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13 September 2022

Deutschland der Länge nach, Teil 1 (Deutschland, 468 km)


Idee


Die Meniskus-Operation am rechten Knie im Frühjahr 2019 und die Corona-Pandemie in den Jahren 2020 bis 2022 haben meinen Zeitplan für die Wanderjahre 2019 bis 2022 gehörig durcheinandergebracht.


Nichts konnte ich so durchführen, wie es geplant war. 


Wer sich meine Tourenliste im Menüpunkt Touren genauer ansieht, wird feststellen, dass ich bis zum Sommer 2022 einige Mehrtageswanderungen absolvierte. Die meisten musste ich aus Verletzungsgründen oder wegen Ausrüstungsproblemen abbrechen. Nur zwei konnte ich erfolgreich beenden.


So startete ich Ende August 2022 zu einer Mehrtageswanderung Von Schochwitz nach Goslar vom östlichen Rand des Harzes zum westlichen Rand des Harzes. Diese Wandertour sollte Aufschluss über meinen gesundheitlichen Zustand geben. Danach wollte ich entscheiden, ob es sinnvoll ist im Herbst 2022 (September/Oktober) eine weitere Wandertour aus meinem Wanderprojekt Deutsche Langstreckenwanderungen zu realisieren. 


Auf dieser Wandertour durch den Harz hatte ich keinerlei gesundheitliche Probleme, was mich total überrascht hat.


Deshalb entschloss ich mich eine weitere Wandertour aus dem genannten Wanderprojekt anzugehen. Ich hätte den 2.Teil der Wandertour Das Grüne Band gehen können, der ja noch offen war. Aber diesen 2.Teil wollte ich mir für das Frühjahr 2023 aufheben.


Also blieb nur noch die Wandertour Deutschland der Länge nach über 1145 km übrig.


Planung


Mein Wanderprojekt Deutsche Langstreckenwanderungen besteht aus freigeplanten Wandertouren. Im Menüpunkt Planung erläuterte ich genau, was das in meinem Sprachgebrauch bedeutet.


Mit wenigen Fixpunkten lasse ich durch meine Routenplanungsprogramm BaseCamp eine Wanderroute durch die „Gegend“ planen. Wer sich die oben angezeigte Landkarte anschaut, wird schnell feststellen, dass ich für die Routenplanung nur zwei Fixpunkte vorgegeben habe. Das waren


     -der nördlichste Punkt von Deutschland und

     -der südlichste Punkt von Deutschland.


Der nördlichste Punkt von Deutschland liegt auf der Halbinsel Ellenbogen in der Gemeinde List auf der Insel Sylt.


Bild 1: Nördlichster Punkt von Deutschland

Der südlichste Punkt von Deutschland ist der Grenzstein 147 im Haldenwanger Eck in der Gemeinde Oberstdorf.


Bild 2: Südlichster Punkt von Deutschland

Durch die Reihenfolge der zwei Fixpunkte war auch sofort die Richtung für die Wandertour geklärt. Ich wollte von Norden nach Süden laufen.


Die berechnete Wanderroute sieht auf den ersten Blick sehr „geradlinig“ aus. Nach der Berechnung der Wanderroute durch das Routenplanungsprogramm teilte ich die Wanderroute in geeignete Tagesetappen ein und gleichzeitig besserte ich „manuell“ nach. Die manuelle Nachbesserung kam speziell im Bereich des Harzes zum tragen. Dort verschob ich die Route etwas in Richtung Osten an den westlichen Rand des Harzes. Mein Hintergedanke dabei war, dass ich so die Entfernung zu meinem Heimatort Schochwitz, am östlichen Rand des Harzes gelegen, etwas verkürzen könnte, wenn ich Nachschub an bestimmten Ausrüstungsgegenständen benötigen würde. 


Das Ende der Tagesetappen wählte ich so aus, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist dort einen geeigneten Übernachtungsplatz für mein Tarp zu finden. Die Überprüfung der „geplanten“ Übernachtungsplätze mit GoogleMaps sparte ich mir. Der Aufwand war mir einfach zu groß. Im Nachhinein lässt sich aber sagen, dass ich mit der „Vorauswahl“ meiner Übernachtungsplätze durchaus fast immer richtig lag.


Bei der Länge der Tagesetappen ließ ich mich von dem Wert 30 km/Tag leiten. Das schien mir eine vertretbare Länge für die Tagesetappen zu sein. Ein paar Kilometer mehr oder weniger machen den „Kohl auch nicht fett“, das waren so meine Gedanken.


Ich hätte auch „bekannte und markierte“ Wanderwege „zusammenstückeln“ können, so wie es viele andere Langstreckenwanderer gerne tun. Aber das hätte die Länge der Wandertour erheblich vergrößert.


Aber mein Wanderprojekt Deutsche Langstreckenwanderungen besteht eben aus einem ganz speziellen Typ von Wandertouren, den freigeplanten Wandertouren. Das wollte ich bei der Planung auf keinen Fall verändern, auch wenn ich mir dadurch das eine oder andere Problem einhandeln würde.


Insgesamt ergab die Planung 36 Tagesetappen von unterschiedlicher Länge. Mit mehreren Ruhetagen, einem Anreisetag und einem Abreisetag würde ich auf eine Dauer der Wandertour von insgesamt ca. 40-42 Tagen kommen, also ungefähr 1,5 Monate. 


Durch die vielen Tagesetappen geht in meinem Navigationsgerät, meinem Handy, trotz der 1-zeiligen Listendarstellung etwas die Übersichtlichkeit verloren. Auf der Suche nach der aktuellen Tagesetappe muss ich mehrmals durch den Bildschirm des Handys scrollen. Deshalb bin ich in der letzten Zeit dazu übergegangen mehrere Tagesetappen zu sogenannten „Sections“ zusammenzufassen. Bei der Zusammenfassung lasse ich mich von unterschiedlichen Gesichtspunkten leiten. Die Bundesländer, die ich bei dieser Wandertour durchqueren wollte, waren diesmal das Auswahlkriterium.


Das sind die entstandenen Sections:


     WT007 DE s01 Schleswig-Holstein (253 km)

     WT007 DE s02 Hamburg (30 km)

     WT007 DE s03 Niedersachsen (240 km)

     WT007 DE s04 Thüringen (183 km)

     WT007 DE s05 Bayern (439 km)


Insgesamt sind das 5 Sections mit einer Gesamtlänge von 1145 km.


Die Namensvergabe bei meinen Tagesetappen und/oder Sections beschrieb ich ausführlich im Menüpunkt Planung.


Das war der grobe Plan für meine Wandertour.


Vorbereitung


Diesmal machte ich überhaupt keine Vorbereitung auf die Wandertour. 


Die Mehrtageswanderung Ende August Von Schochwitz nach Goslar quer durch den Harz hat mir gezeigt, dass ich mehrere Tage hintereinander beschwerdefrei wandern kann, wenn ich es nicht übertreibe.


Was aus diesem Vorsatz geworden ist, berichte ich weiter unten.


Anreise


Bei der Planung der Anreise war mir sofort klar, dass ich dafür einen ganzen Tag brauchen würde. Am Ziel ankommen und vielleicht noch am Anreisetag das erste Stück der Wandertour gehen, das war nach Lage der Dinge nicht möglich.


Die Anreise war so geplant:


     -mit dem Bus von Schochwitz nach Halle,

     -mit dem Zug von Halle nach Magdeburg,

     -mit dem Zug von Magdeburg nach Uelzen,

     -mit dem Zug von Uelzen nach Hamburg,

     -mit dem Zug von Hamburg nach Elmshorn und

     -mit dem Zug von Elmshorn nach Westerland (Sylt).


Start war 7:28 Uhr in Schochwitz mit dem Bus. Die geplante Ankunft in Westerland (Sylt) war 17:35 Uhr. Insgesamt musste ich fünfmal umsteigen. Zwar hatte ich meistens ca. 15 Minuten Zeit für den Umstieg, aber bei einer ordentlichen Verspätung sind die Zeitreserven für den Umstieg schnell aufgebraucht. Bei meinen bisherigen Erfahrungen mit der Deutschen Bahn musste ich auf alles vorbereitet sein. 


Darum war ich überrascht, dass alle Züge auf die Minute pünktlich waren. Lediglich der letzte Zug kam 10 Minuten zu spät in Westerland (Sylt) an. Aber das war mir sowas von egal.


Wegen der langen Anreise musste ich mich irgendwo „zwischenparken“. Dafür hatte ich mir den Campingplatz in Wenningstedt ausgesucht, der ca. 4,5 km in nördlicher Richtung vom Bahnhof in Westerland entfernt liegt. Nach einer reichlichen Stunde hatte ich den Campingplatz erreicht. Einchecken und das Nachtlager, mein Tarp, aufbauen und einrichten waren die nächsten Aufgaben. 


Dabei wurde ich von anderen Campingplatzbewohnern (Wohnmobile, ganz wenige Zelte) genau beobachtet. So eine minimalistische Unterkunft bekamen sie sicherlich nicht jeden Tag zu Gesicht.


Bei einem kleinen Essen und einem Radler in einer Gaststätte auf dem Campingplatz in Wenningstedt plante ich die Vorgehensweise für die nächsten Tage und ließ den Anreisetag ausklingen.


Strecke/Wanderung


Bei der Planung der Wandertour musste ich mir auch überlegen, wie ich an den nördlichsten Punkt von Deutschland kommen wollte. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln einfach so hinfahren war nicht möglich. Deshalb entschied ich mich mit dem Bus in die Ortschaft List zu fahren.


Wegen Bauarbeiten fand ich nicht gleich eine Bushaltestelle in der Nähe des Campingplatzes Wenningstedt. So verpasste ich sicherlich einige Busse. Nachdem ich endlich eine Bushaltestelle gefunden hatte, konnte es losgehen. Während der Fahrt fragte ich den Busfahrer, wo ich günstigerweise aussteigen könnte. Der Busfahrer teilte mir mit, dass die günstigste Haltestelle List-Weststrand wäre. Von dort sind es noch ca. 4 km bis zum nördlichsten Punkt von Deutschland.


Diese 4 km absolvierte ich zum großen Teil auf einer Straße, wo mir immer wieder viele Radfahrer und PKW-Fahrer begegneten. Erst die letzten Meter ging ich am Strand entlang. Ob ich wirklich am nördlichsten Punkt von Deutschland das obige Bild machte, kann ich nicht genau sagen. Aber ich fand kein Schild, das diesen Punkt bezeugen könnte. Deshalb gefiel mir diese Stelle mit den beiden Holzstangen. Für mich ist es der nördlichste Punkt von Deutschland.


Vom nördlichsten Punkt Deutschlands bis zur Ortschaft Hörnum, also längs durch die Insel Sylt, sind es ca. 38 km. Dort wollte ich entweder auf dem Campingplatz übernachten oder gleich mit der Fähre auf das Festland übersetzen. Aber 38 km auf Straßen und Radwegen macht man nicht so einfach am ersten Wandertag. Deshalb entschied ich ganz kurzfristig, dass ich vom nördlichsten Punkt Deutschland 16 km bis zum Campingplatz Wenningstedt laufen würde. Für den ersten Wandertag ist das vollkommen ausreichend. 


Diese 16 km absolvierte ich nur auf Straßen und Radwegen mit den zuvor erklärten Begleiterscheinungen, viele PKW und Radfahrer.


Im Nachhinein war ich mit meiner Entscheidung sehr zufrieden. Denn die restlichen 22 Kilometer vom Campingplatz Wenningstedt zum Hafen Hörnum legte ich ausschließlich auf Straßen und Radwegen zurück.


Bild 3: Im Hafen von Hörnum


Wenn ich rückblickend diese beiden Tagesetappen von 16 km und 22 km betrachte, muss ich leider feststellen, das die Insel Sylt kein Wanderparadies ist. Für Radfahrer ist die Insel sehr gut geeignet, aber nicht für Wanderer. Ich traf unterwegs keinen einzigen Wanderer, der sich diese Tortur auf Straßen und Radwegen angetan hat. Man wandert zwar immer in der Nähe der Küste und hat oft einen sehr schönen Blick auf die Nordsee, aber das entschädigt nicht für den Rest.


Gegen 14 Uhr erreichte ich den Hafen Hörnum. Ich hatte mir überlegt, dass ich zu dieser Tageszeit noch mit der Fähre zum Festland übersetzen könnte. Nach einer kurzen Orientierung auf den Fahrplänen der Fähre erlebte ich gleich zwei böse Überraschungen. 


Einmal konnte ich mein geplantes Festlandziel, den Hafen Schlüttsiel, nicht ansteuern. Vielmehr musste ich mit der Fähre über die Insel Amrum zum Hafen Dagebüll übersetzen. Dieser Hafen liegt ca. 10 km nördlich vom Hafen Schüttsiel. Das verschaffte mir erstmal am nächsten Morgen 10 km zusätzlichen Fußweg entlang der Deiche.


Dann musste ich ca. 3 Stunden bis zur Abfahrt der Fähre warten. Die Wartezeit vertrieb ich mir in einer Fischgaststätte am Hafen.


Der Hafen Dagebüll war mir nicht unbekannt. Auf meiner Wandertour Deutscher Küstenweg übernachtete ich auf dem dortigen Campingplatz. Gegen 19 Uhr erreichte ich den Campingplatz, wo ich sofort mein Nachtlager aufschlug.


Der Campingplatz liegt neben einem Hotel und wird auch von dem Hotel betrieben. Am nächsten Morgen bezahlte ich die Übernachtungsgebühr für mein Tarp. Dazu musste ich in das Hotel. Dort wurde gerade ein Frühstück für die Hotelgäste vorbereitet. Fragen kostet ja nichts. Also fragte ich das Personal, ob ich hier frühstücken kann. Zu meiner Überraschung konnte ich ein üppiges Frühstück genießen. Das entschädigte mich etwas für die zusätzlichen 10 km, die mir nun bevorstanden.


Bild 4: Immer auf der Landseite vom Deich entlang


Das Tagesziel für die dritte Tagesetappe war der Campingplatz in Schobüll. Auch dort übernachtete ich schon auf der genannten Küsten-Wandertour. Auch dieser Tag war eine reine Straßenetappe.


Auch in den nächsten Tagen (bis Hamburg) war ich fast ausschließlich auf Straßen und Radwegen unterwegs. Einmal übernachtete ich in einer Gartenlaube bei privaten Leuten in Itzehoe (siehe Kapitel Menschen) und bei Verwandten in Hamburg-Blankenese (siehe Kapitel Menschen).


Bild 5: Blick auf Hamburg-Blankenese

Am 10.Wandertag legte ich in der Ortschaft Dibbersen in der Nähe der Stadt Buchholz einen Ruhetag ein. Dort konnte ich meine Wandersachen waschen und trocknen. 


Bis zum Ruhetag war ich mit einem Kilometer-Durchschnitt von ca. 30 km pro Tag unterwegs. 


Nach dem Ruhetag durchquerte ich in den nächsten Tagen die Heidelandschaft in Niedersachsen. Dabei bewegte ich mich teilweise auf dem Heidschnuckenweg und auf dem Europäischen Fernwanderweg E1.


Bild 6: Auf dem Heidschnuckenweg

Die Heidelandschaft hat mir sehr gut gefallen. 


Bild 7: Heidelandschaft

Speziell die Stadt Celle habe ich als Geheimtipp für mich ausgemacht. Bei Gelegenheit werde ich die Stadt für einen Kurzurlaub nochmals besuchen.


Die unglaublich vielen Straßen- und Radweg-Kilometer hinterließen offensichtlich Spuren an meinen Füßen (siehe Kapitel Verletzungen).


Auch mit meinen Wanderschuhen (ALTRA Lone Peak, Version 5) gab es massive Qualitätsprobleme (siehe Kapitel Ausrüstung). Das hätte ich, nach meinen bisherigen Erfahrungen mit den Wanderschuhen, so nicht erwartet. 


Wegen den beschriebenen Problemen überlegte ich, was ich mache. 


Weiterlaufen oder vorsorglich abbrechen?


Bei einem Kaffee mit Kuchen in der Ortschaft Salzgitter-Bad entschied ich mich nach reiflicher Überlegung und schweren Herzens für einen Abbruch der Wandertour.


Wetter


Im Oktober war ich schon über einen längeren Zeitraum in Deutschland wandern. Wettermäßig wusste ich daher, was da auf mich zukommen würde. 


Mit der Kleidung stellte ich mich daher auf die zu erwartenden Bedingungen ein. 


Gerade in den ersten Tagen waren die Wetterbedingungen wegen der Kleidung relativ kompliziert. Früh herrschten immer Temperaturen unter 10°C. Manchmal weit darunter. Auch bei diesen Temperaturen versuchte ich in kurzen Hosen, T-Shirt und dünnem langärmligen Pullover zu wandern. Manchmal war es trotzdem in der Frühe so frisch, dass ich die Leggings aus der Nacht am Morgen anließ. Nur um kurze Zeit später festzustellen, dass ich anfing zu schwitzen. Das ist immer ein Signal für mich, dass ich zu warm angezogen war. Deshalb musste ich mich oft kurz nach dem Start der Tagesetappe umziehen. Manchmal tat ich das auf offener Strecke. 


Wenn ich dann am nächsten Morgen die Reihenfolge änderte, also Legging gleich vor dem Start aus, war es auch nicht immer gut.


Jedenfalls war das immer eine Gratwanderung für mich. Später bin ich dazu übergegangen dieses Problem mit meinen Zipperbeinen zu lösen. Die ließen sich wesentlich schneller an- und ausziehen. Warum nicht gleich so?


Es hat auch einige Nächte mit Nachtemperaturen knapp über 0°C gegeben. In diesen Nächten musste ich meine „Kleiderkiste“ fast vollständig ausreizen (siehe Bemerkungen im Punkt Übernachtungen).


Zurückblickend waren aber die Regentage besonders problematisch für mich. Einmal wegen meiner Regenkleidung. Für die Wandertour verwendete ich meine Regenjacke von zpacks (siehe Bemerkungen im Punkt Ausrüstung), die für die Temperaturen und den Dauerregen nicht geeignet war. 


Der strömende Regen an manchen Tagen hat mir große Probleme bei der Bedienung des Touchsreens an meinem iPhone SE 2022 bereitet. Durch die Feuchtigkeit ließ sich mein Handy sehr schlecht aktivieren und bedienen. Eine Lösung wäre ein zusätzliches Navigationsgerät mit einer Tastenbedienung. Aber das ist gewichtsmäßig nicht optimal.


Ausrüstung


Durch die Entscheidung dieses Jahr im Herbst innerhalb von Deutschland zu wandern und durch den relativ späten Starttermin Ende September bin ich wettermäßig in ein Zeitfenster geraten, was mir am Anfang überhaupt nicht zugesagt hat. Um diese Jahreszeit war ich in den letzten Jahren in Spanien auf den Jakobswegen, meinem zweiten großen Wanderprojekt, unterwegs.


Dann überlegte ich mir aber, dass das eine gute Möglichkeit wäre, meine Ausrüstung auf die 3-Jahreszeiten-Tauglichkeit zu testen. Wenn etwas mit meiner Ausrüstung total schief laufen sollte, könnte ich in Deutschland sofort abbrechen, weil ich nie weit „außerhalb der Zivilisation“ wäre. In Spanien oder in einem anderen europäischen Land wäre das schon schwieriger geworden.


Das hat mir zu vielen wertvollen Erkenntnissen verholfen.


Das Tarp von zpacks hat einen weiteren Test mit Bravour bestanden.


Bild 8: Mein Tarp

Um diese Jahreszeit war zu erwarten, dass ich mit Kondensfeuchtigkeit kämpfen muss. Das war tatsächlich so.

Beim Aufbau war das Tarp vom Vortag meistens noch feucht. Nach dem Aufbau wischte ich die Innenseiten und den Boden nochmals grob mit dem Handtuch ab. Das war für mich dann ausreichend. In der Nacht, wenn ich mal wach geworden bin, konnte ich nicht beobachten, dass mein Quilt besonders feucht gewesen wäre. Im Schlaf achte ich nicht auf mögliche Kontakte meines Quilts mit der feuchten Innenwand des Zeltes.


Ich wischte vor dem Abbau des Tarps die Innenseiten mit meinem Handtuch grob ab.


Auch der MYOG-Netz-Vorhang (siehe Menüpunkt MYOG, Projekt-C20 vom Mai 2021, Netzvorhang an ein Tarp von zpacks anbringen) für das Tarp hat sich bestens bewährt. Von Plagegeistern, ob fliegend oder kriechend, bin ich vollkommen verschont geblieben. Trotzdem ist mir der MYOG-Netz-Vorhang (236 g) viel zu schwer. Da habe ich in der Zwischenzeit ein Netzmaterial gefunden, das wesentlich leichter (unter 150 g) ist.


Die Isomatte ist der Ausrüstungsgegenstand, wo ich am längsten nach einer optimalen Lösung suche.


Bild 9: Isomatte Exped FlexMat Plus XS, zugeschnitten

Diese Isomatte benutzte ich auf einigen Wandertouren. Der Schlafkomfort ist für mich vollkommen ausreichend. Ich verkürzte die Isomatte in der Länge auf 90 cm und in der Breite auf 45 cm. Das Bild zeigt die verlängerte Version für die kühleren Jahreszeiten Frühjahr und Herbst. An der Isomatte stört mich aber das „gewaltige“ Packmaß im gefalteten Zustand.


Deshalb probierte ich auf dieser Wandertour erstmalig eine neue selbstaufblasende Schaumstoffmatte aus.


Bild 10: Isomatte TaR ProLite, Small

Die Isomatte ist in der Small-Ausführung ca. 120 cm lang und hat mich vom Schlafkomfort angenehm überrascht. Auch das Gewicht und das Packmaß ist akzeptabel. 


Sollte diese Isomatte die langgesuchte Lösung meines Isomatten-Problems sein?


Ein kleines Problem gibt es aber trotzdem. Das ist der sehr große Verschluss (blaue Markierung im Bild), der beim Schlafen doch manchmal störend wirkt. Andere Hersteller haben da eine elegantere, sprich flachere, Lösung für den Verschluss gefunden.


Weitere Tests müssen nun zeigen, ob diese Isomatte meinen hohen Ansprüchen (Schlafkomfort, Packmaß und Haltbarkeit) genügt.


Als Quilt wählte ich diesmal den AsTucas-Quilt (Sestrals Blanket, APEX 133, +10°C) aus. Der Quilt besitzt nach meiner Einschätzung eine Komforttemperatur von lediglich 10°C gegenüber den Herstellerangaben von 5°C. Bei leichten Minusgraden, womit ich im Oktober/November in bergigen Gegenden Deutschlands durchaus rechnen musste, war das ein gewisses Risiko. Beim Schlafen frieren ist das Letzte, was ich gebrauchen konnte.


Bild 11: Befestigung des Quilts an der Isomatte

Die Schnur-Methode (siehe Menüpunkt MYOG, Kleine Bastelei-B4, Einen Quilt variabel mit einer Isomatte verbinden) und da den 1.Nachtrag vom Juni 2022), wie sie im Bild zu sehen ist, hat sich als nicht sehr optimal erwiesen. Die Verstellung des Abstandes geht sehr leicht. Aber die Kordelstopper mit Haken drücken doch sehr unangenehm beim Schlafen. Deshalb kehre ich wieder zur Knopflochgummi-Methode zurück (siehe auch den 2.Nachtrag vom Oktober 2022 zur Kleinen Bastelei-B4).


Mit zusätzlicher Kleidung (Iso-Jacke und Iso-Hose) waren niedrige Plus-Temperaturen im einstelligen Bereich kein Problem.


Die Regenkleidung (Jacke und lange Hose) von zpacks ist schon seit einigen Jahren mein treuer Begleiter. Aber auf dieser Wandertour hatte ich den Eindruck, dass meine Regenjacke (Vertice Rain Jacket, 170 g) nicht mehr vollständig dicht ist. Die Feuchtigkeit unter der Regenjacke konnte nicht nur von meinen Ausdünstungen stammen. Um diese Jahreszeit und bei Temperaturen tagsüber um 10°C schwitzt man ja nicht so gewaltig, dass die Nässe unter der Regenjacke damit erklärbar wäre. Für das Frühjahr und den Herbst werde ich deshalb in Zukunft meine dickere Regenjacke von Columbia (OutDry Ex Reign Jacket, 442 g) verwenden. Die ist mehr als doppelt so schwer, aber nasse Kleidung kann ich nicht gebrauchen, wenn ich in dieser Kleidung aus Temperaturgründen auch schlafen will.


Seit fast 6 Jahren ist der Rucksack von zpacks (Arc Haul) mein Begleiter auf längeren Wandertouren. Das Modell wird in dieser Ausführung (Material usw) so nicht mehr hergestellt. Wer sich den Rucksack genau betrachtet, wird feststellen, dass das eine oder andere Detail repariert werden musste. Das sind einfach Verschleißerscheinungen, die über die Jahre gesehen, einfach nicht zu vermeiden sind. 


Trotzdem will ich den Rucksack noch um ein separates Quilt-Fach nachrüsten, das von außen über einen Reißverschluss zugänglich sein soll. Bei meinem zweiten Rucksack, dem zpacks Nero 38 L, hat sich die Nachrüstung des Quilt-Fachs als äußerst praktisch erwiesen. Allerdings muss ich den Reißverschluss mit der Hand einnähen, weil das mit der Nähmaschine an der geplanten Stelle nicht geht und das Material nicht geklebt werden kann.


Unterwegs musste ich kurz vor Hamburg mit Überraschung feststellen, dass meine DCF-Regenhülle von zpacks nicht mehr ganz dicht war. Meine Solarzelle, die immer außen am Rucksack hängt, war unter der Regenhülle nass geworden. Da Verwandte von mir in Hamburg wohnen, sollte das kein Problem sein. Ein kurzer Anruf und der Beschaffungsauftrag wurde ausgelöst. Weil ich eh bei meinen Verwandten übernachten wollte, passte das gerade so in meinen Plan. Nicht auszudenken, wenn das später passiert wäre und ich nicht gleich einen Zugang zu einem Outdoor-Laden gefunden hätte, der Regenhüllen für Rucksäcke in seinem Sortiment führt.


Nach großen Problemen mit meinen Wanderschuhen, bin ich im Frühjahr 2018 auf Barfuß-Trailrunner der Marke ALTRA (Lone Peak der verschiedenen Versionen) umgestiegen. Seit dieser Zeit hatte ich nie wieder Probleme mit meinen Füßen. 


Auf dieser Wandertour war ich erstmalig mit der Version 5 der Trailrunner unterwegs. Was soll ich sagen, die Qualität der Trailrunner hat mich maßlos enttäuscht. Nach ca. 300 km hatte ich gleich zwei Defekte an den Wanderschuhen.



Bild 12: Loch am Innenfutter und Reparatur


Bild 13: Loch im Obermaterial und Reparatur

Das kannte ich von der vorher verwendeten Version 3.5 überhaupt nicht. Mittlerweile habe ich die Schäden bei einem Schuster in Halle (Loch im Innenfutter der Ferse) und der Firma Sneaker Rescue in Berlin (Loch im Obermaterial) reparieren lassen.


So kann ich die reparierten Wanderschuhe verwenden, bis die Sohle abgelaufen ist.


Die massiven Probleme mit den ALTRA-Wanderschuhen veranlassen mich in der Zukunft auch einen Blick auf Barfußschuhe anderer Hersteller zu werfen (zB XERO-Schuhe, siehe auch Menüpunkt Fragen/Themen, Thema-B10 und Thema-B15). 


An meinen aktuellen Trekkingstöcken von Leki nutze ich erstmal die herstellerseitig angebrachten Spitzen. Wenn diese Spitzen abgelaufen sind, ersetze ich die Spitzen durch Fin Vario-Spitzen (siehe Menüpunkt MYOG, Projekt-C11, Leki-Trekkingstöcke mit Fin Vario-Spitzen nachrüsten). Normalerweise mache ich das sofort vor dem ersten Einsatz. 


Aber warum soll ich die vorhandenen Spitzen nicht nutzen?


Bei meinen Zweitschuhen (Sandalen von XERO) bin ich immer hin- und hergerissen. 


Soll ich Zweitschuhe mitnehmen oder nicht?


Anfänglich waren sie nur für den nächtlichen Gang in das Gebüsch gedacht. Aber sowohl die Wanderschuhe als auch die Zweitschuhe sind für diesen Zweck ungeeignet. Es dauert einfach zu lange, bis die genannten Schuhe in der Nacht an den Füßen sind. Nach dieser Zeit ist man hellwach und das Einschlafen fällt schwer. Deshalb besorgte ich mir Überziehschuhe von Jackshibo. Diese Überziehschuhe sind ruckzuck über alle möglichen Strümpfe angezogen. Das klappt perfekt.


Damit ich auf Wandertouren eine weitestgehend unabhängige Stromversorgung nutzen kann, bin ich schon seit Jahren mit einer Solarzelle unterwegs. Bisher war das die Solarzelle von SunnyBag (Leaf+, wird aber in der Form nicht mehr produziert), die eine 10000 mAh-Powerbank von NiteCore mit Strom versorgt. Das hat bisher immer ausgereicht mein Handy und meine Stirnlampe bei Bedarf aufzuladen. Das Gesamtpaket (378 g) ist aber relativ schwer. Deshalb suchte ich nach einer etwas leichteren Variante. Diese fand ich mit dem Solarpanel von Lixada und einer 10000 mAh-Powerbank von NiteCore. Knapp 100 g konnte ich einsparen. Wichtig ist, dass auch dieses Solarpanel zu meiner vollen Zufriedenheit arbeitet.


Bei der Kleidung habe ich jetzt endgültig den Wechsel von Merino zur Polypropylen-Kunstfaser vollzogen. Kleidung (Unterhemd, T-Shirt und langärmliger dünner Pullover, alles von LIOD) aus dieser speziellen Kunstfaser ist unwesentlich schwerer als Merino, aber wesentlich robuster und trocknet rasend schnell.


Alle nicht erwähnten Ausrüstungsgegenstände, die verwendet worden, benutze ich schon seit geraumer Zeit. Da hat sich nichts geändert. Sie funktionieren einfach wie vorgesehen und es besteht erstmal kein Grund für einen Wechsel. Einen Wechsel von Ausrüstungsgegenständen erwäge ich nur, wenn es Probleme (siehe ALTRA-Wanderschuhe) gibt oder wenn leichtere Varianten (siehe Solarpanel) ähnliche Ergebnisse liefern.


Versorgung


Markierte Wanderwege werden oft an Ortschaften vorbeigeleitet, weil das Naturerlebnis im Vordergrund stehen soll. Die Wandertouren meines Wanderprojektes Deutsche Langstreckenwanderungen bestehen ausschließlich aus freigeplanten Wandertouren. Was das in meinem Sprachgebrauch bedeutet, erläuterte ich im Menüpunkt Planung ausführlich.


Fast jeden Tag bin ich durch irgendwelche Ortschaften (Städte und Dörfer) gekommen. Da gab es wegen der Versorgung nie Schwierigkeiten. Maximal für 2 bis 3 Tage musste ich Nahrung tragen.


Fast könnte man meinen, dass das eine Schlemmertour war. Ganz so war es aber nicht.


Übernachtungen


Weil ich mit einem Tarp unterwegs war, ging ich die Suche nach einem Übernachtungsplatz äußerst entspannt an. Ich konnte mich ja mit meinem Tarp überall hinstellen. Möglichkeiten fand ich immer. Mittlerweile, über die Jahre gesehen, habe ich ein „Auge“ für einen guten Übernachtungsplatz entwickelt. 


Im totalen Ernstfall kann ich auch einfach biwakieren. Meines Wissens ist das überall in Deutschland erlaubt. Natürlich spielt beim Biwak auch das Wetter eine Rolle. Ein regengeschützter Übernachtungsplatz ist sicherlich von Vorteil.


Am Anfang meines „Wild-Camper-Daseins“ hat der Sichtschutz eine sehr große Rolle gespielt. Das hat die Suche nach einem geeigneten Übernachtungsplatz manchmal erheblich eingeschränkt. In den letzten 10 Jahren kann ich über keine negative Erfahrung mit Menschen berichten, die mein Tarp irgendwo stehen sahen. Vielmehr ist es bei solchen Begegnungen mit den Menschen oft zu äußerst interessanten Gesprächen gekommen. 


Wegen der fortgeschrittenen Jahreszeit (Herbst) musste ich mich bei der Übernachtung im Tarp auf Temperaturen nahe 0°C einstellen. Darauf war ich vorbereitet. Mit zusätzlicher Kleidung beim Schlafen konnte ich das jederzeit ausgleichen.


Verletzungen


Das Grüne Band musste ich schon wegen einer Verletzung vorzeitig beenden. 


Deshalb wollte ich diese Wandertour in den Anfangstagen etwas gelassener angehen. Das ist mir aber nicht richtig gelungen. Nach ca. einer Woche stellten sich leichte Probleme am rechten Fuß ein. Der Spann war etwas geschwollen. Das war aber auszuhalten. In den nächsten Tagen verlagerte sich das Druckgefühl, so will ich das einmal beschreiben, unter die Fußsohle. Es fühlte sich an, als ob der Fuß angebrochen wäre.


Nach einer intensiven Recherche der Symptome im Internet, stellte ich für mich die laienhafte Diagnose, dass das ein Ermüdungsbruch oder eine Plantarfasziitis sein könnte. Ich hätte noch wandern können, aber meine Erfahrungen sagten mir, dass es besser wäre abzubrechen. Schweren Herzens traf ich dann in Salzgitter-Bad, kurz vor dem Harz, diese Entscheidung.


Zuhause überlegte ich, was ich machen könnte. Einen kurzfristigen Termin bei einem Orthopäden zu bekommen, stellte sich als ein hoffnungsloses Unterfangen heraus. Also musste ich ohne genaue Diagnose vom Arzt eine Selbstheilung in die Wege leiten.


Erstmal machte ich einen Test mit einem Gymnastikball meiner Frau, der etwas größer als ein Tennisball war. Dafür stellte ich den rechten Fuß auf den Gymnastikball und bewegte den Fuß mit leichtem Druck hin und her. Ein stechender Schmerz durchzuckte mich. Nach einer erneuten Recherche im Internet stellte ich die Selbstdiagnose Plantarfasziitis. Offenbar war die Plantarfaszie entzündet.


Wie behandelt man das?


Keine Belastung und schon überhaupt nicht wandern, das waren die Empfehlungen aus dem Internet. Beim normalen Gehen im häuslichen Umfeld hatte ich keine Probleme. Durch den rechtzeitigen Abbruch verhinderte ich offenbar eine schlimmere Verletzung. 


Trotzdem wollte ich zuhause nicht untätig rumsitzen. Täglich machte ich deshalb mehrmals die Übung mit dem Gymnastikball. Schon nach wenigen Tagen konnte ich eine spürbare Verbesserung feststellen. Nach ca. einer Woche konnte ich sogar den Druck mit der Fußsohle auf den Gymnastikball stark erhöhen, ohne dass ich Schmerzen hatte.


Auch Wanderungen im häuslichen Umfeld über wenige Kilometer waren ohne jegliche Fußprobleme wieder möglich. Langsam steigerte ich meine Wanderaktivitäten. Dabei beobachtete ich sehr genau meinen rechten Fuß. Alles war okay. Nach ca. 14 Tagen hatte ich wieder mein volles Leistungsniveau erreicht.


Welche Erkenntnisse ziehe ich aus diesem ganzen Vorfall?


Es ist wichtig eine Entscheidung zu treffen, ob eine Wandertour bei einer aufkommenden Verletzung rechtzeitig abgebrochen werden sollte. Nur so können schwere Verletzungen verhindert werden, die sonst zu langen Wanderzwangspausen führen würden.


Menschen


Auf meinen Wandertouren treffe ich viele Menschen, egal in welchem Land. Oft kommt es zu interessanten Gesprächen, die meinen Tageszeitplan manchmal gehörig durcheinanderbringen. Über alle kann ich hier nicht berichten, aber es gibt einige Begegnungen mit Menschen, die ich hier näher erwähnen möchte.


Auf dem Campingplatz in Dagebüll stand nicht weit von meinem Schlafplatz entfernt ein Fahrrad mit einem ungewöhnlichen Anhänger


Der Anhänger interessierte mich sehr. Aber den Besitzer des seltsamen Gefährts konnte ich nicht ausfindig machen. Dann kam die Nachtruhe heran, aber von dem Besitzer war weit und breit immer noch nichts zu sehen. Das war sehr seltsam. Dann vertröstete ich mich auf den nächsten Morgen und begann meine Nachtruhe.


Bild 14: Fahrrad mit Anhänger

Am Morgen des nächsten Tages sah ich den Besitzer neben seinem Anhänger stehen. Neugierig trat ich näher und betrachtete den Anhänger. Sofort war mir klar, warum ich den Besitzer des Gefährts am Vorabend nicht finden konnte. Der Anhänger war sein Schlafplatz. Er hatte sich am Vorabend schon sehr zeitig zur Ruhe begeben. Dann erklärte er mir, dass der Anhänger eine Eigenkonstruktion aus leichtesten Materialien ist und insgesamt nur 35 kg wiegt. Mit diesem Anhänger ist er schon im Fernsehen aufgetreten. 


Auf dem Weg von Dagebüll nach Schobüll, wo ich auf dem dortigen Campingplatz übernachten wollte, führte mich mein Weg immer am Deich entlang. Das war eine sehr einsame und eintönige Wegstrecke. Nur Schafe, die auf den Deichen friedlich weideten, waren meine Begleiter. In der Ferne erblickte ich dann ein einsames kleines Häuschen. Als ich näher kam, entpuppte sich das kleine Haus als ein „Cafe Deichshörn“. 


Bild 15: Cafe Deichshörn

Sollte das Cafe geöffnet haben?

Hier draußen, entfernt von jeder Zivilisation?


Ich ging weiter. Nach 50 Metern drehte ich um und ging zur Eingangstür. Die Eingangstür ließ sich zu meiner Überraschung öffnen und nach wenigen Schritten stand ich in einem kleinen Raum. Eine Frau begrüßte mich freundlich und fragte mich nach meinen Wünschen. Ich war total überrascht. Das hatte ich hier draußen nicht erwartet. Jedenfalls servierte sie mir einen Kaffee und einen köstlichen selbstgebackenen Schmandkuchen mit Johannisbeeren. Fantastisch. Nach einem netten Gespräch trollte ich mich glücklich und zufrieden von dannen.


Am 6.Wandertag regnete es den ganzen Tag, teilweise ziemlich stark. Meine Regenjacke (siehe weiter oben) war nicht mehr richtig dicht. Gegen 15 Uhr erreichte ich in Itzehoe ein Bäckergeschäft. Dort stärkte ich mich erstmal mit einem Kaffee und einem Stück Kuchen. Dann fasste ich den Entschluss, dass es bei diesem Regenwetter nicht schlecht wäre, wenn ich in einem Hotel übernachten könnte. Ca. 1 Stunde versuchte ich vergeblich eine Unterkunft zu finden. Dann freundete ich mich mit dem Gedanken an, dass ich irgendwo mein Tarp aufschlagen müsste. Inzwischen hatte der Regen aufgehört. Trotzdem triefte alles nur so von Nässe. 


Gerade als ich am Stadtrand von Itzehoe in einen Wald gehen wollte, kam mir ein Ehepaar mit einem kleinen Hund entgegen. Ich fragte die Frau, ob sie mir sagen kann, wo hier im Wald evtl. eine Unterstand oder sogar eine Schutzhütte sei. Aber sie verneinte meine Frage. Nach einem kurzen Blickkontakt zwischen dem Ehepaar, den ich sehr wohl bemerkte, sagte die Frau, dass ich bei ihnen in der Gartenlaube schlafen könnte.


Bild 16: Gartenlaube


Überrascht und dankbar sagte ich sofort zu. Für das Ehepaar war das sicherlich nicht ohne Risiko. Man weiß ja nicht, welcher Typ da ins Haus kommt. Aber offenbar haben sie mich als vollkommen harmlos eingeschätzt.


Jedenfalls richtete ich es mir in der Gartenlaube gemütlich ein. In der Zwischenzeit hatte mich das Ehepaar zum Abendessen eingeladen. Es sollte einen Salat geben. Vorher boten sie mir die Möglichkeit zum Duschen an, die ich dankend annahm. Der Salat schmeckte hervorragend. Speziell das Dressing, Akazienhonig mit Zitrone im Verhältnis 50:50 gemischt, war ein Hochgenuss. Während und nach dem Abendessen unterhielten wir uns noch über Gott und die Welt. Dabei stellten wir mit Überraschung fest, dass der Mann und ich einen fast identischen beruflichen Werdegang hatten. 


Nach einer erholsamen Nacht im Trockenen, versorgte mich die Frau am Morgen noch mit zwei Äpfeln und einer Banane.


Wie oben beschrieben, war nicht nur meine Regenjacke undicht, sondern auch meine Regenhülle für den Rucksack. Das war insofern ärgerlich, weil die Regenhülle meine Solarzelle, die außen am Rucksack hängt, vor Nässe schützen soll. 


Verwandte in Hamburg-Blankenese wollten mir ein neue Regenhülle besorgen. Gleichzeitig luden sie mich ein bei ihnen zu übernachten. Bei der Planung der Wandertour hatte ich eine Durchquerung von Hamburg-Blankenese vorgesehen. Mit Überraschung stellte ich fest, dass mich der geplante Weg direkt am Haus meiner Verwandten vorbeiführen würde. Das war Zufall, aber dadurch musste ich keinen Umweg gehen.


Ich konnte ausgiebig Duschen und auch meine Wandersachen wurden komplett gewaschen und getrocknet.


Am Abend gab es zusätzlich noch Wunschessen. Als Wanderer muss man gelegentlich seinen Kohlenhydrat-Speicher auffüllen. Deshalb bestellte ich mir Nudeln mit DDR-Tomatensauce. Diese DDR-Tomatensauce ist ein „spezielles“ Rezept, das so ziemlich jede Frau aus dem Osten Deutschlands beherrscht. Es war köstlich und auch reichlich. Nachdem der erste Teller leer war, wurde mir nochmal der Teller gefüllt. Auch den leerte ich ohne Probleme. Dann wurde ich gefragt, ob ich noch eine Portion will. Meine Gastgeber hätten jetzt sicherlich vermutet, dass ich nein sage. Aber sie kennen nicht den unbändigen Heißhunger eines Langstreckenwanderers. Also ließ ich mir nochmal den Teller füllen. Kurze Zeit später war auch diese Portion in meinem Magen verschwunden. Das reicht erstmal für die nächsten Tage.


Am Morgen gab es noch ein reichliches Frühstück. Dann ging ich zur Personenfähre, die mich bei Hamburg-Blankenese über die Elbe bringen sollte.


Auf dem Weg nach Peine passierte ich auch den Irenensee


Bild 17: Gaststätte am Irenensee

Das ist ein ziemlich großes Erholungsgebiet mit einem Campingplatz und vielen privaten Häusern direkt am See.


Am See gibt es auch eine Gaststätte. Leider war die Gaststätte an diesem Tag und um diese Uhrzeit geschlossen. Beim Blick durch ein Fenster bemerkte mich eine Bedienung aus der Gaststätte. Sie öffnete die Tür und fragte nach meinem Begehr. Ich wollte nur meine Wasservorräte auffüllen. Bei dieser Gelegenheit fragte ich vorsichtig nach einem Kaffee und einer Cola. Eigentlich hätte ich mit einer Absage gerechnet, aber zu meiner Überraschung wurde mein Wunsch anstandslos erfüllt. Mit der brasilianischen Bedienung, die perfekt deutsch sprach, unterhielt ich mich noch eine ganze Stunde. Dann setzte ich meinen Weg fort.


Auf den weltbekannten US-Trails werden diese Menschen, die vollkommen fremden Wanderern Hilfe in der unterschiedlichsten Form angedeihen lassen, als „Trail Angels“ bezeichnet. 


Wie man sieht, gibt es die auch in Deutschland.


Tiere


Unliebsame Begegnungen mit irgendwelchen Tieren hatte ich auf dieser Wandertour nicht.


Die eine oder andere Zecke konnte ich rechtzeitig bemerken und entfernen.


Abreise


Nach dem sehr kurzfristigen Entschluss die Wandertour abzubrechen, plante ich die Abreise.


Die Abreise verlief vollkommen problemlos und relativ pünktlich. Von Salzgitter-Bad, wo ich meine Wandertour beendete, 


     -nach Salzgitter-Ringelheim (mit dem Zug),

     -nach Goslar (mit dem Zug) und

     -nach Halle (Saale) (mit dem Zug),

     

wo mich meine Frau mit dem Auto vom Bahnhof abholte.


Statistik


Die Planung dieser Wandertour hat insgesamt 36 Tagesetappen unterschiedlicher Länge ergeben. Dazu kam ein Anreisetag.


Nachfolgend sind hier einige statistische Daten zu dieser Wandertour.


Streckenlänge …

…Grobplanung                                     1200 km 

…Feinplanung                                      1145 km

tatsächlich gelaufen                         469 km (1.Teil bis Salzgitter-Bad)


Tage gesamt…                                         17

…davon Anreisetag                                    1

…davon Wandertage                              15

…davon Ruhetage (Zero-Days)                 1


Tagesetappen gesamt…                          15

…davon <   15        km (Nero-Days)          1 (letzte Tagesetappe am Abreisetag)

…davon      15 - 19 km                              1

…davon      20 - 29 km                              6

…davon      30 - 39 km                              7

…davon >= 40        km                              0


Längste Tagesetappe…                          36 km

Kürzeste Tagesetappe…                         12 km (letzte Tagesetappe am Abreisetag)             


Tagesdurchschnitt …

…mit    Ruhetagen                                  29,31 km/Tag

…ohne Ruhetage                                    31,27 km/Tag


Übernachtungen…                                  16

…davon im Tarp                                      11

…davon in Schutzhütte/im Unterstand     1

…davon im Hotel/in Pension                     2 (am Ruhetag)

…davon bei Leuten in der Gartenlaube    1

…davon bei Leuten privat                         1


Wetter…                                                  16

…davon Sonnentage                                8

…davon bedeckte Tage                            4

…davon Regentage                                  4


Tracks, Wegpunkte und Bilder


Wie immer gibt es am Ende des Berichts noch einen Hinweis auf wichtige Daten meiner Wandertour. Das sind vor allem meine eigenen Tracks und Wegpunkte, die ich zur Navigation verwendete.

Auf der rechten Seite meines Blogs befindet sich das Tourenverzeichnis. Hinter der Zeichenkette "GPX" versteckt sich in den meisten Fällen ein Link, der in ein GoogleDrive-Verzeichnis verzweigt. In diesem Verzeichnis ist eine Datei zu finden. Diese Datei enthält die Tracks und die Wegpunkte der Wandertour.


     WT007_DE_DLW_Deutschland_der Länge_nach_Tracks.gpx


Bilder von meiner Wandertour stelle ich sehr gerne zur Verfügung. Der Link verzweigt in ein GoogleDrive-Verzeichnis.


     WT007_DE_DLW_Deutschland_der Länge_nach


Zusätzlich befindet sich auf der rechten Seite meines Blogs im Tourenverzeichnis die Zeichenkette "Bilder", hinter der sich ebenfalls ein Link zu den Bildern dieser Wandertour befindet.

Fazit


Die Besonderheit der Wandertouren in meinem Wanderprojekt Deutsche Langstreckenwanderungen ist der Umstand, dass das „freigeplante“ Wandertouren sind. Ich plante diese Wandertouren „geradeaus“ durch die Landschaft. Selbst auf den Wandertouren Deutscher Küstenweg und Das Grüne Band plante ich eigene Routen, obwohl dort die Streckenführung durch die Küste bzw. die ehemalige innerdeutsche Grenze vorgegeben ist.


Dieser Typ von Streckenplanung bringt es mit sich, dass viele markierte Wanderwege bei der Planung nicht berücksichtigt worden. Das führte zu verhältnismäßig vielen Straßen- und Radweg-Kilometern. Teilweise war ich auch auf dieser Wandertour manchmal den ganzen Tag auf Straßen und Radwegen unterwegs. Viele mögen das nicht. Aber ich plante das von Anfang an so und deshalb ziehe ich das auch gnadenlos durch.


Trotzdem gab es auch auf dieser Wandertour, abseits von markierten Wanderwegen, immer wieder schöne Momente. Speziell waren das die Begegnungen mit ganz besonderen Menschen, die mir immer in Erinnerung bleiben werden.


Auch die eine oder andere Ortschaft, speziell die Stadt Celle, hat mir gefallen.


Die Heide in Niedersachsen habe ich als einen Geheimtipp registriert. Bei passender Gelegenheit werde ich der Heide bei einem Kurzurlaub nochmal einen Besuch abstatten.


Den 2.Teil dieser Wandertour will ich im Jahr 2024 nachholen.


4 Kommentare:

  1. Antworten
    1. Hallo "Seniorin",
      das freut mich, wenn Dir der Blog was geben kann.
      In dem Blog steckt mittlerweile viel Arbeit. Aber als Rentner hat man ja viel Zeit.
      Aktuell arbeite ich am Bericht zu meiner letzten Wandertour. Ich hoffe, dass ich ihn noch in diesem Jahr veröffentlichen kann.
      Grüße von Reinhard

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  2. Da kann ich mich meinem Vorredner nur anschließen;)

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    1. Hallo "Bubblebum",
      seit ca. 10 Jahren wandere ich sehr intensiv. Das ist meine "Ersatzsportart" für das Fußballspielen geworden. Die AH-Mannschaft wurde nicht mehr voll und ich suchte nach einer Abwechslung.
      Im Internet habe ich immer geschaut, wo ich was von anderen Wanderern lernen kann. Aber das war nicht so einfach. Es gibt nur sehr wenige Internetseiten, wo Wanderer ihr Wissen und ihre Erfahrungen in konzentrierter Form darbieten.
      Irgendwann hatte ich die Idee mit diesem Blog. Ich hoffe, dass der eine oder andere hilfreiche Tipp für Wanderer dabei ist.
      Grüße von Reinhard

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