.

Ich lief gerade sehr entspannt auf einem Trampelpfad (Single Trail) entlang. An einem kleinen Unterstand machte ich kurz Pause und setzte den Rucksack ab. Für ein „kleines Geschäft“ wollte ich gerade in den Büschen am Wegesrand verschwinden. Da kam doch tatsächlich eine Frau mit einem großen Rucksack daher. Mir war sofort klar, dass sie ebenfalls auf dem Grünen Band unterwegs war. Sie stellte sich als Janet vor und erzählte mir, dass sie vor einigen Wochen an der Ostsee gestartet ist.

Für mich ist das eine tolle Leistung.

Dann ging sie weiter. Ich musste ja noch mein unterbrochenes „kleines Geschäft“ erledigen, was ich auch tat. Inzwischen hatte ich sie aus den Augen verloren. Ich holte sie wieder ein und wir unterhielten uns wieder. Dabei erzählte sie mir, dass sie im Rennsteighaus in Brennersgrün übernachten wollte. Wir verloren uns dann aus den Augen, weil es ständig steil bergauf und bergab ging. Am zeitigen Nachmittag war ich dann in der Nähe von Brennersgrün. Da kam mir der Gedanke, dass ich im Rennsteighaus duschen könnte, wenn es geöffnet hat. Es war offen und ich konnte eine Dusche genießen. Gerade als ich fertig war, betrat Janet das Rennsteighaus. Wir unterhielten uns wieder. Später bestellten wir eine Pizza beim Betreiber des Rennsteighauses. Kurz vor dem Dunkelwerden verließ ich das Rennsteighaus und ging zur nächsten Schutzhütte auf dem Kolonnenweg , die ca. 3 km vom Rennsteighaus entfernt war. Dort übernachtete ich dann.

Tiere

Diesmal gibt es wenig über ungewöhnliche Begegnungen mit Tieren zu berichten.

In meinem Bestreben immer auf den Kolonnenwegen zu laufen, führten die Kolonnenwege manchmal auch über eingezäunte Weiden. Die ehemaligen Besitzer haben einfach nach der Wende ihren Besitz zurückgefordert und eingezäunt. Der Wanderweg „Das Grüne Band“ hat da wenig interessiert. Waren auf den Weiden Tiere (Kühe oder Schafe) zu sehen, musste ich entscheiden, was ich mache.

Über den Zaun steigen und eine Begegnung mit den Tieren riskieren?

Schafe sind da unproblematisch. Aber bei Kühen war ich vorsichtig. Zum Glück konnte ich solche Stellen „Cross Country“ umgehen. Dazu musste ich auf den ehemaligen Minenstreifen ausweichen. Das war mir nicht ganz geheuer, aber passiert ist nichts.  

Abreise

Das Dreiländereck liegt etwa 15 km von der Stadt Hof entfernt. Der Bahnhof in Hof wäre meine Anlaufstelle für die Heimreise gewesen. Aber eine meiner Töchter wohnt schon seit der Wende (1989) in Hof. Meine Enkeltochter holte mich in der Ortschaft Mittelhammer in der Nähe des Dreiländerecks mit dem Auto ab. Die Nacht verbrachte ich dann in Hof. Am nächsten Morgen trat ich ausgeschlafen, frisch geduscht und entspannt vom Bahnhof in Hof meine Heimreise an.

Statistik

Die Planung des 2.Teils dieser Wandertour hat insgesamt eine Section (16 Tagesetappen unterschiedlicher Länge) von 420 km ergeben.

Was daraus wurde, kann auch an den nachfolgenden statistischen Daten abgelesen werden.

Streckenlänge…
…Grobplanung gesamt                        1000 km
…Feinplanung gesamt                         1196 km
…Teil 1 (bereits 2021 gelaufen)             776 km
Teil 2 gelaufen                                   420 km

Anreise- und Starttag…                         04.Mai 2023
Letzter Tag und Abreisetag…               17.Mai 2023  

Tage Teil 2…                                            14
…davon Wandertage                              13
…davon Ruhetage (Zero-Days)                1

Tagesetappen Teil 2…                            13
…davon <   15        km (Nero-Days)         1 (Anreisetag)
…davon      15 - 19 km                             0
…davon      20 - 29 km                             3
…davon      30 - 39 km                             8
…davon >= 40        km                             1

Längste Tagesetappe Teil 2….               44 km
Kürzeste Tagesetappe Teil 2…              13 km (Anreisetag)

Tagesdurchschnitt Teil 2…
…mit    Ruhetagen                                  30,00 km/Tag
…ohne Ruhetage                                    32,31 km/Tag

Übernachtungen Teil 2…                        13
…davon im Tarp                                       1
…davon in Unterständen                         6
…davon in Schutzhütten                          2
…davon auf Campingplätzen                   1
…davon in Bushaltestellen                       1
…davon in Pensionen                              2 (Ruhetag)

Wetter Teil 2…                                        14
…davon Sonnentage                                6
…davon bedeckte Tage                            5
…davon Regentage                                  3    

Tracks und Bilder

Wie immer gibt es am Ende des Berichts noch einen Hinweis auf wichtige Daten meiner Wandertour. Das sind vor allem meine eigenen Tracks, die ich zur Navigation verwendete.

Auf der rechten Seite meines Blogs befindet sich das Tourenverzeichnis. Hinter der Zeichenkette „GPX“ versteckt sich in den meisten Fällen ein Link, der in ein GoogleDrive-Verzeichnis verzweigt. In diesem Verzeichnis ist eine Datei zu finden. Diese Datei enthält die Tracks der Wandertour.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass die in dem Link veröffentlichten Tracks mein eigenen Tracks sind. Die Original-Tracks des Grünen Bandes, die in dem einen oder anderen Wanderführer hinterlegt sind, kenne ich nicht. Deshalb werden meine Tracks öfters von den Original-Tracks abweichen.

     WT010_DE_DLW_Das_Grüne_Band_Tracks.gpx

Bilder von meiner Wandertour stelle ich sehr gerne zur Verfügung. Der Link verzweigt in ein GoogleDrive-Verzeichnis.

     WT0010_DE_DLW_Das_Grüne_Band_Teil 2_Bilder

Zusätzlich befindet sich auf der rechten Seite meines Blogs im Tourenverzeichnis die Zeichenkette „Bilder“, hinter der sich ebenfalls ein Link zu den Bildern der Wandertour befindet.

Fazit

Der Rest des Grünen Bandes hat sich als sehr abwechslungsreich erwiesen. Auf diesem Teil waren die Kolonnenwege wesentlich besser erhalten und gepflegt, als im Norden von Deutschland. Trotzdem gab es das eine oder andere Wegeproblem (Feuchtgebiet, eingezäunte Weiden usw), das ich aber immer ohne allzu großen Aufwand lösen konnte.

Gefallen haben mir die vielen Unterstände und Schutzhütten in Thüringen. Die Suche nach einem geeigneten Übernachtungsplatz war daher kein Problem. Wildcampen musste ich in den 14 Tagen nur einmal.

Auch die Wahl des Wanderzeitpunkts hat sich als Volltreffer erwiesen. Mit überwucherten Kolonnenwegen hatte ich so gut wie keine Probleme.
 
Besonders möchte ich nochmal auf die Minenfelder hinweisen. Ist eine Querung der Minenfelder erforderlich, sollte das unbedingt auf offiziellen Straßen, Fahrwegen und Wanderwegen erfolgen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass in den "geräumten" Minenfeldern noch die eine oder andere unentdeckte scharfe Mine steckt. Der Fund einer solchen Mine im Jahr 2001 durch einen 10-jährigen Jungen hat das eindeutig gezeigt.

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